Der Abstand in der Schule wird im Herbst auf jeden Fall geringer sein müssen, als auf diesem Wandbild einer Volksschule in Oberösterreich.

Foto: APA/Gindl

Vier Wochen vor dem Schulbeginn in den ersten drei Bundesländern gleicht die Lage ein bisschen dem Verkehrsfluss auf einer stark befahrenen, aber ungeregelten Kreuzung. Alle sind verunsichert und haben eine diffuse Angst, dass es kracht. Eine Ampel wäre da hilfreich – und sie wird auch kommen. Damit es eben nicht zu einem Crash mit dem Coronavirus kommt.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) präsentierte am Freitag fürs Erste einmal nur die Corona-Ampel-Kommission.

Konzept für "Schule im Herbst"

Das Ampelsystem ist zentral für Heinz Faßmanns Plan "Schule im Herbst". Der Bildungsminister wird ihn Mitte August präsentieren. Er ist sich der Ungeduld und des Unmuts vieler Eltern, Lehrer und Direktoren durchaus bewusst, geht aber angesichts der "derzeit noch immer geringen Infektionslage", wie er im STANDARD-Gespräch sagt, "von einem regulären Schulbeginn mit Sensibilität und Vorsicht aus".

Was heißt das konkret? Denn genau diese Konkretheit vermissen die Betroffenen, die gerne wüssten, wie der Schulbetrieb nun tatsächlich aussehen soll. Auch Neos und SPÖ urgieren inhaltliche Details.

Was Faßmann jetzt dazu sagen kann, sind pädagogische Aspekte, die im Bildungsministerium unabhängig von den Indikatoren des vierstufigen Rot-orange-gelb-grün-Ampelsystems erarbeitet wurden.

Eine Plattform pro Schule

Man wappnet sich für den Fall – und er wird eintreten, davon ist auszugehen –, dass wegen Corona-Fällen klassen- oder auch schulweise für eine gewisse Zeit wieder auf Homeschooling umgestellt werden muss. Um das Distance-Learning "besser und effektiver zu gestalten", müssen sich die Schulen jeweils für eine digitale Plattform entscheiden, über die sie den Unterricht organisieren. Dieser Prozess läuft. Um die Lehrer up to date zu bringen, geht am 10. August eine Internetseite online, auf der es Kurse zum Umgang mit den Lernplattformen gibt. Die Versorgung von Kindern ohne digitales Endgerät hat hingegen in der ersten Corona-Phase sehr gut funktioniert, sagt Faßmann. Statt der geschätzten 12.000 Tablets oder Laptops wurden nur knapp 8000 benötigt.

Schichtbetrieb war weder beliebt noch effizient

Tageweise gestaffelter Schulbesuch wie nach dem Lockdown ist keine prioritäre Maßnahme mehr. "Der Schichtbetrieb war nicht sehr beliebt und pädagogisch auch nicht sehr effizient", sagt der Minister. Es sei auch wenig sinnvoll, bei grüner oder gelber Ampel, also risikoarmer Außenlage, den Betrieb so zu verdünnen. Die Ampel biete da eine "rationale Grundlage für regional differenzierte Vorgehensweise." Das Distanzgebot und systematisches Lüften werden daher "Hygienemaßnahmen mit hoher Priorität".

Damit zusammen hängt der Mund-Nasen-Schutz, die Maske: Wo Abstand nicht möglich ist, etwa auf Gängen oder im Eingangsbereich, wird sie – wieder je nach Ampelfarbe, aber auch Alter – getragen werden müssen. Bei Grün nicht, bei Rot schon. Nur nicht im Unterricht, da hält Faßmann Masken bekannterweise für "absurd und unzumutbar".

Lernstation als sicherer Ort

Der Worst Case für Eltern, die schon jetzt viel Urlaub für den Job als Amateurlehrer für Homeschooling aufbrauchen mussten, sind Schulschließungen wegen Covid-19-Fällen. Was kann Faßmann ihnen anbieten? "Mein Wille ist, dass es in jedem Fall Vorortbetreuung gibt." Dank Ampelsystem werde es keine großflächigen Schließungen geben, sondern möglichst kleinräumig.

Und dann? Kommt ein Vorschlag von Grünen-Bildungssprecherin Sibylle Hamann ins Spiel: Sie pochte auf "Lernstationen" in den Schulen, wo Kinder, die zu Hause kein adäquates Lernumfeld haben oder weil die Eltern nicht da sind, unterrichtet werden, einen verlässlichen, sicheren Ort in der Pandemie: "Die Schule muss für alle, die sie brauchen, offen sein. Punkt." Das sieht auch Minister Faßmann so.

Über Schließungen entscheiden übrigens bei Fällen innerhalb eines Bezirks die Bezirkshauptmannschaften, bei mehreren Bezirken die Landeshauptleute, bundeslandweit wäre es Sache des Gesundheitsministers. Das Prozedere ist verbindlich im Epidemiegesetz geregelt.

Frage der Lehrer in Risikogruppe noch ungelöst

Was ist mit Lehrkräften, die zur Covid-19-Risikogruppe zählen? Wie sollen Stundenpläne aufgesetzt werden, ohne zu wissen, wer verfügbar ist? "Das haben wir noch nicht ganz durch", gibt der Minister zu und verweist auf Gespräche mit der Gewerkschaft. Es gebe die Definition des Gesundheitsressorts (z.B. Body-Mass-Index über 40, Immunschwäche, chronisch krank), aber auch "durchaus berechtigte Ängste", sagt Faßmann, die wohl mit ärztlichem Attest beglaubigt werden müssen. (Lisa Nimmervoll, 9.8.2020)