Der 26-Jährige wurde schuldig gesprochen, im Oktober fünf Menschen ermordet zu haben.

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Der 26-jährige Angeklagte bekannte sich gleich zu Beginn der Verhandlung im Innsbrucker Schwurgerichtssaal schuldig, am 6. Oktober 2019 in Kitzbühel fünf Menschenleben ausgelöscht zu haben. In den frühen Morgenstunden dieses Tages soll er seine Ex-Freundin, deren Eltern und Bruder sowie einen weiteren im Haus anwesenden jungen Mann erschossen haben. Als Grund für die ihm zur Last gelegten Morde gab der Mann "Enttäuschung und Hass" an. Denn im Juli 2019 hatte sich seine damals 19-jährige Freundin, eines der späteren Opfer, nach mehrjähriger Beziehung von ihm getrennt.

Gutachterin Adelheid Kastner erklärte die der Tat zugrundeliegenden persönlichen Zu- und Umstände des Angeklagten. Die renommierte Expertin stellte fest, dass der Mann zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war. Auch die mittelgradige Alkoholisierung von rund 0,8 Promille habe den 26-Jährigen nicht derart beeinflusst, sodass er nicht mehr in der Lage gewesen wäre, sein Handeln abzuschätzen. "Das Funktionsniveau war klar noch gegeben", erklärte Kastner.

Angeklagter handelte geplant

Auch das Handeln des Angeklagten in der Tatnacht zeuge davon, dass er durchaus noch fähig war, logisch und zusammenhängend zu denken. Davon zeugten allein die komplexe Tatausführung und sein Verhalten danach, als er sich am Polizeiposten Kitzbühel stellte und festnehmen ließ.

Kastner kam überdies zu dem Schluss, dass die Diabeteserkrankung des 26-jährigen keinen Einfluss auf sein Verhalten in der Tatnacht hatte. Diese Einschätzung deckt sich mit dem toxikologischen Gutachten. Die Werte des Angeklagten deuteten nicht auf problematische Blutzuckerwerte hin, die eine Benommenheit oder Ähnliches bewirkt haben könnten. "Er wusste, was er tat, und er hätte auch anders handeln können", lautete Kastners eindeutiger Schluss.

Emotionale Defizite beim Beschuldigten

Zur Persönlichkeit des Mannes sagte Kastner: "Er hat kaum ein Vokabular, um emotionale Zustände zu beschreiben." Das habe er nie gelernt und denke daher in "Schwarz-Weiß-Kategorien". Dazu komme das starke Bedürfnis des 26-jährigen, irgendwo dazuzugehören, einen fixen Platz an der Seite einer Person oder in einer Gruppe zu haben. Diesen glaubte er offenbar an der Seite seiner Ex-Freundin gefunden zu haben.

Daher hielt er auch strikt an seiner Vorstellung der Beziehung zur 19-Jährigen fest, selbst nachdem diese mit ihm Schluss gemacht hatte. "Er wollte das nicht akzeptieren", so Kastner. Er bestand weiterhin auf einer "finalen Aussprache" nach seinen Vorstellungen. Seine Ex-Freundin sei dem "aus dem Weg gegangen", behauptete der Angeklagte. Dass die junge Frau ihm gegenüber mehrfach klarstellte, dass die Beziehung für sie beendet sei und sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wolle, akzeptierte er aber schlichtweg nicht. "Was ist daran nicht klar, wenn sie 'Nein' sagt?", fragte die Richterin nach. Der Angeklagte rang um Erklärungen und versuchte, sich als Opfer darzustellen.

Zurückweisungen als Auslöser

Jemand hätte ihn aufhalten sollen, bevor es zur finalen Konfrontation mit den späteren Opfern in den frühen Morgenstunden kam, bedauerte er rückwirkend. Denn dieses Aufeinandertreffen – der Mann fuhr mehrmals zum Haus der Familie und wollte seine Ex-Freundin sprechen – habe zur Tatentscheidung geführt. Die Zurückweisungen seien zu viel für ihn gewesen, erklärte er.

So habe ihn der Vater seiner Ex-Freundin zweimal weggeschickt, als er verlangte, dessen Tochter frühmorgens sehen zu wollen. Ihr Bruder – sein ehemals bester Freund – habe ihm in dieser Nacht vor dem Haus die Freundschaft aufgekündigt. Und die junge Frau selbst habe ihm eröffnet, dass sie ihn bereits mehrfach betrogen habe und nichts mehr von ihm wissen wolle.

Daraufhin habe er beschlossen, sie alle zu töten. Er fuhr zu seinem Elternhaus und holte die Tatwaffe. Der Angeklagte beschrieb seinen Zustand in dem Moment als "Tunnel". Er erinnere sich zwar an das Tatgeschehen, wollte allerdings keine Fragen dazu beantworten. Die Gerichtsmediziner zählten 16 Schüsse, die auf die Opfer abgegeben wurden. Auch nachdem der Täter nachladen musste, ließ er nicht von ihnen ab. Alle fünf starben vor Ort an ihren schweren Verletzungen.

Lebenslange Haft und Schmerzensgeld

Der Angeklagte sagte, es tue ihm leid und er hoffe auf eine zweite Chance. Die Geschworenen sprachen den Angeklagten jedoch des Mordes in fünf Fällen schuldig. Das Strafmaß beträgt lebenslänglich. Mildernd wurden sein bisher ordentlicher Lebenswandel sowie die glaubwürdige Reue und die Selbststellung bei der Polizei gewertet. Erschwerend kam hinzu, dass er fünf Tötungsdelikte mit einer Waffe begangen hat. Und die Ausführung der Taten wurde als "besonders kaltblütig" sowie "heimtückisch" gewertet. Zudem wurde der 26-Jährige zur Zahlung von Teilschmerzensgeld in Höhe eines mittleren fünfstelligen Eurobetrages verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. (Steffen Arora, 12.8.2020)