Die Polizei führte etliche Demonstranten ab.

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Warschau – Bei Protesten gegen die Festnahme einer LGBT-Aktivistin in Polen sind rund 50 Demonstranten in Gewahrsam genommen worden. Den 48 Festgenommenen werde unter anderem Beleidigung von Polizeibeamten und Beschädigung eines Polizeiautos vorgeworfen, teilte die polnische Polizei am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter mit.

Dutzende Demonstranten hatten am Freitagabend in Warschau versucht, die Polizei an der Festnahme der Aktivistin zu hindern. Sie versperrten dem Polizeiauto mit der Festgenommenen den Weg, einige sprangen nach Polizeiangaben dabei auch auf den Wagen. Die Beamten konnten den Weg schlussendlich aber freimachen.

Vorwurf der Sachbeschädigung

Ein Gericht hatte zuvor eine zweimonatige Untersuchungshaft gegen die Frau verhängt. Sie wird beschuldigt, im Juni in Warschau einen Lieferwagen mit homophoben Sprüchen beschädigt zu haben. Außerdem soll sie die Besitzerin des Wagens, die als Freiwillige für eine Anti-Abtreibungs-Stiftung tätig ist, geschubst haben. Die Aktivistin taucht in den Gerichtsunterlagen offiziell als Mann unter dem Namen Michal Sz. auf, identifiziert sich jedoch als Frau und nennt sich Margo.

Margo gehört einer Aktivistengruppe namens "Stoppt den Unsinn" an. Die Gruppe wird verdächtigt, mehrere Denkmäler in Warschau, darunter eine Jesus-Statue, mit LGBT-Flaggen und anarchistischen Symbolen behängt zu haben. Gegen drei mutmaßliche Täter wurde Anklage wegen Entweihung von Denkmälern und Verletzung religiöser Gefühle erhoben. Der Fall polarisiert in Polen massiv.

Die Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatovic, hat unterdessen die Verhaftung Margos kritisiert. Sie müsse sofort freigelassen werden, forderte Mijatovic am Samstag auf Twitter.

Die Anordnung sende ein "frostiges Signal für Redefreiheit und die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans-Menschen (LGBT)" aus, schrieb sie weiter.

Die Rechte von sexuellen Minderheiten spielten in diesem Sommer eine prominente Rolle im polnischen Präsidentschaftswahlkampf. Der nationalkonservative Amtsinhaber Andrzej Duda hatte sich im Wahlkampf mit homophoben Äußerungen profiliert. Er siegte in der Stichwahl am 12. Juli mit einem knappen Vorsprung vor seinem europafreundlichen Herausforderer Rafal Trzaskowski.

Das englische Kürzel LGBT steht für lesbisch, schwul, bisexuell und transgender. (APA/AFP, 8.8.2020)