Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen sind in der Coronavirus-Krise die wohl vulnerabelste Personengruppe. Meist hochbetagt und mehrfach vorerkrankt, tragen sie das im Altersvergleich höchste Risiko, an der Seuche zu erkranken und zu sterben. Um sie zu schützen, schottet man sie daher ab und entzieht ihnen so Kontakte und Bewegungsfreiheit: eine Situation, die vielleicht unvermeidbar ist, aber dringend nach Transparenz und Kontrolle verlangt.

Hochbetagte Menschen betrachten das Leben oft "vom Ende her".
Foto: Heribert Corn

Umso problematischer erscheint es, dass die Befindlichkeit von Pflegeheiminsassen für die am Mittwoch vorgestellte Studie zur Corona-Lage in den heimischen Einrichtungen nicht erhoben worden ist. Zwar ist es wichtig, auf die Verunsicherung des Pflegepersonals wegen der vielfach unzureichenden Schutzvorrichtungen hinzuweisen. Und es ist berechtigt, die im Vergleich mit anderen Ländern relativ niedrige Zahl von Corona-Infektionen in Österreichs Heimen hervorzuheben. Doch es fehlt eine Kerninformation: Wie kommen die zu ihrem Wohl in ihrer persönlichen Freiheit stark eingeschränkten Menschen mit dem Anti-Corona-Marathon zurecht, der inzwischen in seinen sechsten Monat geht?

Zu vermuten ist, dass manch Betroffener damit hadert. Laut dem Altersforscher Franz Kolland betrachten hochbetagte Menschen das Leben oft "vom Ende her": Sie wissen, dass sie nicht mehr lange Zeit haben. Das kann weitere Monate Corona-Internierung zu einer unerträglichen Perspektive machen. (Irene Brickner, 5.8.2020)