Die einen demonstrieren, weil ihnen der Ausbau der Infrastruktur für Alternativen zum Auto zu langsam geht, die anderen drohen damit, sich gelbe Westen überzuziehen, wenn man an gewohnten Vergünstigungen wie dem Dieselsteuerprivileg und der Pendlerpauschale rüttelt oder man Parkplätze rückbaut, um der Natur oder dem Radverkehr mehr Raum zu geben.

Streng genommen hat jede Partei gute Argumente. Gerade im urbanen Raum – und längerfristig auch im ländlichen Bereich – müssen wir uns davon verabschieden, dass jeder allein in einem Auto überall hinfährt. Dafür sind der Ressourcen- und der Platzverbrauch eines Autos einfach viel zu hoch. Andererseits trifft es gerade die sozial Schwachen am stärksten, wenn man von heute auf morgen das Autofahren teurer und komplizierter macht.

Die Pop-Up-Bikelane auf der Praterstraße in Wien.
Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Doch es wird nicht ausbleiben können, dass wir uns alle bewegen. Und damit ist nicht nur die Mobilität von A nach B, in die Arbeit und in den Urlaub gemeint – sondern wir müssen uns auch bewegen, was unsere vorgefasste Mobilitätsmeinung betrifft, die Bürger ebenso wie noch viel mehr die Politiker.

Alternativen

Jene, die nach mehr Alternativen verlangen, müssen verstehen lernen, dass es solche für den Pendler aus dem ländlichen Gebiet oft einfach nicht gibt, weil sie entweder schlicht nicht existieren, Umwege oder einen zu großen zusätzlichen Zeitaufwand bedeuten oder zu teuer sind. Jene, die so vehement am Auto festhalten, müssen verstehen lernen, dass die eigene Freiheit dort aufhört, wo die eines anderen beginnt, es kein Grundrecht auf einen öffentlichen Parkplatz und mehrspurige Straßen gibt und ein Stückl zu Fuß gehen sie nicht weniger attraktiv macht. Die Politiker müssen verstehen lernen, dass ihre Aufgabe nicht darin besteht, die nächste Wahl zu gewinnen, sondern eine bessere Welt zu schaffen.

Jetzt ist schon klar, dass man zwei Parteien, die beide in vielen Bereichen recht haben, schwer unter einen Hut bekommt. Man kann nicht einfach dem einen etwas wegnehmen, um es dem anderen zu geben. Aber man kann darauf schauen, wie man künftig investiert. So könnte man, statt eine weitere Spur für den Autoverkehr zu schaffen oder einen Tunnel zu bauen, dieses Geld besser in die Infrastruktur von Radwegen stecken oder in den Ausbau der Öffis. Straßen, Parkplätze und Autoverkehr haben wir wirklich schon genug. (Guido Gluschitsch, 7.8.2020)