Gigantische Nase der Künstlergruppe Gelatin in der Wachau.

Foto: APA/GELATIN
Raufschauen! Fassadenkunst in Wien-Leopoldstadt des Künstlers Günther Kraus.
Foto: Gabriel Roland

Augen auf die Vertikale: Kunst an Außenwänden

Öffentliche Kunst war gefühlt nie wichtiger – und vor allem nie praktischer – als in der aktuellen Situation. Einfach deswegen, weil sie nicht in geschlossenen Räumen gezeigt wird. Sie ist rund um die Uhr zugänglich, an der frischen Luft und für alle gleichermaßen da. Dennoch spielen dabei in letzter Zeit Wände eine auffallend tragende Rolle:

Magdalena Hiller und Gabriel Roland schauten während des Lockdowns nach oben und entdeckten, dass Wiens Stadtbild nur so von künstlerischer Fassadengestaltung wimmelt. Daraufhin gründeten sie gemeinsam das (virtuelle) "Museum des Hinaufschauens" oder umgangssprachlich "Raufschaumuseum". Auf Instagram teilen sie gesammelte Mosaike, Wandmalereien und Reliefs an Häuserfronten. #Raufschauen ist ein Appell, Fassadenkunst nicht zu übersehen, sondern zu dokumentieren und als Foto an das Museum zu schicken. Irgendwann soll das Ganze archiviert werden.

Das Kunsthaus Bregenz erkannte ebenfalls die Macht der Außenwände und nutzt bereits seit April – als die Museen noch geschlossen waren, Werbetafeln, sogenannte Billboards, um Kunstfotografie sowie aktuell ausgestellte Werke unter dem Motto "Die Kunst ist unvergesslich" entlang der Bregenzer Seestraße aufzustellen. Auch weiterhin sollen sie Kunst aus dem Museum heraustragen. Und seit Mitte Juli zieht sich das Outdoorfotofestival La Gacilly sieben Kilometer durch und um Baden. Dabei dienen Häuserfronten, Zäune, Mauern und in die Wiese oder sogar aufs Wasser positionierte Wände als Ausstellungsfläche.

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Die mexikanische Pyramide El Castillo in Minimundus.
Foto: imago/blickwinkel

Großes klein, Altes neu, Verdrängtes: Kurioses

Corona macht das Reisen etwas beschwerlich: Reisewarnungen hier, Quarantäne für Heimkehrer dort. In Zeiten, da viele Touristendestinationen schwer erreichbar sind, kann man in Minimundus praktisch die Welt erkunden. In der "kleinen Welt am Wörthersee" ist Sightseeing vom Taj Mahal bis zum Eiffelturm im Maßstab 1:25 angesagt. Nebenbei stolpert man über Nachbauten wie jene der Wuppertaler Schwebebahn, die man sonst eher sicher nie besucht hätte.

Noch ein Baudenkmal der besonderen Art gibt es in Kärnten. Burgen beim Verfallen zuschauen kann man vielerorts, in Friesach wird eine vor Publikum neu gebaut: mit dem Handwerk, Wissen und Werkzeug von einst. Handwerker in Leinenkleidern inklusive. Bis etwa 2040 soll die Errichtung der Burg mit zwei Türmen, Palas, Ringmauern und Kapelle dauern.

Lehrreiche bis kuriose Freilichtmuseen gibt es für viele Geschmäcker. Zu den ausgefallensten gehört sicher der Museumsfriedhof Kramsach in Tirol, der mehr als 100 historische Grabkreuze mit skurrilen Inschriften birgt. An der Luft ist man auch bei den Themenspaziergängen von StadtpARTien durch Wien (etwa in Schönbrunn) und den Shades Tours in Wien und Graz zu "Armut und Obdachlosigkeit", "Flucht und Integration", "Sucht und Drogen" – geführt von Betroffenen.

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Das römische Heidentor in Carnuntum ist 15 Meter hoch.
Foto: REUTERS/Herwig Prammer

Zwischen Volkskultur und Grabung: Freilichtmuseen

Österreich ist reich an zugänglichen archäologischen Stätten. Gerade die Spuren der römischen Antike lassen sich von Frühjahr bis Herbst gut erkunden. Etwa im niederösterreichischen Carnuntum, wo neben dem 15 Meter hohen Heidentor aus dem vierten Jahrhundert nach Christus auch Überreste und Rekonstruktionen eines römischen Stadtviertels und zweier Amphitheater besucht werden können. Per Fahrrad lohnt für Antikenfreunde auch eine Befahrung der 357 Kilometer langen einstigen römischen Flussgrenze in Ober- und Niederösterreich. Am Donaulimes gibt es über 40 sichtbare Baudenkmäler und zahlreiche Museen mit Außenbereichen, etwa in Linz, Enns, Mautern oder Tulln.

Urgeschichte mit rekonstruierten Behausungen von der Steinzeit bis zur Eisenzeit hat zum Beispiel das MAMUZ im niederösterreichischen Asparn an der Zaya zu bieten. Und historische Volkskultur der vergangenen paar hundert Jahre, etwa vor dem Verfall bewahrte Bauernhäuser, gibt es in fast allen Bundesländern zu besichtigen: im steirischen Stübing ebenso wie in Kramsach in Tirol, im Salzburger Großgmain oder im burgenländischen Dorfmuseum Mönchhof. Zu bestaunen ist rurale Baukultur vom Getreidekasten über den Schweinestall und die Selchhütte bis zum Glockenturm.

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Werk von Werner Reiterer im Skulpturenpark bei Graz.
Foto: Universalmuseum Joanneum

Kombi von Kunst und Natur: Skulpturenpark

Eingefleischte Skulpturenfans kommen zum Glück auch im Alltag oder urbanen Umfeld auf ihre Kosten: beispielsweise bei der gigantischen Nase der Künstlergruppe Gelatin, die in der Wachau aus dem Boden ragt, der "Gurken"-Allee von Erwin Wurm in Salzburg oder dem "Doorman" von Kiki Kogelnik vor dem Warmbad in Villach. Sollte es dann doch mehr skulpturale Kunst auf einmal sein und das in Kombination mit einem Ausflug ins Grüne, ist der Besuch in einem Skulpturenpark das Richtige. Natur plus Kultur plus kostenlos.

Als eine der besten dieser Parkanlagen weltweit, wie ihn der Guardian einmal listete, gilt der Österreichische Skulpturenpark südlich von Graz. Dort können mehr als 70 zeitgenössische Skulpturen auf sieben Hektar hügeligem Rasen besichtigt werden. Die Palette reicht von Fritz Wotruba über Yoko Ono, Jeppe Hein bis Nancy Rubins.

Solche Kunstparks finden sich auch oft rund um Kunsteinrichtungen, womit diese den Ausstellungsraum erweitern. Beispielsweise hinter dem Belvedere 21 in Wien, um das Francisco Carolinum in Linz oder den Kunstraum Dornbirn. Abseits davon gibt es auch kleinere Gärten, wo nur Werke einzelner Künstler präsentiert werden. Etwa im Skulpturenpark Hellbronn in Salzburg oder jenem in Kramsach in Tirol. Dort muss man dann aber wirklich Lust auf Skulpturen haben. (Katharina Rustler, Stefan Weiss, Michael Wurmitzer, 8.8.2020)