Wien – Erst unlängst, sagt Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas der Erzdiözese Wien, sei ein Priester aus der Ukraine mit dem Koffer vor dem Stephanushaus gestanden, weil er hier für ein paar Tage Unterkunft finden wollte. Doch diese Zeiten sind vorbei. Wie am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz bekannt wurde, soll das 1964 von Dombaumeister Kurt Stögerer errichtete Priesterwohnheim in der Ungargasse 38 in Wien-Landstraße in den kommenden eineinhalb Jahren nämlich in ein Magdas-Cityhotel umgebaut werden.

Das bisherige Priesterwohnheim in der Ungargasse wurde 1964 von Dombaumeister Kurt Stögerer erichtet.
Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

"2015 haben wir in einem ehemaligen, leerstehenden Pensionistenheim im Prater das erste Social-Business-Hotel eröffnet", so Schwertner. "Nachdem es sich dabei jedoch um eine befristete Zwischenlösung handelt, läuft die Betriebsgenehmigung übernächstes Jahr aus. Damit wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch weiterhin eine Arbeitsstelle bieten können, ist das Hotel in der Ungargasse das logische Folgeprojekt."

Originalstandort mit 80 Prozent Auslastung

Nach der Übersiedelung in den dritten Bezirk, so der Plan, soll das erste Magdas-Hotel in der Laufbergergasse im Prater, das mit 80-prozentiger Auslastung und Medienberichten in aller Welt als soziales Experimentalprojekt einen beachtlichen Erfolg eingefahren hat, einer umfassenden Sanierung unterzogen werden.

Diese steht nun zunächst in der Ungargasse bevor: Das Erdgeschoß soll entkernt und zu einer großen Lobby mit Festsaal und Restaurant ausgebaut werden. Steinböden, Steinvertäfelungen und die schönen Empfangsmöbel – allesamt gut erhaltene Zeitzeugen aus den Sechzigerjahren – bleiben bestehen. Hinzu kommen Hölzer und Textilien, die sich dem schicken, reduzierten Vintage-Duktus der Sixties stilistisch unterordnen. Die bestehenden 86 Priesterzimmer in den sieben Geschoßen darüber werden mit Waschbecken, Dusche und WC ausgestattet und erhalten haustechnische Nachrüstungen im Bereich Akustik und Klimatisierung.

"Trägerrakete" für Re-Use und Recycling

"Unser Ziel ist, den alten Charme des Hauses bis zu einem gewissen Grad zu erhalten", sagt Johann Moser, Partner bei BWM-Architekten, die das ungewöhnliche Caritas-Projekt planen und in die Realisierung umsetzen. "Daher werden wir die komplett erneuerten Zimmer erstens recht schlicht einrichten und zweitens mit ein paar bestehenden Möbeln, die hier mehr als 50 Jahre lang im Einsatz waren, bestücken. Das Haus soll eine Trägerrakete für Re-Use und Recycling werden und einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und Reduktion grauer Energie setzen."

Die noch vorhandenen Möbel sollen nach dem Umbau zum Teil wiederverwendet werden.
Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

Die beiden Highlights des Hauses sind der begrünte Gastgarten, der anstelle des bestehenden Parkplatzes an der Rückseite des Gebäudes in der Krummgasse entstehen wird, sowie die von Josef Buttinger gestaltete Kapelle im sechsten Stock, die zu den wahrscheinlich am schönsten erhaltenen Sakralräumen der späten Wiener Moderne zählt. Die Kapelle soll originalgetreu erhalten bleiben und dann sowohl Hotelgästen als auch für externe Nutzungen zur Verfügung stehen.

Geplante Eröffnung am Valentinstag 2021

Geplanter Baubeginn ist Frühjahr 2021. Erhoffte Eröffnung ist am Valentinstag, dem 14. Februar 2022. Die Investitionskosten belaufen sich auf neun Millionen Euro, wobei der Löwenanteil davon in die neue Haustechnik samt Klimaanlage und komplett neuen Installationsleitungen fließen wird.

Im sechsten Stock liegt eine Kapelle, die originalgetreu erhalten bleiben soll.
Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

Die Zimmerpreise im Drei-Sterne-plus-Hotel sollen sich an klassischen Wiener Cityhotels orientieren. Und: Wie schon im ersten Magdas-Hotel im Prater soll hier vor allem jenen Menschen ein Job geboten werden, die am Arbeitsmarkt sonst schwer reüssieren können: Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund, Langzeitarbeitslose, behinderte Mitarbeiter sowie ehemalige Gefängnisinsassen.

Diverse Zwischennutzungen vor Baubeginn

Bis zum Baubeginn wird das ehemalige Stephanushaus etlichen Zwischennutzungen unterzogen. Im Erdgeschoß betreiben Schüler der Tourismusschule Hietzing das Pop-up-Restaurant Die Boys & Marie, nebenan hat sich der Caritas-Sozialsupermarkt Leo einquartiert, in den Obergeschoßen arbeiten Artists in Residence gerade an Kunstprojekten und Möbel-Upcyclings fürs künftige Hotel, und im Herbst ist die Akademie der bildenden Künste dazu eingeladen, das Haus für ihre Jahresausstellung zu bespielen.

Die Preise des Drei-Sterne-plus-Hotels sollen marktüblich sein.
Foto: APA/Herbert Pfarrhofer

Der neue Recycling-Wind steht der Ungargasse gut. Genau im Haus vis-à-vis, Ungargasse 37, wird ein ehemaliges Bürohaus aus den Siebzigerjahren von der Immofinanz in einen Coworking-Hub unter dem Namen Myhive umgebaut. (Wojciech Czaja, 11.8.2020)