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US-Präsident Donald Trump liegt in den Umfragen akteull hinter seinem Herausforderer Joe Biden. Könnte Trump trotz Niederlage Präsident bleiben?

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Antonia Rauth: Der US-Wahlkampf nimmt dann Fahrt auf. Nach dem demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden steht nun auch die demokratische Vizepräsidentschaftskandidatin fest, und zwar die Senatorin Kamala Harris. Ein Team, das laut Umfragen gute Chancen auf einen Wahlsieg hätte. Dabei wird die Frage immer lauter: Was passiert, wenn Trump verliert? Wie Trump trotz Wahlschlappe Präsident bleiben könnte, warum der Wahlkampf einer der schmutzigsten überhaupt werden dürfte und wie sehr wir uns überhaupt auf Wahlprognosen verlassen dürfen, erklärt Manuel Escher vom STANDARD. Manuel, im Herbst wählen die USA den Präsidenten. Was sind das denn für zwei Kandidaten, die da aufeinandertreffen?

Manuel Escher: Es sind auf jeden Fall zwei sehr unterschiedliche Kandidaten. Es sind auch zwei Kandidaten, an die sich die Wählerinnen und Wähler in den USA nicht mehr besonders gewöhnen müssen. Beide sind hinlänglich bekannt. Donald Trump, Amtsinhaber und Immobilien-Tycoon, politisch weit rechts stehend, großer Freund von Twitter-Mitteilungen und der US-Präsident seit vier Jahren. Er tritt wieder für die Republikaner an. Und sein Gegner ist Joe Biden, der bereits acht Jahre lang Vizepräsident war unter Barack Obama. Der darüber hinaus seit 1973 in der bundesweiten Politik war, Senator für Delaware und einst eher am rechten Rand der Demokraten angesiedelt. Er ist außerdem zweimal schon gescheiterter Präsidentschaftskandidat, in den Jahren 1988 und 2008, da ist er immer schon in den Vorwahlen ausgeschieden. Er ist jemand, der einen durchaus tragischen Lebensweg erzählen kann mit dem Verlust von mehreren Menschen aus seiner Familie und der Politik. Er hat auch ansonsten schon vieles mitgemacht und will es jetzt im doch schon gehobenen Alter von derzeit 77 Jahren noch einmal wissen und Präsident werden.

Antonia Rauth: Joe Biden hat also schon den ein oder anderen Anlauf hinter sich, US-Präsident zu werden. Mit welchem Rezept will er denn Trump besiegen? Was ist sein Versprechen an die US-amerikanischen Wählerinnen und Wähler?

Manuel Escher: Im Grunde ist es gar nichts, was besonders ausgefallen wäre. Es geht in dem wenigen, was er derzeit verspricht, hauptsächlich darum, Normalität zurückzubringen. Ein normaler Präsident zu sein, das Amt so auszuüben, wie man es vor Donald Trump gewohnt war, berechenbar zu sein, die USA auch wieder stärker in ein internationales System zurückzuführen. Und darüber hinaus hat er allerdings in den vergangenen Wochen den Versuch gestartet, den etwas weiter links stehenden Flügel der Demokraten an sich zu binden, sodass ihm dort die Wähler nicht weglaufen. Zum Beispiel mit dem Versprechen, dass es mehr Geld für Klima-Maßnahmen geben soll, dass Steuern für Unternehmen, die Donald Trump gesenkt hat, wieder angehoben werden. Dass Steuererleichterungen für Reiche nicht weiterlaufen sollen. Mit Forderungen zum Beispiel auch im Bereich der Gesundheitsversorgung, wo er das von Obama eingeführte System Obamacare weiterführen und erweitern möchte. Auf einem Stand, der dem näher kommt als es seine Kandidaten am linken Rand in den Primaries, also in den Vorwahlen, gefordert haben, aber das nicht vollkommen erfüllen würde.

Antonia Rauth: Könnte man sagen, dass sein Versprechen vielleicht ist, dass er zwar ein bisschen langweilig wirken mag, dafür aber wieder Stabilität ins Land bringt?

