Radler finden in Wien nicht immer einen sicheren Fahrradweg. Geht es nach der Initiative Platz für Wien, soll sich das ändern.

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Es werde eine der größeren Aktionen sein, die Fridays for Future in Wien seit Ausbruch der Corona-Pandemie organisiert, sagt Klimaaktivistin Mira Dolleschka: Man rechne mit mehreren hundert Teilnehmern, die am Freitag am Abend unter dem Motto "Autokorrektur: Mit Vollgas aus der Klimakrise" vom Stephansplatz zum Verkehrsministerium ziehen und sich für eine Verkehrswende einsetzen.

Ein paar Stunden früher werden die Klimaaktivisten zudem die Initiative "Platz für Wien" unterstützen, die auf der Triester Straße eine Menschenkette bilden und so für ein "zeitgemäßes, durchgängiges Radverkehrsnetz" eintreten will.

Die Initiative setzt sich für eine "klimagerechte, verkehrssichere Stadt" ein. Bereits 30.000 Menschen haben die Forderungen per Unterschrift unterstützt. Sprecher Ulrich Leth umreißt im STANDARD-Gespräch die wichtigsten Forderungen: Die Anzahl der verkehrsberuhigten Wohngebiete soll bis 2030 um 100 steigen. "Es geht darum, unmittelbar vor der Tür Verbesserungen zu bringen und dadurch auch das Mobilitätsverhalten zu ändern", sagt Leth. Vorbild sind die "Superblocks" in Barcelona. Weiters soll das Radwegenetz massiv ausgebaut werden. Bis 2030 sollen 300 Kilometer sichere Radwege auf Hauptstraßen errichtet werden, derzeit beziffert die Initiative die "sicheren Kilometer" auf 140 (von 560 Kilometern Hauptstraßennetz). Bis 2025 sollen zudem 50 Kilometer an Fahrradstraßen errichtet werden.

Menschen für Räder

Offizielle Unterstützung für die Forderungen gab es von politischer Seite: Die Spitzenkandidaten für die Wien-Wahl der Grünen und der Neos haben die Forderungen unterzeichnet. Die SPÖ hat fünf der Forderungen zum Radthema ins Wahlprogramm genommen. Die Initiative verbucht das als "ersten Erfolg". Nachdem bisher aber noch keine der Forderungen umgesetzt wurde, bleibe man bei der Kampagne.

Doch auch mit den Bezirken, in denen die Umsetzung konkret stattfinden müsse, sei Austausch geplant: Kommende Woche habe man etwa Termine mit fünf roten Bezirksvorstehungen. Zum Teil seien auch diese selbst auf die Initiative zugekommen.

Fridays for Future will das Thema Mobilität noch auf eine höhere Ebene bringen: Politiker auf nationaler und EU-Ebene sollen "an ihre Verantwortung im Bereich klimafreundlicher Mobilität" erinnert werden.

Die Klimaaktivisten haben zudem ebenfalls Forderungen für die Wien-Wahl ausgearbeitet, die sie in Kürze präsentieren werden. Dabei werde es vor allem um drei wesentliche Bereiche gehen, sagt Sprecherin Mira Dolleschka. Erstens: Mobilität und Stadtbild wie etwa mehr Radwege. Zweitens: Raus aus dem Gas. "Wir fordern ein Verbot vom Einbau von Gasheizungen, sowohl im Neubau als auch im Bestand", sagt Dolleschka. Drittens: Raus aus fossilen Großprojekten wie etwa dem Lobautunnel. "Wir brauchen keine neuen Straßen", sagt Dolleschka, "Mobilität kann man auch anders erreichen."

Utopie autofreies Wien

In den letzten Jahren sei zwar viel passiert, was die Ebene des Diskurses betrifft, sagt die Klimaaktivistin, aber die Politik solle sich nicht weiter auf Ankündigungen ausruhen. Man könne Utopien wie jener eines autofreien Wiens – einer weiteren Forderung von Fridays for Future – schneller nachkommen. "Natürlich ist es ein Prozess, bis man so ein Ziel erreichen kann." Aber man solle sich einmal das Bild im Kopf ausmalen: wie eine Stadt und der öffentliche Raum aussehen würden, wenn die Autos weg wären.

Aspern bekommt Stadtstraße

Nicht alle Entwicklungen gehen in die Richtung, die sich die Aktivisten für Wien wünschen: Am Donnerstag wurden die Weichen für den Bau der Stadtstraße Aspern in der Wiener Donaustadt gestellt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die – seit 2014 laufende – Umweltverträglichkeitsprüfung mit positivem Bescheid abgeschlossen. Die Straße wird das Stadtentwicklungsgebiet Aspern mit der Südosttangente verbinden, wo sie an die Spange Aspern anschließen soll und die Seestadt mit der geplanten "Nordostumfahrung" anbinden soll. Vor allem der geplante Tunnel unter der Lobau sorgt immer wieder für Probleme zwischen den roten und den grünen Koalitionspartnern. Die Wiener ÖVP freute sich am Donnerstag in einer Aussendung über den Bescheid. Es sei eine "wichtige Voraussetzung für die Realisierung des Lobautunnels", zeigte sich Landesparteichef und Finanzminister Gernot Blümel erfreut.

Anfang 2021 sollen die Bauvorbereitungen beginnen. Die Verkehrsfreigabe soll 2025 erfolgen. Die Kosten werden mit 435 Millionen Euro beziffert. Durch die neue Straße werde das Straßennetz laut SPÖ-Klubchef Josef Taucher entlastet und der Durchzugsverkehr im 22. Bezirk verringert. (Vanessa Gaigg, Oona Kroisleitner, 7.8.2020)