Es murlt. So bezeichnen Burgenländerinnen und Burgenländer den Gestank, der sich ergibt, wenn im Neusiedler See Schlamm aufgewirbelt wird. Die Affäre um die Commerzialbank Mattersburg sorgt dafür, dass es nicht nur um den See herum stinkt, sondern über die pannonischen Landesgrenzen hinaus. Das verheerende Krisenmanagement von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil trägt dazu bei.

Täglich werden neue Absurditäten bekannt, die abwechselnd an die Verbrecherfilme "The Wolf of Wall Street" oder "Catch Me If You Can" erinnern. Hat sich der Bankchef und Fußballmanager Martin Pucher etwa bei Leonardo DiCaprio Anleihen geholt? Wir wissen es nicht. Rund um den Skandal gibt es sehr viele offene Fragen.

Erinnerungen an den Bank-Burgenland-Skandal vom Anfang der 2000er-Jahre werden wach. Damals war die Reaktion der Politik ein Hickhack, das weniger nach Aufklärung der Finanz-Malaise, die das Land über Jahrzehnte aufarbeiten musste, trachtete als nach dem Profit für die eigene Partei. Beteiligt waren viele, schuld waren freilich immer die anderen.

Täglich werden neue Absurditäten in der Affäre um die Commerzialbank Mattersburg bekannt.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

Man fühlt sich in diese Zeit zurückversetzt, wenn man Doskozils Umgang mit der Krise betrachtet. Aktuell reagierte er auf fragwürdige Abhebungen kurz vor Bekanntwerden des Skandals mit einem Rundumschlag gegen Medien und andere Parteien.

Verhaberung

Während er untertags noch von "Lüge" sprach, räumte er am Abend ein, dass auch das Regionalmanagement Burgenland (RMB) versucht hatte, noch Geld vom Konto zu retten. Dieses habe im Sinne der Steuerzahler gehandelt, so seine Begründung. Die brave Steuerzahlerin und der gemeine Bürger von Neusiedl bis Jennersdorf könnten sich aber auch die Frage stellen, warum es Landesbetriebe überhaupt nötig hatten, so viel Geld auf eine derartige Kleinbank zu legen.

Die Verhaberung zwischen Politik und Wirtschaft dürfte im Land der Sonne und des Weines trotz der bitteren Erfahrung rund um die Bank Burgenland fröhliche Urständ gefeiert haben. Offensichtlich wurde das zuletzt durch den Rücktritt von Wirtschaftslandesrat Christian Illedits. Hier wäre es spannend zu erfahren, ob der SPÖ-Politiker neben der verbotenen Geschenkannahme des Goldbarrens von der Fußballakademie und Puchers SV Mattersburg nicht doch noch mehr über die Zusammenarbeit des Landes mit der Bank wusste.

Was es braucht, ist ein rascher Untersuchungsausschuss, der sich mit allen offenen Fragen beschäftigt. Wer waren die Beteiligten? Wer hat versagt? Was sind die Lehren für die Zukunft?

Es braucht einen Aufklärungswillen und volle Transparenz, die von der Landesspitze gewährleistet werden müssen. Falls Doskozil weiterhin im Stile eines wild um sich schlagenden Boxers agiert, verliert er seine Glaubwürdigkeit. Umsichtiges Krisenmanagement von einem, der immer wieder laut anklingen lässt, die politisch gebeutelte Bundespartei übernehmen zu wollen, sieht anders aus.

Der Neusiedler See ist aktuell von der Austrocknung bedroht. Das Land hat deshalb eine Taskforce eingerichtet. Sie soll den See, der noch mehr murlt als sonst und ob des Wassermangels immer trüber wird, retten. Eine solche Entschlossenheit für mehr Klarheit braucht auch die Affäre um die Commerzialbank. Das haben sich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verdient. (Rainer Schüller, 4.8.2020)