Manuel Escher: Das ist ganz sicher die Essenz von dem, was er bisher im Wahlkampf präsentiert hat beziehungsweise nicht präsentiert hat. Ein Merkmal seines Wahlkampfs bisher ist ja auch, dass er quasi seit März im Keller sitzt. Was nicht zu hundert Prozent der Wahrheit entspricht – er ist schon immer wieder bei Veranstaltungen, kleineren Veranstaltungen im Umkreis seines Hauses in der Stadt Wilmington in Delaware. Aber jedenfalls ist er öffentlich wenig präsent, was zum einen an der Corona-Pandemie liegt, aber zum anderen zumindest seinen Beraterinnen und Beratern auch nicht ganz unrecht sein könnte. Deswegen, weil Joe Biden ja auch dafür bekannt ist, vor allem in den letzten Jahren, dass er manchmal zu etwas eigenartigen Äußerungen in der Öffentlichkeit neigt.

Antonia Rauth: Umso präsenter war diese Woche dafür die demokratische Vizepräsidentschaftskandidatin Kamala Harris, die seit dieser Woche feststeht. Warum wird ihr denn so viel Aufmerksamkeit geschenkt? Und wie stehen denn ihre Chancen eigentlich im Duell mit Vizepräsident Mike Pence?

Manuel Escher: Ich glaube, was die Aufmerksamkeit betrifft, sollte man nicht um den heißen Brei herumreden. Joe Biden ist 78 Jahre alt. Es ist nicht zwingend anzunehmen, dass er, so wie andere Präsidenten vor ihm, eine zweite Amtszeit im Jahr 2024 anstreben wird. Es gibt auch keine Sicherheit, dass seine Gesundheit die nächsten vier Jahre mitspielen wird. Das heißt, ihre Rolle im Weißen Haus könnte durchaus eine aktivere sein als bei früheren Vizepräsidenten. Das ist das eine. Das andere ist, sofern Biden 2024 nicht mehr antritt, ist sie natürlich auch eine Kandidatin, die als relativ wahrscheinliche Spitzenreiterin im Feld der demokratischen Bewerberinnen und Bewerber gesehen werden müsste. Das heißt, diese Auswahl ist gewissermaßen ein Blick in die Zukunft dessen, was die Demokratische Partei zu erwarten hat in den kommenden Jahren. Außerdem bietet ihre Kandidatur auch das eine oder andere Historische. Von 110 Kandidatinnen und Kandidaten, die sich seit der Einführung des aktuellen Systems, wo Präsidentschafts- und Vizepräsidentschaftskandidaten gemeinsam antreten, im Jahr 1804 beworben haben, von diesen 110 waren insgesamt mit Kamala Harris nur vier Frauen. Gewählt worden ist noch nie eine. Sie ist auch die erste schwarze Frau, die sich bewirbt um diesen Posten, und die erste Frau mit asiatischen Wurzeln. Ihre Mutter stammt aus Indien. Da gibt's einige Premierefälle, die sich in der Person Kamala Harris widerspiegeln.

Antonia Rauth: Kamala Harris kandidiert also auf demokratischer Seite als Vizepräsidentin. Der amtierende Vizepräsident Mike Pence von Donald Trump gibt sich auch noch einmal eine Wahlrunde, könnte man sagen. Was ist er denn im Vergleich zu Harris für ein Typ? Und hat sie gute Chancen gegen ihn?

Manuel Escher: Mike Pence ist zumindest sehr wahrscheinlich. Bestätigt ist das ja noch nicht. Endgültig bestätigt wird das am republikanischen Parteitag in ungefähr eineinhalb Wochen. Sofern sich Donald Trump nicht noch anders entscheidet, wozu es ein paar Gerüchte gibt, die allerdings wahrscheinlich eher nicht so ernst zu nehmen sind. Aber es ist Donald Trump, und man muss das wohl abwarten. Aber wenn Pence wieder antritt, dann ist es schon möglich, dass es eher schwer haben wird gegen Kamala Harris, in der Fernsehdebatte zum Beispiel. Harris gilt als sehr sichere Debattiererin. Pence auch, aber zugleich auch als etwas langweilig. Auch ist seine ganze Vita blass in jedem Sinne. Da gibt es sicher mehr an inspirierenden Geschichten aus der Lebensgeschichte von Kamala Harris. Auch wenn es auch an ihr einiges an Kritik gibt von der linken Seite der Demokraten. Sie war ja auch Generalstaatsanwältin, also so etwas ähnliches wie die Justizministerin des Bundesstaats Kalifornien. Da hat sie sich unter anderem auch für harte Strafen eingesetzt. Für Verbrechen, die zum Teil nicht zwingend solche sind, wo Gefängnisstrafen notwendig wären. Der Missbrauch von Marihuana zum Beispiel. Oder auch für Eltern, deren Kinder öfter bei Schulschwänzen erwischt worden sind. Da gibts auch Kritik in der jüngsten Black Lives Matter Protestwelle, weil das Strafmaß zu einem relativ guten Teil Menschen getroffen hat, die Minderheiten angehören.

