Mit Klimaanlagen ist es ein bisschen wie mit Schneeschaufeln – zumindest wie es Stummfilmgröße Charlie Chaplin in Goldrausch betrieb. Der Slapstick-Virtuose schob den Schnee einfach immer weiter von der Einfahrt des einen zum nächsten Kunden. Auch Klimaanlagen löschen die Hitze nicht aus, sondern blasen sie stattdessen auf die Straße. Bei tausenden Geräten in dichtbesiedelten Städten führt das zur Bildung von sogenannten urbanen Hitzeinseln, die um bis zu zwölf Grad wärmer sein können als das Umland.

Vor steigenden Temperaturen schützen sie höchstens ihre Besitzer, global werden sie zu einem immer größeren Problem. In den letzten 30 Jahren hat sich der Energiebedarf zur Kühlung von Gebäuden mehr als verdreifacht.

Die Herstellung von Kühlmitteln ist außerdem ein klimakritisches Unterfangen: Zwar werden Fluorkohlenwasserstoffe nur in geringeren Mengen produziert, sie sind aber pro Tonne tausende Male schädlicher als CO2. Im schlimmsten Fall könnten schädliche Kühlmittel und ineffiziente Klimaanlagen allein das Weltklima bis 2100 um 0,4 Grad erhöhen, rechnet zumindest die Internationale Energieagentur (IEA) vor.

Zeit also, über alternative Kühlkonzepte nachzudenken, welche die Hitze nicht nur zum Nachbarn schaufeln.

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Die weißen Häuser von Santorini sind nicht nur schön anzusehen, sondern tragen auch zur Abkühlung bei.
Foto: Reuters/ALKIS KONSTANTINIDIS

Hellere Oberflächen

Es hat einen einfachen Grund, warum Häuser griechischer Urlaubsinseln in strahlendem Weiß faszinieren: Sonnenreflexion. Bunte und dunkle Flächen hingegen absorbieren sehr viel Sonnenlicht und Wärme. Neueste Oberflächenfarben nähren nun die Hoffnung, dass sich farbliche Akzente und kühle Häuser nicht länger ausschließen. Sie bestehen aus zwei extra aufgetragenen Schichten – die untere aus einem porösen Polymer, das Lichtstrahlen stark reflektiert. Darüber liegt eine sehr dünne Schicht der herkömmlichen Farbe, die ausreicht, um den Wunschvorstellungen der Häuslbauer zu entsprechen.

In Tests konnten schwarz gestrichene Häuser so um bis zu 15,6 Grad Celsius abgekühlt werden. Blaue, rote und gelbe Fassaden waren dank der neuen Unterschicht immer noch um 6,6 Grad, 3 Grad und 7,3 Grad kühler. Weltweit entstehen aktuell zudem hell bemalte Straßen.

Eine einfache Konstruktion soll die Hitze dorthin zurückschicken, wo sie herkommt: in den Weltraum.
Foto: Soondi Tech

Warme Grüße ins All

Die Hitze zum Mond schießen – an dem zunächst irre klingenden Projekt arbeitet ein Forscherteam der Universität Buffalo, das sein Konzept am Mittwoch in der Fachzeitschrift "Nature Sustainability" präsentierte. Was nach Hightech klingt, passt in eine Box, die so groß ist wie eine Schuhschachtel. Eine externe Stromzufuhr braucht das System nicht. Die nach oben offene Box ist am Boden mit einem dünnen Film aus Aluminium und dem Polymer Polydimethylsiloxan beschichtet – zwei sehr kostengünstige Rohstoffe, wie die Wissenschafter betonen. Einerseits reflektiert der Film ankommende Wärmestrahlung und verhindert, dass sich das Material unter der Box erhitzt – so wie es auch einfache weiße Farbe tut. Das Polymer entzieht aber auch der bereits aufgewärmten Umgebungsluft Wärme und sendet diese zielgerichtet zurück in den Weltraum.

Reihenweise auf Dächern installiert, könnte das System Gebäude tagsüber um bis zu sechs Grad unter die Außentemperatur herunterkühlen, nachts sogar um bis zu elf.

Die Windfänger von Abarkook in der Provinz Yazd leiten kühlende Luft ins Innere.
Foto: imago images/robertharding

Eine kühle Brise

Nichts lässt das innere Thermometer höher ansteigen als "stehende" Hitze. Kaum eine Stadt weiß die kühlende Wirkung des Windes so zu nützen wie Yazd im Iran. Seit Jahrhunderten fungieren dort sogenannte Windeinfangtürme als natürliche Klimaanlagen. Die Türme auf den Flachdächern sind strategisch gut positioniert und so aufgebaut, dass sie auch bei geringen Windgeschwindigkeiten Abkühlung garantieren.

Im Turminneren wird der Wind in verschiedene Räume geleitet – mitunter über eine Grundwasserleitung geführt, um weiter an Temperatur zu verlieren. Forschungen zeigen, dass Gebäude von 40 Grad Raumtemperatur auf unter 30 abgekühlt werden konnten.

Windkorridore können aber auch im Großen ganze Städte abkühlen. Seit den 1930ern machen sich Städteplaner Gedanken, wie natürliche Windkorridore entstehen können. Peking hat vor wenigen Jahren ähnliche Pläne präsentiert. Durch abgerissene Häuser, neue Parks und Flüsse soll auch der Smog besser davonziehen.

Einer von zwei Prototypen des "Wasserhauses".
Foto: Loughborough University

Leben im Aquarium

Fenster sind, energietechnisch gesehen, der Schwachpunkt eines jeden Gebäudes. Im Winter entweicht besonders viel Wärme, während eine große Glasfront ein Haus im Sommer besonders aufheizt. Und das, obwohl moderne Fenster in der Regel aus zwei Scheiben bestehen, die mit einem Isoliergas gefüllt sind.

Matyas Gutai von der University Loughborough behauptet, eine bessere Lösung gefunden zu haben: Statt Gas will er Fenster mit Wasser füllen und dieses zirkulieren lassen. Das Wasser soll die einfallende Hitze aufnehmen und abtransportieren, natürlich ohne die Sicht zu trüben.

Energie für die Kühlung braucht das System nicht, der Stromverbrauch für die Pumpen sei vernachlässigbar. In Gebieten wo die Temperatur nachts stark abfällt, kann das tagsüber erwärmte Wasser verwendet werden, um das Haus zu wärmen. Gegenüber mit normalen Doppelglasscheiben ausgestatteten Häusern soll Gutais System bis zu 72 Prozent Energie sparen. Zwei Prototypen gibt es bereits. (Philip Pramer, Fabian Sommavilla, 12.8.2020)