Sogar für den Tourismusverband war die Zwei-Meter-Regel des Gesundheitsressorts eine Neuigkeit.

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Eine Familie mit zwei Kindern aus dem westlichen Mostviertel kam gerade von einer Bergtour in Osttirol in ihr Hotel zurück, als das Telefon klingelte. Am anderen Ende der Leitung: die Amtsärztin. Sie forderte die Familie auf, sich sofort abzusondern und ihr Zimmer nicht mehr zu verlassen. Keinesfalls dürfe die Familie heimfahren, ohne einen Corona-Test abzuwarten. Aus dem Urlaub wurden zehn Tage Quarantäne. Was nach erfolgreichem Corona-Krisenmanagement klingt, sorgt am Ende für größtmögliche Verwirrung.

"Urlaubsfreuden vorbei"

Die Familie erfuhr, dass ihre Tischnachbarin im Hotelrestaurant Corona-positiv getestet wurde. Das Management in dem Hotel teilt den Gästen als Corona-Maßnahme für deren Aufenthalt einen fixen Tisch zu. Die Tische wurden mit einem Meter Abstand zueinander angeordnet. Dieser Mindestabstand wird vom Tourismusressort und der Wirtschaftskammer empfohlen. Holz-Babyelefanten auf der Anlage erinnern zusätzlich daran.

Die Familie wurde zu ihrer Verwunderung von der Bezirkshauptmannschaft als Kontaktpersonen mit hohem Infektionsrisiko eingestuft. Warum? Weil das Gesundheitsressort in einem Papier zur Verfolgung von Kontaktpersonen einen Abstand von weniger als zwei Metern angibt. Es fallen Personen darunter, "die kumulativ für 15 Minuten oder länger in einer Entfernung von weniger als zwei Metern Kontakt von Angesicht zu Angesicht mit einem bestätigten Fall hatten". Das ist im Restaurant leicht möglich.

Diskrepanz: Mindestabstand und Kontaktverfolgung

Der durch die Regierung viel beschworene Ein-Meter-Abstand bescherte der Familie die Quarantäne. Am Tag nach der Absonderung folgten die Corona-Tests, einen weiteren Tag später kamen die Ergebnisse: Alle waren negativ. Erst dann durfte die Heimreise angetreten werden. Diese solle aber ohne Zwischenstopp erfolgen, sei der Familie noch mit auf den Weg gegeben worden.

Ein geplanter Aufenthalt in einem anderen Hotel war damit passé. "Unsere Urlaubsfreuden waren damit endgültig vorbei", schrieb die Familie dem STANDARD. Die restliche Quarantäne verbringt sie daheim. Der Osttiroler Tourismusverband ist über den Fall überrascht. Dort kannte man bisher auch nur die Ein-Meter-Regel. Aus dem zuständigen Gesundheitsministerium heißt es dazu, dass immer von einem "Mindestabstand" die Rede war, wobei das "Mindest" betont wird. Bei der Kontaktpersonennachverfolgung gehe es darum, den kritischen Abstand zu Personen, die bereits mit einer Corona-positiven Person in Kontakt gekommen sind, zu definieren. Dieser habe immer weniger als zwei Meter betragen. Die Wirtschaftskammer verweist auf die Lockerungsverordnung des Gesundheitsministeriums. Empfohlener Abstand dort: ein Meter. (Jan Michael Marchart, Fabian Schmid, 10.8.2020)