In Überraschungssackerln können Nutzer erwerben, was bei dem jeweiligen Betrieb übergeblieben ist.

Foto: too good to go

Für bis zu fünf Euro Essen bekommen, das eigentlich mehr als das Doppelte kosten würde: Mit diesem Angebot lockt das dänische Start-up Too Good To Go Nutzer, Lebensmittel zu retten, die sonst im Müll landen würden.

Lebensmittelverschwendung ist auch in Österreich ein Problem: Einer Schätzung des WWF zufolge, die gemeinsam mit dem Institut für Abfallwirtschaft der Universität für Bodenkultur (Boku) erstellt wurde, sollen 521.000 Tonnen noch genießbare Lebensmittel jährlich im Müll landen. Restaurants, Caterer und Co würden 175.000 Tonnen wegwerfen.

Das Start-up Too Good To Go bietet nun Lokalen und Geschäften an, Speisen, die sonst nach Geschäftsschluss entsorgt würden, günstig an Nutzer der App zu verkaufen. Außerhalb der Öffnungszeiten können User während eines fix definierten Zeitfensters vorbeikommen, um einen Teil der restlichen Produkte abzuholen. Diese werden in einem "Überraschungssackerl" verteilt. der STANDARD hat das bei einigen Betrieben in Wien ausprobiert.

Gebackener Fisch mit Salat und Wassermelone beim Rathauskeller um 3,99 Euro.
Foto: muz

Kartenansicht für Lokale in der Nähe

Nach der Registrierung können User der App ihren Standort nutzen, um Angebote in der Nähe zu finden. Auf die in dem Programm angegebene Entfernung sollte allerdings kein allzu großer Wert gelegt werden, da dieser nicht den tatsächlichen Weg, sondern die Luftlinie angibt.

Praktischer ist daher die Kartenansicht, in der direkt Lokale eingesehen werden können, die noch offene Angebote haben. Dort lassen sich Überraschungssackerln reservieren und direkt via Kreditkarte, Google Pay oder Paypal bezahlen. Die meisten Sackerln kosten zwischen drei und fünf Euro, Too Good To Go erhebt eine Vermittlungsprovision zwischen 20 und 30 Prozent, wie eine Sprecherin auf Anfrage des STANDARD mitteilt. Der Inhalt soll ungefähr den dreifachen Wert haben, wenn man sie regulär kaufen würde. Entscheiden, was im Sackerl ist, können User nur in Ausnahmefällen: Man bekommt, was da ist.

Eine abendliche Ausbeute bei "Nah und Frisch punkt" um 2,99 Euro.
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350 Betriebe

In Wien sind bisher 350 Betriebe dabei, darunter Bäckereien wie Anker und Felber, aber auch Ketten wie Starbucks und Nordsee. Supermarktketten nehmen mit ihrem regulären Sortiment nicht teil, jedoch hat Too Good To Go Vereinbarungen mit neun Standorten von Billa Unterwegs und einer Filiale von Spar Gourmet, die jeweils Convenience-Lebensmittel anbieten.

Im Test und bei Rundrufen bestätigte sich, dass bei Betrieben mit teureren Produkten die Portionsgrößen kleiner sind. Allerdings variiert auch das von Lokal zu Lokal und je nach Tag – so werden teilweise Sackerln mit Produkten vergeben, deren regulärer Handelspreis weitaus höher wäre als das Dreifache, sofern an einem Tag so viel übergeblieben ist. Das ließ sich laut mehreren befragten Nutzern vor allem bei Bäckereien beobachten.

Ein Nudelgericht und Nudeln bei einem "Pastaheld"-Foodtruck um 3,99 Euro.
Foto: muz

Vorplanen

Nach einer Reservierung können die Produkte zu den angegeben Zeiten abgeholt werden. Für spontane Mahlzeiten auf dem Heimweg vom Büro ist Too Good To Go allerdings meist nicht zu haben, da die Sackerln vor allem populärer Betriebe innerhalb kürzester Zeit reserviert sind. Daher lohnt es sich, bereits 24 Stunden im Vorfeld in die App zu blicken und den Einkauf zu planen. Meist lässt sich kurz nach Ende des Abholzeitraums des jeweiligen Tags bereits für den kommenden reservieren. Die Plätze sind rasch vergriffen, weswegen es gilt, schnell zu sein. Im Test erwies sich die Abholung als unkompliziert, Mitarbeiter füllten nach einem Swipe in der App, mit dem der Kaufbeleg übermittelt wird, die Sackerln.

Wen Vorabplanung grundsätzlich nicht abschreckt und wer kulinarisch nicht wählerisch ist, darf sich über günstige und dennoch genießbare Lebensmittel freuen, und das außerdem für einen guten Zweck. (Muzayen Al-Youssef, 7.8.2020)