Antonia Rauth: Was den kommenden Wahlkampf anbelangt, da prognostizieren jetzt bereits viele Politikexperten und Journalisten, dass es eine echte Schlammschlacht werden dürfte. Wieso eigentlich? Siehst du das auch so?

Manuel Escher: Ich sehe das auch so. Es sind ja mehr als nur die ersten Anzeichen davon auch schon zu sehen. Zum einen liegt das, muss man wohl so deutlich sagen, einfach am derzeitigen Amtsinhaber und am Politikstil von Donald Trump, für den die Schlammschlacht ein relativ unausweichlicher Teil seiner Art Politik zu machen ist. Es ist aber auch so, dass es diesmal besonders viele Emotionen gibt. Dass die Polarisierung in der amerikanischen Gesellschaft noch stärker geworden ist, als es in den vergangenen Jahren und in den vergangenen Wahlkämpfen schon war. Es ist natürlich so, dass die vier Jahre Präsidentschaft, das sollte man nicht aus den Augen verlieren, dass die vier Jahre Präsidentschaft von Donald Trump auch seine Gegner zum Teil stärker emotionalisiert haben, stärker polarisiert haben und die natürlich auch mit Methoden antreten, die man vielleicht gegen einen normalen Republikaner in der Form nicht anwenden würde. Und es geht schlicht und einfach um sehr viel. Die Frage, was vier weitere Jahre Trump-Präsidentschaft für das Land ausmachen würden, die haben sicher beide Seiten sehr deutlich vor Augen. Die Republikaner wissen, dass das ein wesentlicher Punkt wäre, um ihre Dominanz auszubauen. In der Regierung Trump gibt sich ja auch einige, die Untersuchungen fürchten für den Fall, dass Trump verliert. Nicht zuletzt der Präsident selbst. Und auch bei den Demokraten gibt's ja doch einige, die dann wirklich um die Demokratie in den USA fürchten, wenn er vier weitere Jahre Präsident bleibt. So lässt sich auch erklären, wieso dieser Wahlkampf ein ganz besonders schmutziger werden wird.

Antonia Rauth: Im Moment sieht es, muss man sagen, für die Demokraten ja gar nicht so schlecht aus, wenn man den Prognosen glaubt. Wie weit vorne liegen denn die Demokraten demnach im Moment?

Manuel Escher: Im Moment sieht es sogar sehr gut aus für die Demokraten, wenn man den Umfragen glaubt. Joe Biden liegt in einem Mittel der Umfragen so zwischen acht und neun Prozent vor Donald Trump. Auch die Demokraten liegen, dass ergibt anscheinend eine Umfrage nach Parteipräferenz, acht, neun Punkte vorne. Donald Trumps Beliebtheit ist nicht deutlich gesunken seit den Niederungen in den ersten Monaten dieses Jahres, als es um die Pandemie ging, und um die Black Lives Matter Proteste. Es sieht derzeit alles so aus, als könnten sich die Demokraten auf den Wahltag am 3. November freuen. Aber es sind natürlich auch noch mehr als 80 Tage Wahlkampf. Ein Wahlkampf, der, wie wir schon wissen, sehr schmutzig werden wird. Wo es sicherlich auch die eine oder andere Überraschung gibt, die Trump und sein Team bereit haben, sowie 2016, um die Gegner als besonders schlecht und schlimm darzustellen und sich selber damit als nicht schlechter zu präsentieren. Also, würde heute gewählt werden, wüsste ich auf wen ich wetten sollte. Wie es in 80 Tagen aussieht bleibt abzuwarten. Aber aus derzeitiger Sicht ist die Großwetterlage für die Demokraten wohl positiver.

Antonia Rauth: Man muss ja ganz ehrlich sagen, dass das vor vier Jahren im Wahlkampf gegen Hillary Clinton eigentlich auch so ausgesehen hat. Wie kann das denn eigentlich sein? Und kann das vielleicht damit zusammenhängen, dass Trump Anhänger einfach die sogenannten Systemmedien, von denen diese Prognosen ja auch ausgehen, die Meinungsinstitute, dass sie denen nicht trauen?

