Vorausgeschickt sei, dass es im Corona-Jahr 2020 wenig gibt, was die Zulassung einer Impfung gegen das Virus an Dringlichkeit toppen könnte. Doch die überstürzte Genehmigung eines solchen Vakzins durch die russische Regierung muss die Alarmglocken schrillen lassen. Sollte der Impfstoff nebenwirkungsfrei und funktional sein, setzt dies Forscher weltweit dem Druck der Politik aus, rasch Ergebnisse zu liefern und die lästigen Tests doch abzukürzen. Sollte er nicht wirken und/oder Nebenwirkungen haben, ist dies Wasser auf die Mühlen von Anti-Vaxxern. Diese werden es ohnehin schwer haben, ihre wirren Thesen über Forschungsförderer Bill Gates mit der Tatsache abzugleichen, dass ausgerechnet Russland mit einem Corona-Impfstoff voranprescht.

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Die Impfung soll unter dem Namen "Sputnik V" vertrieben werden.
Foto: REUTERS/Anton Vaganov

Für Präsident Wladimir Putin geht es dabei um das Prestige. Dass die Impfung unter dem Namen "Sputnik V" vertrieben werden soll, ist Programm und zugleich Kampfansage an die konkurrierenden Mächte – insbesondere an US-Präsident Donald Trump, der eine baldige Impfung versprochen hatte. Das Sputnik-Programm kennzeichnete eine Ära, in der die Sowjetunion den Wettlauf ins All gegen die USA zu gewinnen schien. Die Zulassung des Vakzins heißt aber nicht, dass nun eine Ära russischer Wissenschaftsdominanz bevorstünde.

Im Wesentlichen handelt es sich nur um eine gelungene Marketingaktion: Vor Massenimpfungen wird erst die Testphase drei nachgeholt. Die Konkurrenz kann also noch aufholen. (Michael Vosatka, 11.8.2020)