In der Innsbrucker Kläranlage wird bereits getestet.

Foto: Günter Richard Wett

Innsbruck – Seit gut drei Monaten läuft die Testphase. Mittlerweile werden in den Kläranlagen von Innsbruck und Mühlbachl im Wipptal täglich Abwasserproben entnommen. Denn SARS-Covid-Viren können im Darm nachgewiesen werden. "Durch die Untersuchung des Stuhls kann man daher feststellen, ob jemand das Virus in sich trägt – unabhängig davon, ob Symptome verspürt werden", erklärte dazu Cornelia Lass-Flörl, Direktorin des Instituts für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Medizinischen Universität Innsbruck.

Das Abwassermonitoring soll ab September in 43 Tiroler Kläranlagen regelmäßig durchgeführt werden. Damit werden 751.000 Menschen oder 99 Prozent aller Einwohner Tirols vom Testprogramm erfasst. Die Untersuchungen geben zum einen Aufschluss darüber, ob in Regionen Viren ausgeschieden werden. "Zum anderen erhalten wir Informationen über den Grad der Viruslast, ob diese gering oder erhöht ist", sagte Lass-Flörl.

Vorsprung durch Stuhlproben

Durch das flächendeckende Screening wolle man sich vor allem einen Zeitvorsprung verschaffen, wie Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) bei der Präsentation am Montag erklärte. Denn im Abwasser ist das Virus fünf bis sieben Tage bevor Infizierte erste Symptome verspüren nachweisbar. So könne man schnell auf entstehende Cluster reagieren. Zeigt eine Kläranlage erhöhte Werte, teste man sich quasi immer näher an die Quelle heran. Um letztlich sogar einzelne Ortsteile eingrenzen zu können, in denen in der Folge mittels herkömmlicher PCR-Tests die infizierten Personen gefunden werden sollen, so die Hoffnung.

Ende August ist eine erste flächendeckende Untersuchung in Tirol geplant, um sich einen Überblick zu verschaffen. Ab September sollen die besagten 43 Kläranlagen regelmäßig geprüft werden. Dazu bediene man sich vorhandener Technik in diesen Anlagen, erklärte Herbert Oberacher vom Innsbrucker Institut für Gerichtsmedizin. Er wird die Proben mit seinem Team untersuchen und im Falle positiver Ergebnisse mittels mobiler Testeinheiten wie geschildert dem Ursprung nachgehen.

Teil einer Vorsorge-Strategie

Allerdings sei das Abwasser-Screening nur ein Baustein in der Corona-Strategie Tirols im Hinblick auf die nahende Wintersaison. Denn das Verfahren hat auch seine Schwachstellen. Zwar reicht schon eine infizierte Person unter 10.000 bis 40.000 Gesunden aus, um das Virus zu detektieren. Aber es ist nur bei rund 50 Prozent der Infizierten im Stuhl nachweisbar. Zudem kann durch die Methode nicht nachvollzogen werden, von wem die Virenspuren stammen. Also ob diese Person auf der Durchreise war, hier nur arbeitet oder tatsächlich dort wohnt, wo die Probe genommen wurde.

Die bisherigen Erfahrungen stimmen die Wissenschafter jedoch optimistisch. So habe man die Infektionsentwicklungen in Innsbruck in den vergangenen Wochen über die Abwassertests sehr treffend vorhersagen können. Finanziert wurde das Pilotprojekt vom Land Tirol mit 25.000 Euro. Weitere 40.000 Euro wurden vom Land nun für die Umsetzung und Technik bereitgestellt. Im laufenden, flächendeckenden Betrieb werden voraussichtlich weitere Kosten anfallen. (Steffen Arora, 10.8.2020)