Manuel Escher: Ja, dazu vielleicht ein paar Punkte. Der Vergleich mit 2016 stimmt zum derzeitigen Zeitpunkt ungefähr. Hillary Clinton ist im gleichen Zeitabstand vor den Wahlen 2016 6,6 Prozentpunkte im Mittel vor Donald Trump gelegen. Joe Biden liegt jetzt ungefähr zwei Prozentpunkte besser als sie in diesem Vergleich. Aber man muss auch sehen, dass das nur eine Momentaufnahme darstellt. Es gab Umfragen aus dem Frühjahr 2016, wo Donald Trump nicht hinter Hillary Clinton gelegen ist, sondern zum Teil sogar vor ihr. In der generellen Präferenz gab es das dieses Jahr nicht. Es gab 2016 natürlich auch einen Wahlkampf, in dem sich die Medien ganz besonders auf Donald Trump konzentriert haben und ganz besonders ernst genommen haben, was er gesagt hat. Es gab 2016 auch dann vor der Wahl noch diese Mitteilungen vom FBI, dass die E-Mails von Hillary Clinton untersucht werden. Das sind Dinge, die es in dieser Form in diesem Jahr natürlich nicht nochmal geben muss. Das bleibt abzuwarten. Manches ist ja schon anders. Die Stabilität von Bidens Vorsprung ist deutlich größer als von Hillary Clintons Vorsprung 2016. Es ist nicht alles gleich. Es sind auch die Umfragen in den Swing States für Joe Biden positiver als für Hillary Clinton zum gleichen Zeitpunkt vor vier Jahren Das ist das eine. Was die Trump Wähler, die sich vielleicht in Umfragen nicht deklarieren, betrifft: die gibt's möglicherweise schon sehr wahrscheinlich, aber nicht in dem Ausmaß, dass es den Vorsprung von Joe Biden erklären würde. Auch dazu einige Punkte. Biden liegt in relativ vielen Umfragen an oder über der 50-Prozent-Marke, das war bei Hillary Clinton nicht der Fall. Es sind mehr als die Hälfte der Befragten, die sich explizit für ihn deklarieren und die sich nicht als Unentschlossene geben und dann vielleicht am Wahltag Donald Trump im Geheimen ankreuzen. Das ist ein Punkt, und es liegen auch die Demokraten in der Befragung der Parteipräferenz deutlich besser. Und da stellt sich natürlich die Frage: Jemand, der sich nicht für Donald Trump deklarieren will, der hätte sicher keine Probleme zu sagen "Ich will die Republikaner". Das ist derzeit nicht der Fall. Auch das macht einen Unterschied aus und ist wahrscheinlich ein Hinweis darauf, dass die Führung von Joe Biden schon stabiler und realistischer in den Umfragen wiedergegeben wird, als das 2016 mit der Hillary Clinton Führung der Fall war. Aber wissen werden wir es natürlich erst am Wahltag am 3. November, wenn wir es dann schon wissen. Denn ob es dann schon ein Ergebnis gibt, das ist ja nicht ganz sicher.

Antonia Rauth: Das Ergebnis ist ja überhaupt so eine Sache. Angenommen, Trump verliert die Wahl eindeutig. Worauf müssen wir uns dann gefasst machen?

Manuel Escher: Dann müssen wir uns wahrscheinlich auf sehr viele ärgerliche Tweets gefasst machen und darauf, dass sich vielleicht die einen oder anderen aus dem Lager der Republikaner abzuwenden beginnen.

Antonia Rauth: Und wenn er nicht eindeutig verliert?

