Mit Geräten wie dem OnePlus Nord, dem Pixel 4a oder auch dem iPhone SE scheint die Smartphone-Welt derzeit ganz auf die Mittelklasse fokussiert zu sein. Und das ist auch irgendwie konsequent, immerhin geht bei vielen mit der Covid-19-Pandemie auch eine gewisse finanzielle Verunsicherung einher. Für den Rest produzieren die Hersteller aber weiter auch Smartphones, bei denen es derzeit kaum mehr eine Preisbeschränkung nach oben zu geben scheint. Das Jahr 2020 hat sich in dieser Hinsicht jedenfalls bisher als ein ziemlich teures erwiesen, und Samsungs neueste Smartphones passen sich da perfekt ein.

Dicke Geldbörse gefragt

Für einen Preis ab 949 Euro gibt es das neue Galaxy Note 20 – und zwar in der schwächsten Ausführung ohne 5G -Support. Für diesen muss man dann noch einmal 100 Euro aufschlagen. Das Note 20 Ultra beginnt dann schon in der kleinsten Ausführung mit 128 GB Speicherplatz bei 1.299 Euro. Ordentlich viel Geld, dafür sollte man also auch eine entsprechend kompromisslose Ausstattung erwarten können.

Ob sich da ein Kauf noch lohnt, ist eine Frage, die natürlich erst nach einem ausführlichen Test beantwortet werden kann. Der STANDARD hatte im Gefolge der offiziellen Vorstellung allerdings bereits kurz die Möglichkeit, erste Erfahrungen mit den beiden neuen Smartphones zu sammeln, die zumindest eine erste Orientierung bieten können. Bevor es losgeht, sei aber betont, dass sich der Artikel bewusst auf subjektive Erfahrungen beschränken soll – und nicht noch einmal all die Spezifikationen wiederholen soll, denen schon an anderer Stelle im Detail nachgeforscht wurde.

"Kleiner" ist bei den bei den beiden Modellen ein sehr relativer Begriff. Aber mit seinem 6,7-Zoll-Bildschirm ist das Note 20 tatsächlich das kleinere der beiden Modelle.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Samsung-Stärken

Der Ersteindruck ist, wie man es von Samsung schon kennt, auch dieses Mal wieder ein sehr guter. Das liegt schlicht daran, dass die Geräte des südkoreanischen Herstellers durchwegs hervorragend verarbeitet sind. Rein subjektiv sagt dem Tester dabei das kleinere Note 20 besser zu, da es eine flache Front bietet, während das Note 20 Ultra wieder seitlich leicht abgerundet ist – etwas, das Samsung als Edge-Display bezeichnet. Doch auch sonst gibt es einige Design-Unterschiede, so wirkt das Ultra-Modell etwas kantiger. Vor allem fällt aber auf, dass bei diesem das Kameramodul erheblich größer als beim regulären Note 20 ist – und dabei auch weiter heraussteht.

Apropos Kamera: Zu deren Qualität lässt sich im zeitlich und räumlich beengten Rahmen eines solchen Hands-on natürlich kein abschließendes Urteil fällen. Allerdings sollte es in dieser Hinsicht ohnehin keine großen Überraschungen geben: Das Kameramodul des Note 20 entspricht nämlich haargenau jenem des S20. Insofern sind vom Note 20 die gleichen guten, aber auch nicht gerade herausragenden Aufnahmen zu erwarten.

Neue Telefotokamera

Beim Note 20 Ultra gibt es hingegen einen entscheidenden Unterschied im Vergleich zum indirekten Vorbild, dem S20 Ultra: Die Telefotokamera wurde ausgetauscht. Diese bietet nun eine native optische Vergrößerung um den Faktor 5. Vor allem aber hat Samsung aus den groben Problem mit dem Autofokus beim S20 Ultra gelernt und dem Note 20 Ultra zusätzlich einen Laser-Autofokus spendiert. Im kurzen Test wirkte dieser schon mal verlässlicher, als jener des S20 Ultra auch nach zahlreichen angeblich die Kameraqualität verbessernden Updates bis heute ist.

Display

Mit ihren 6,7 und 6,9 Zoll großen Displays fallen beide Modelle reichlich groß aus. In den Spezifikationen fällt dabei auf, dass das Note 20 eine schlechtere Auflösung bietet, in der aktiven Nutzung muss man sich aber schon sehr bemühen, um hier einen Unterschied zu erkennen. Generell ist die Bildqualität wieder einmal hervorragend – ganz wie man es von Samsung gewohnt ist. Was hingegen sehr wohl auffällt, ist das Fehlen des 120-Hz-Modus beim kleineren Modell, Animationen und Scroll-Bewegungen sind beim Note 20 Ultra deutlich weicher.

