Bill Gates zeigt sich von einer Übernahme von Tiktok durch Microsoft nicht sonderlich begeistert.

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Wird Microsoft Tiktok kaufen oder nicht? Eine Frage, die seit der Vorwoche im Zentrum der Diskussion über das soziale Netzwerk steht. Immerhin hat US-Präsident Donald Trump ein Ultimatum gestellt: Mit dem 15. September soll die Nutzung von Tiktok – und anderen chinesischen Apps wie Wechat – verboten werden. Wie das dann konkret umgesetzt werden soll, ist zwar noch unklar, die Drohung steht aber im Raum – für den Fall, dass es zu keiner Übernahme von Tiktok kommt.

Doch all das ist mit einer anderen Frage verbunden, die in den weltpolitischen Ränkespielen schon mal untergeht – nämlich ob dieser Deal für Microsoft überhaupt Sinn ergibt. Und einer, dessen Name mit dem Windows-Hersteller wie kein zweiter verbunden ist, meldet hier nun grundlegende Zweifel an.

Vergiftet

In einem Interview mit "Wired" bezeichnet Microsoft-Gründer Bill Gates einen möglichen Deal wörtlich als "vergifteten Kelch". Jeder Kauf wäre durch die Rahmenbedingungen sehr schwierig. Dass etwa Trump öffentlich einforderte, dass das Finanzministerium an jedem Deal finanziell beteiligt werden sollte, bezeichnet der Microsoft-Gründer wörtlich als "doppelt seltsam".

Zudem scheint Gates aber auch generell nicht davon überzeugt zu sein, dass es schlau für Microsoft wäre, ins Social-Media-Geschäft einzusteigen. So erfreulich es wäre, wenn Facebook mehr Konkurrenz hätte, so sei dies doch ein äußerst problematischer Geschäftszweig. Umgekehrt wäre es seiner Meinung nach "bizarr", wenn Trump den einzigen echten Konkurrenten von Facebook töten würde.

Viele Probleme

Auf Microsoft würden jedenfalls mit einer Tiktok-Übernahme ganz neue Herausforderungen zukommen. So müsste man sich mit zwei Themen beschäftigen, die im öffentlichen Ansehen derzeit ganz unten angesiedelt sind: Werbung und "Content-Moderation", also die Frage, was denn alles auf dem Netzwerk gepostet werden darf – und was nicht. Ein Thema, das ein steter Quell für öffentliche Kritik an anderen Firmen wie Youtube oder Facebook ist. So sind etwa die Republikaner in den USA fest davon überzeugt, dass diese Firmen rechte Meinungen unterdrücken – ohne dafür aber stichhaltige Belege liefern zu können. Mit all dem müsste sich dann auch Microsoft herumschlagen.

Damit wäre dann wohl auch Schluss mit der relativ ruhigen Phase, die das Unternehmen in den vergangenen Jahren genossen hat. Während gegen Google, Amazon, Facebook und zuletzt sogar Apple die Kritik aus der Politik immer lauter wurde, konnte Microsoft in Ruhe sein erfolgreiches Unternehmensgeschäft immer weiter ausbauen und so auch neue Höhen an der Börse erklimmen. Mit Tiktok würde die Zahl der negativen Schlagzeilen und somit auch das unerwünschte Interesse aus der Politik fraglos wieder wachsen.

Option: Twitter

Unterdessen berichtet das "Wall Street Journal", dass sich mittlerweile noch ein anderes US-Unternehmen für Tiktok interessiert: Twitter. Es habe bereits erste Gespräche in diese Richtung gegeben, derzeit sei aber unklar, ob diese weitergeführt werden sollen. An sich könnten die beiden Firmen gut zueinander passen, immerhin hat Twitter bereits einschlägige Erfahrung: Mit Vine hatte man einst selbst ein Netzwerk für kurze Videos betrieben – allerdings später auch gehörig in den Sand gesetzt. Gleichzeitig wäre ein solcher Deal deutlich komplizierter: Der Preis von Tiktok dürfte bei mehreren Dutzend Milliarden US-Dollar liegen, was sich Twitter ohne große Investoren im Hintergrund nicht leisten kann. Und eine solche Konstellation würde wiederum die Macht- und Führungsstrukturen rund um Tiktok erheblich komplizierter machen. (apo, 10.8.2020)