Die Anzeige des Whistleblowers und eine Anzeige der FMA wurden von der Justiz 2015 zurück- und ad acta gelegt.

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Wien – Warum hat die Justiz 2015 keine Ermittlungen zur Commerzialbank aufgenommen? Diese Frage stellt sich angesichts der Tatsache, dass es damals zwei Anzeigen gab. Bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) war, wie bei der FMA auch, eine Whistleblower-Anzeige eingegangen. Es gebe vom Vorstand betreute, verdächtige Kreditkonten, namentlich genannte Mitarbeiter hätten Unterlagen dazu daheim, Bankchef Martin Pucher hebe extrem viel Bargeld ab, der Schaden liege bei rund 50 Millionen Euro, ergab sich aus dem Hinweis unter anderem.

Die darauffolgenden Erkundigungen führten: ins Leere.

Und das kam so. Die Vor-Ort-Prüfer aus der Nationalbank (OeNB; sie waren gerade wegen einer Vor-Ort-Prüfung bei den Mattersburgern im Haus) nahmen die Sache auftrags der FMA unter die Lupe. Die FMA war von der WKStA um entsprechende Erkundigungen ersucht worden. Die Prüfer aus der OeNB kamen aber, wie berichtet, zum Schluss, der vom Tippgeber genannte Schaden sei unplausibel, sehr unwahrscheinlich, schier undenkbar, wie sie in ihrem Bericht schrieben. Freilich wiesen sie darin auch auf ihre Grenzen hin, direkte Befragungen der genannten Mitarbeiter etwa seien dem Vor-Ort-Prüfer nicht erlaubt.

Verdacht "nicht verifiziert"

Von diesem Ergebnis verständigte die FMA die WKStA. Die Vorwürfe des Whistleblowers hätten sich nicht verifizieren lassen. Also nahm die Justiz mangels Anfangsverdacht keine Ermittlungen auf, sie legte die Anzeige vielmehr zurück.

Und warum hat die WKStA nicht bei den genannten Commerzialbank-Mitarbeitern nachgeschaut, von denen sie aus der Anzeige des Whistleblowers ja selbst wusste? Ohne Anfangsverdacht darf die Staatsanwaltschaft eben auch keine Hausdurchsuchungen machen, sie sind ja ein schwerwiegender Eingriff in verfassungsrechtlich garantierte Grundrechte. Dafür hätte sie ein Verfahren einleiten müssen, und dafür wiederum hätte sie einen Anfangsverdacht konstatieren müssen.

Für die Behörde war die Sache mit der Auskunft der FMA also erledigt.

Spitze des Eisbergs taute weg

Ein Stückchen vom Eisberg quasi haben FMA beziehungsweise Vor-Ort-Pürfer der OeNB damals aber sehr wohl ausgegraben. Sie fanden ein verdächtiges Eigenkapitalinstrument: Eine Gesellschaft hatte Partizipationsscheine der Bank gezeichnet, die sie mit einem relativ günstigen Commerzialbank-Kredit finanziert hatte. Die FMA ortete darin Untreue und erstattete Anzeige bei der Staatsanwaltschaft (StA) Eisenstadt.

Auch das verlief im Sande. Laut StA-Auskunft habe man bei der FMA damals um weitere Konkretisierung gebeten, die habe zwar "etwas geschickt, aber auch daraus ließ sich kein Anfangsverdacht ableiten", so eine Sprecherin der StA Eisenstadt. Also auch da: keine Ermittlungen. (Renate Graber, 7.8.2020)