Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker vermutet, dass in den Ministerien sehr wohl weniger Arbeit anfiel, die Mitarbeiter aber dennoch nicht in den Urlaub geschickt wurden.

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Wien – Mitarbeiter im öffentlichen Dienst haben von März bis Mai ingesamt 1.787 Jahre Urlaubsanspruch gesammelt. Das haben die Neos aus Sammelanfragen an sämtliche Ministerien errechnet. In Relation zu den rund 140.000 Planstellen im Bundesdienst bleiben rund 4,5 Urlaubstage, die jeder Mitarbeiter in diesen drei Monaten angesammelt hat.

Die Neos ärgert das: Während Unternehmen die oft auftragsschwache Lockdown-Phase genutzt hätten, um Urlaub abzubauen, sei diese Chance in den Ministerien verpasst worden. Im Gesundheits- oder Innenministerium sei zwar klar, dass in Corona-Zeiten mehr zu tun sei; andere Ressorts allerdings hätten ihren Mitarbeitern auch Urlaub anordnen und dem Steuerzahler so Geld sparen können.

Meister Verbrauch im Justizministerium

In keinem einzigen Ministerium wurden laut der Auswertung der Oppositionspartei mehr Urlaubstage verbraucht, als neu hinzugekommen sind. Am größten ist die Differenz im Bildungsministerium, wo sich der durchschnittliche Mitarbeiter – die meisten davon sind allerdings Bundeslehrer ohne regulären Urlaubsanspruch – nur 0,1 Tage freinahm, gefolgt vom Landwirtschaftsministerium und dem Innenministerium mit jeweils einem Tag.

Den meisten Urlaub verbrauchten die Beschäftigten im Justizministerium, wo Verhandlungen zu Beginn der Corona-Krise ausgesetzt waren: 5,4 Tage waren sie im Durchschnitt auf Urlaub, der Anspruch für drei Monate beträgt 6,3.

"Bei voller Bezahlung Corona-frei"

Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker erzürnt das – er vermutet, dass in den Ministerien sehr wohl weniger Arbeit anfiel, die Mitarbeiter aber dennoch nicht in den Urlaub geschickt wurden: "Während in der Wirtschaft Unternehmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer enorme Einschränkungen in Kauf nehmen müssen, machen manche Ministerien und ihre nachgelagerten Dienststellen bei weniger Arbeit und voller Bezahlung Corona-frei – auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler."

Das Bundeskanzleramt entgegnet in seiner Anfragebeantwortung, dass für die Beamten gar nicht so viel weniger zu tun gewesen sei: "Im Bundesdienst kann auch nicht von einem großflächigen 'Auftragsrückgang' gesprochen werden, der etwa mit den Ausfällen und Umsatzeinbrüchen im Handel, Tourismus und in der Industrie vergleichbar wäre." (Sebastian Fellner, 14.8.2020)