Es gehört zu den aufregendsten Momenten in seinen Konzerten, wenn Arcadi Volodos nach Sturm und Wind einen Ton verhallen und aus dem "Nichts" ein Motiv erblühen lässt.
Foto: Marco Borggreve

Arcadi Volodos verwandelt den Konzertflügel in ein Orchester, und der Maestro strukturiert die entfachten Klangmassen akribisch: Er bedient Windmaschine und Donnerblech und verordnet in der gleichen Sekunde Stille für ein glaszartes Solo von Harfe und Celesta. Es gehört zu den aufregendsten Momenten in seinen Konzerten, wenn er nach Sturm und Wind einen Ton verhallen und aus dem "Nichts" ein Motiv erblühen lässt.

Mit Liszts Ballade Nr. 2 h-Moll eröffnete Volodos im Haus für Mozart und bringt dann dessen Saint François d’Assise – La Prédication aux oiseaux aus Légendes: Dieses fragile Virtuosenstück bietet wenig Raum für Theaterdonner. Es betört Volodos mit den Wechseln zwischen Vogelgezwitscher und rezitativischen Passagen des Predigers. Chorgesang und Orgelspiel werden hörbar; sie hätten in der Lesart Volodos’ locker eine Kathedrale erfüllt. Auch hier fasziniert der Effekt, in der Stille des noch nachklingenden letzten Tones eine Fülle neuer Klänge entstehen zu lassen. Im Roman Der Name der Rose heißt es, der heilige Franz von Assisi habe Aasvögel um sich versammelt. Das kann eigentlich nicht stimmen. Arcadi Volodos ließ jedenfalls Kolibris und Adler und Amseln zu Wort kommen.

Bocksprünge und Aufschwünge

Den zweiten Teil des Abends, der wie alle Salzburger Festspielkonzerte heuer ohne Pause über die Bühne ging, widmete Volodos Robert Schumann, also dessen Marsch aus Bunte Blätter op. 99/11 und der Humoreske B-Dur op. 20. Faszinierend dabei Volodos’ Umgang mit dem vielgestaltigen Themenmaterial und den mutwilligen Bocksprüngen. Die opulenten oder dramatischen Aufschwünge lässt der Pianist vor dem Höhepunkt quasi auf dem Absatz kehrtmachen und zu völlig konträren Stimmungen zurückkehren. Einfach großartig.

Dennoch stellte der scheinbar schlichte Marsch mit seinem überirdischen Trio die doch recht monumental sich gebärdende Humoreske in den Schatten. Seine Qualitäten liegen "innen", in der Vielgestaltigkeit rumort eine Ruhe, deren Facetten Arcadi Volodos mit ebenso viel Farben zu gestalten weiß wie natürlich bei Sturm und Wind. (Heidemarie Klabacher, 12.8.2020)