Manuel Escher: Wenn er nicht eindeutig verliert, dann wird es noch einmal spannend. Dann gibts nämlich schon einige Methoden, die der Präsident wählen könnte, die zwar nicht sehr demokratisch sind, aber im Einklang mit den Gesetzen stehen, wie er möglicherweise im Amt bleiben könnte. Eine der prominentesten Methoden, die zuletzt in den Medien war, ist der Rückgriff auf den zwölften Verfassungszusatz. Da geht es darum, dass das Wahlmänner-Gremium, das am ersten Montag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember, im aktuellen Fall ist das der 14. Dezember, zusammentritt, eine Mehrheit für einen bestimmten Präsidenten und Vizepräsidenten finden muss, also eine Mehrheit von mehr als der Hälfte aller Wahlmänner. Wenn es die nicht gibt, dann geht die Entscheidung zurück ins Repräsentantenhaus. Und da entscheidet dann nicht einfach die Mehrheit der dortigen Abgeordneten, was den Demokraten helfen würde, sondern nach einem Modus, wo jeder Staat eine Stimme hat. Und da es sehr viele kleine Staaten gibt, die mehrheitlich von Republikanern im Repräsentantenhaus vertreten werden und die Demokraten vor allem aus bevölkerungsreichen Staaten kommen, wo sehr viele Demokraten einen Bundesstaat vertreten, läuft das darauf hinaus, dass es nach diesem Wahlmodus dann eine republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus gäbe. Und die könnte, wenn sie dieses Spielchen mitspielt, was natürlich nicht gesagt ist, Donald Trump dann wieder zum Präsidenten wählen. Allerdings gibts auch da einen Haken. Es könnten sich die Demokraten nämlich auch gesetzlicher, aber nicht demokratischer Mittel bedienen, weil ja die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, Demokratin ist und die hat das Recht, bestimmte Abgeordnete zu erkennen oder nicht zu erkennen. Da geht es um die Anerkennung. Und sie könnte bezweifeln, dass bestimmte Abgeordnete aus kleinen republikanischen Staaten rechtmäßig gewählt sind und die nicht anerkennen. Dann gibt es wieder eine demokratische Mehrheit, auch nach diesem Modus. Ich würde mal davon ausgehen, dass das alles eher Spielereien, Denk-Varianten sind, die jetzt vor der Wahl interessant sind, aber vielleicht nicht zwingend das sind, was ablaufen wird. Aber es kann natürlich nicht schaden, das im Hinterkopf zu behalten. Denn Donald Trump ist in diesen Belangen sicher vieles zuzutrauen, zumal eines ja schon zutrifft: Was er ganz offensichtlich wirklich macht, ist, Zweifel zu säen am Ausgang der Wahl. Dadurch, dass er behauptet, die Briefwahl, zu der wegen einer Pandemie diesmal wahrscheinlich besonders viele Wählerinnen und Wähler greifen werden, sei unsicher und fälschungsanfällig. Da hat er durchaus die Möglichkeit, tatsächlich für Chaos zu sorgen, weil die Briefe ja wenig überraschend von der Post zugestellt werden. Die ist in den USA eines von ganz wenigen staatlichen Unternehmen, deren Führung wiederum Donald Trump bestellt. Und der hat tatsächlich im vergangenen Juni einen neuen Chef der Post installiert, der bestimmte Spar-Methoden jetzt in den vergangenen Wochen eingeführt hat. Da geht es darum, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine Überstunden mehr machen dürfen, dass bestimmte Sortiermaschinen abgestellt werden. Und das kann natürlich die Zustellung von Briefen vor allem bei einer so belasteten Lage wie der Wahl dann tatsächlich verlangsamen. Und dann kann es bei einem knappen Wahlausgang natürlich dazu führen, dass es in bestimmten Bundesstaaten dann unsichere Wahlausgänge gibt, und, dass mögliche republikanische Gouverneurinnen und Gouverneure dieser Bundesstaaten dann tatsächlich sich weigern, Wahlmänner für das Gremium am 14. Dezember zu nominieren. Und dann wären zumindest die Grundlagen für genau den vorher geschilderten Fall geschaffen. [00:18:43][218.4]

Antonia Rauth: Das klingt ja wirklich, als würde Trump da auch vor, sagen wir mal, unlauteren Methoden nicht ganz zurückschrecken. Aus welchem Grund sollte er denn mit allen Mitteln an der Macht bleiben wollen? Was hat er bei einer Niederlage zu befürchten?

Manuel Escher: Der Hauptgrund liegt vor allem einfach in der Persönlichkeit von Donald Trump, der das Wort Niederlage für sich selbst nicht wirklich kennt oder zumindest nicht wirklich anerkennt. Der ja auch nicht wahrhaben will, dass die Zahl der Menschen bei seiner Angelobung vielleicht nicht die höchste aller Zeiten war und dass die US-Wirtschaft unter seiner Führung vielleicht nicht die beste seit Jahrhunderten ist und dass die Menschheit nicht mit Staunen auf die USA blickt, sondern vielleicht auch mit Kritik. Da passt natürlich in diese Persönlichkeitsstruktur, dass er nicht glaubt, eine Wahl verlieren zu können oder verloren zu haben. Das ist das eine. Zum anderen gibt es natürlich tatsächlich Untersuchungen, die sein Verhalten im Amt betreffen. Da geht es unter anderem um die Russland-Untersuchungen, die derzeit nicht laufen, weil er als Präsident nach Auslegung seiner Juristen und seines Justizministeriums weitgehende Immunität genießt. Was aber natürlich nicht heißt, dass er nach Ablauf seiner Amtszeit nicht möglicherweise Ziel von Untersuchungen werden könnte. Da geht es, wie gesagt, einerseits um Russland und andererseits geht es auch um seine Steuerangelegenheiten, die ja schon seit seinem Antreten Fokus von Untersuchungen sind. Die Staatsanwaltschaft in New York zum Beispiel ist derzeit gerade wieder aktiv. Das ist das eine. Was Leute aus dem Team von Donald Trump betrifft, da geht es natürlich auch um die Frage, inwieweit die bei möglichen illegalen Handlungen oder fragwürdigen Handlungen des Präsidenten ihm geholfen haben. Das betrifft zum Beispiel den Justizminister William Barr, dem ja auch immer wieder Verhalten am Rande des Gesetzes nachgesagt wird, unter anderem bei Begnadigungen für Freunde von Donald Trump.