Stift

Das hat auch noch einen anderen unerfreulichen Nebeneffekt: Die Latenz des S-Pen ist beim Note 20 Ultra mit 9 ms erheblich geringer als beim kleineren Note 20 (26 ms). Trotzdem: Generell beeindrucken beide mit sehr raschen Reaktionen auf die Stifteingabe. Wobei auch dazu gesagt werden muss, dass dies davon abhängt, wie berechenbar die eigenen Eingaben sind. Denn Samsung schummelt hier mithilfe von künstlicher Intelligenz etwas und versucht vorzuberechnen, wo die Eingabe hingeht. Solange man Linien oder durchgängige Kurven zeichnet, ist die Verzögerung zwischen Stift und Darstellung am Bildschirm also deutlich geringer, als wenn man zufällig etwas kritzelt. Kann man kritisieren, ist in Wirklichkeit aber eine ziemlich smarte Idee.

Der Stift ist das entscheidende Merkmal der Note-Reihe, und vor allem beim Ultra-Modell agiert er auch extrem flott.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Exynos 990

Was die Performance anbelangt gab es an beiden Geräten nichts auszusetzen, das ist es aber heutzutage auch bei deutlich günstigeren Geräten kaum mehr. Trotzdem ist es ärgerlich, dass in Europa mit dem Exynos 990 wieder der selbe Chips aus Samsungs eigener Chipschmiede wie beim S20 zum Einsatz kommt. Und zwar nicht nur, weil dieser langsamer ist als jener Snapdragon 865+, der für den US-Markt verbaut wird. Sondern vor allem auch, weil er deutlich weniger effizient ist, also mehr Strom verbraucht. Insofern muss sich erst zeigen, wie sich Note 20 und Note 20 Ultra in Hinblick auf den Akkuverbrauch schlagen werden. Zwar fallen die Akkus mit 4.300 und 4.500 mAh recht groß aus, aber eben auch kleiner als bei den vergleichbaren Modellen der S-Reihe – schließlich braucht der Stift auch Platz im Gehäuse. In Summe, sollte man von den beiden Geräten also keine Laufzeitwunder erwarten. Aber wie gesagt: besser warten auf einen vollständigen Test, und beim kleineren Note 20 könnte die Abwesenheit eines 120-Hz-Modus in dieser Hinsicht helfen.

Update-Überraschung

Als Software wird Android 10 mit dem neuen One UI 2.5 mitgeliefert. Und wer sich angesichts aktueller Berichte über einen möglichen Wechsel auf den Google Assistant bei Samsung schon Sorgen um Bixby gemacht hat, der kann beruhigt werden: Dieser ist auch hier wieder vorhanden. Ansonsten kann zur Softwareausstattung nur begrenzt etwas gesagt werden, handelt es sich bei den für das Hands-On zur Verfügung stehenden Geräten doch noch um sogenannten "Engineering Samples" mit nicht endgültiger – und zum Teil auch unvollständiger – Software.

Eine wirklich positive Überraschung hat Samsung hingegen bei der Präsentation der neuen Geräte mit keinem Wort erwähnt: Erstmals garantiert man nämlich drei große Android-Versionssprünge, womit es ein solches Versprechen zum ersten Mal überhaupt jenseits von Googles Pixel-Reihe gibt. Dass diese Zusage knapp vor der Veröffentlichung einer neuen Android-Generation erfolgt, also Android 11 bereits als erstes großes Update zählt, mag dabei vom Timing her nicht optimal sein, aber man soll bei so guten Nachrichten nicht allzu unbescheiden werden.

Zwei Modelle, zwei komplett unterschiedliche Kameramodule. Links das Galaxy Note 20 Ultra.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Plus/Minus

Der Ersteindruck fällt zweigeteilt aus: Während das Note 20 Ultra mit S-Pen und einigen beseitigten Defiziten vom S20 Ultra eine sehr gut Option für den Premiumbereich werden dürfte, stellen sich beim Note 20 schnell grundlegende Fragen. Ist doch die Hardware in einer geradezu verblüffenden Zahl an Punkten schwächer als jene des Note 20 Ultra. Das reicht von der schwächeren Kamera über das Fehlen von Micro-SD-Slot und Ultra-Wide-Band-Support bis zum langsameren lokalen Speicher. Und generell erscheint es gewagt, in der zweiten Jahreshälfte 2020 ein Smartphone um 949 Euro mit einem FHD+-Bildschirm und einer Beschränkung auf 60 Hz auf den Markt zu werfen. Dass die Rückseite beim "kleineren" Note 20 aus Kunststoff ist, ist ein Umstand, dem man durchaus auch Positives abgewinnen kann. Das ändert aber nichts daran, dass die Konsumenten in diesem Segment üblicherweise als wertiger wahrgenommene Materialien wie Glas oder Keramik verlangen. (Andreas Proschofsky, 6.,8.2020)