Viktoria Schnaderbeck wagte 2019 einen großen Schritt, bekannte sich zu ihrer Homosexualität.

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Wenige Wochen nach einem über die Grenzen Englands hinaus Wellen schlagenden offenen Brief eines Profifußballers aus der Premier League meldete sich am Sonntag Viktoria Schnaderbeck zu Wort. In einem offenen Brief schrieb die Kapitänin von Österreichs Frauennationalmannschaft, dass sie einen Beitrag zu einer besseren, toleranteren und friedlicheren Welt leisten wolle, wohl wissend, dass sie damit keine radikale Veränderung bewirken könne. Es gehe ihr darum, dass Tabus zum Thema Sexualität gebrochen und stigmatisierte Denkweisen abgelegt werden.

Mut und Überwindung

"Um als professioneller Fußballer oder professionelle Fußballerin unvoreingenommen, befreit und entfesselt über Homosexualität sprechen zu können, erfordert sehr viel Mut und nicht zuletzt Überwindung. Wenngleich die Wunschvorstellung einer emanzipierten, entwickelten und toleranten Gesellschaft existiert, ist die Realität immer noch stark geprägt von Vorurteilen, Tabus und heteronormativen Einstellungen", schreibt die Legionärin von Arsenal WFC.

Der englische Profi aus der höchsten Spielklasse hatte bekrittelt, dass er nicht glaube, dass der Fußball schon bereit dafür sei, dass sich ein Spieler outet. "Es bräuchte radikale Veränderungen, dass ich mich für diesen Schritt bereit fühlen würde", wurde er in mehreren englischen Medien zitiert.

Outing im Dezember 2019

Schnaderbeck hatte sich im Dezember 2019 geoutet, ihre Beziehung zu ihrer Freundin öffentlich gemacht. "Ich habe mich bereit gefühlt und wollte endlich den kleinen Lügen ein Ende setzen. Ich wollte uneingeschränkt und befreit leben und zu 100 Prozent ich selbst sein." Aber natürlich sei auch ihr dieser Schritt schwer gefallen, weil sie in der Öffentlichkeit steht. "Aber mir wurde immer mehr bewusst, dass ich eine einzige Entscheidung für mich treffen muss: Möchte ich mein Leben genau so frei und uneingeschränkt leben, wie ich es möchte, oder möchte ich mein Leben so leben, damit ich es heteronormativ programmierten Menschen recht mache? Die Antwort war klar, und ich fühlte mich bereit: Ich möchte mich öffentlich bekennen, dass ich lesbisch bin."

Scham und Schuldgefühle

Obwohl ihre Eltern nie ein Problem mit ihrer sexuellen Orientierung hatten, hatte sie sich lange Zeit geschämt, sich schuldig gefühlt und konnte einfach nicht zu ihrer Sexualität stehen. "Heute weiß ich, dass sexuelle Orientierung überhaupt nicht wichtig ist. Dass es überhaupt keine Rolle spielt, welches Geschlecht ich liebe. Viel wichtiger ist, dass ich liebe. Ich glaube auch, dass Sexualität vor allem durch die Gesellschaft Wichtigkeit bekommt."

Im 21. Jahrhundert dürfe es keinen Platz für Homophobie, Rassismus, Sexismus oder andere Formen der Diskriminierung geben. "Unser Planet – unter anderem das Fußballstadion – soll ein Platz für Diversität, Inklusion und Fairness sein." (red, 10.8.2020)