Antonia Rauth: Jetzt noch einmal zurück zu der Möglichkeit, dass Trump einfach eindeutig verliert, sein Amt übergibt. Ist es realistisch, dass er sich daraufhin aus der Politik zurückzieht, oder wird der weiterhin ein Political Player bleiben?

Manuel Escher: Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich kann mir genauso wenig wie er vorstellen, wie sich Trump aus dem öffentlichen Leben und aus der Politik zurückzieht. Zugleich kann ich mir auch nicht gut vorstellen, wie er sich politisch betätigt nach einer Niederlage, als unterlegener Kandidat. Ich glaube, er wird uns wahrscheinlich schon erhalten bleiben. Er wird wahrscheinlich relativ Radau-betonte Oppositionspolitik machen und auf Twitter weiter schimpfen nehme ich an. Vielleicht wird er auch versuchen, in vier Jahren wieder anzutreten. Das ist natürlich nur möglich, sofern er dann noch das Wohlwollen der Republikanischen Partei und von den Wählern findet. Das ist wahrscheinlich eher nicht der Fall, aber doch nicht ausgeschlossen. Ich tue mir schwer, das wirklich einzuschätzen, wie ein fair unterlegener Donald Trump nach der Wahl agieren würde. Was aber sicher bleibt von ihm, unabhängig davon, ob er sich als Person betätigt, ist die Polarisierung in der Parteienlandschaft und die deutlich noch weiter nach rechts gewandte Politik der republikanischen Partei, die er hinterlässt.

Antonia Rauth: Die Polarisierung ist ein gutes Stichwort. Man muss sagen, dass Trumps Präsidentschaft das Land auf jeden Fall gespalten hat. Könnte ein Präsident Biden in den USA wieder dazu führen, dass sich die Lager etwas annähern, dass da wieder etwas mehr Frieden herrscht?

Manuel Escher: Das ist sicherlich eine Hoffnung, die viele seiner Wählerinnen und Wähler, vor allem die aus dem Zentrum, damit verbinden, wenn sie ihm ihre Stimme geben. Es ist sicherlich hilfreich, wenn der Präsident nicht vom Podium des Weißen Hauses aus Parteipolitik macht oder hart an der Grenze zum Rassismus argumentiert oder politische Gegner am liebsten ins Gefängnis werfen lassen will. Das trägt dazu bei, dass sich die Stimmung möglicherweise etwas beruhigt. Zugleich muss man sagen, dass die Republikaner natürlich in der Opposition nichts unversucht lassen werden, um die demokratische Regierung zu diskreditieren. Genauso wenig, wie die Demokraten das derzeit tun. Aber ich bin nicht ganz sicher, ob ein Präsident Joe Biden wirklich zu einer Beruhigung der Situation beitragen wird, genauso wenig, wie Präsident Obama das ja getan hat. Es wird sicher in der offiziellen Politik ruhiger werden. Es werden sicherlich die Leute, die Trump und seinen Methoden kritisch gegenüberstehen, beruhigt sein. Ich gehe persönlich nicht unbedingt davon aus, dass es nach einer Trump-Abwahl zu großen Clashs mit einzelnen seiner Anhänger kommt. Aber die Stimmung bleibt sicherlich so und anders angespannt. Was im übrigen auch gilt für den Fall, dass Trump wiedergewählt wird. Dann ist wahrscheinlich, glaube ich, eher mit großen Protesten zu rechnen. [00:23:44][86.9]

Antonia Rauth: Bis ein Präsident Trump wiedergewählt wird oder ihn ein Joe Biden ablöst steht uns auf jeden Fall noch ein sehr, sehr spannender und intensiver Wahlkampf in den USA bevor. Danke Manuel Escher für diesen Überblick.