Wiens Rechtsanwaltskammer-Präsident Michael Enzinger.

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Wien/Mattersburg – Michael Enzinger, Präsident der Rechtsanwaltskammer Wien, hat sich in einem Interview mit der "Wiener Zeitung" kritisch über die bisherige Arbeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geäußert. Sowohl bei der Verfahrensdauer als auch bei den Zuständigkeiten seien Verbesserungen notwendig, sagte er. In der Causa Commerzialbank ortet er grobes Versagen der Behörden.

Die bisherige Arbeit der WKStA sei "kein Ruhmesblatt", sagte Enzinger laut Vorabmeldung in dem Interview. Verbesserungsbedarf sieht er unter anderem bei der Verfahrensdauer. "Wenn innerhalb von zwei bis drei Jahren nicht genügend Tatsachen vorliegen, die für eine wahrscheinliche Verurteilung sprechen, muss das Verfahren eingestellt werden", fordert er. Es dürfe nicht solchen "Unsinn" wie im Buwog-Verfahren geben, wo Enzingers Ansicht nach versucht werde, im Hauptverfahren neue Sachbeweise zu finden, während im "jahrelangen Vorverfahren keine wirklichen Sachbeweise gefunden" wurden.

Enzinger für Aufteilung der Verantwortung

Auch die Verteilung der Zuständigkeiten der WKStA sieht Enzinger kritisch. Er plädiert dafür, die Verantwortung für Wirtschaftsstrafsachen und Korruptionsdelikte wieder zu trennen.

Was bei der Causa Commerzialbank passiert ist, nennt der Wiener Rechtsanwaltskammer-Präsident "sagenhaft". Seiner Meinung nach hätten alle involvierten Behörden bei der Kontrolle versagt – egal ob Nationalbank, WKStA, Abschlussprüfer, Revision oder Finanzmarktaufsicht (FMA). "Die FMA ist dort regelmäßig ein- und ausgegangen. Sie hat aber nicht bemerkt, dass der Vorstand korrupt, der Aufsichtsrat völlig ungeeignet, der Eigentümer der Commerzialbank eine Wald- und Wiesengenossenschaft und eine Inkompatibilität beim Abschlussprüfer vorhanden ist", kritisiert Enzinger. (APA, 12.8.2020)