Gemeinsam sporteln mit der Klasse – geht das wieder? Die Verunsicherung ist groß, viele Reisen sind bereits gebucht, viele auch wieder storniert.

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Kommenden Montag will der Bildungsminister präsentieren, wie der bevorstehende Schulherbst in Pandemiezeiten gelingen soll. Viele Lehrkräfte, Eltern und Kinder warten schon relativ ungeduldig auf diese Infos. Maske? Abstand? Gestaffelter Unterricht? Wieder ohne Singen und Werken? Oder wird wirklich alles so normal sein, wie es Heinz Faßmann (ÖVP) seit Wochen zu vermitteln versucht?

Ungewissheit

Und wenn tatsächlich eine Art Normalbetrieb möglich sein sollte – was wird dann mit den geplanten Schulveranstaltungen, Sprachreisen, Wintersportwochen? "Keiner weiß, was er tun soll", formuliert es eine Lehrkraft im Gespräch mit dem STANDARD. Die für Herbst geplante Reise nach Großbritannien ist seit langem gebucht. Ob sie auch angetreten wird? Wenn Familien abspringen, wird der Aufenthalt für den Rest der Klasse erheblich teurer. Von einem Gemeinschaftserlebnis bleibt dann nicht mehr viel übrig. Hinzu kommt die Verantwortung, die Lehrkräfte immer, diesmal aber ganz besonders stark für ihre Schülerinnen und Schüler verspüren. Man könne im Fall der Fälle ja nicht einfach länger bleiben. Und dann ist da noch die Frage der Kosten.

Der Stornofonds des Bildungsministeriums deckt nur jene Ausfälle, die das Schuljahr 2019/20 betreffen – beziehungsweise jene Reisen, die wegen Corona auf den Herbst verschoben wurden. Viel mehr war aus dem Ministerium in dieser Angelegenheit bisher nicht zu hören. Die allgemeine Empfehlung lautet mit Stand Anfang Juli auch auf der Website des Ressorts immer noch: "Grundsätzlich" seien Schulveranstaltungen auch im Schuljahr 2020/21 "möglich", allerdings – "aus heutiger Sicht" und mit "Vorsicht".

Absagen über Absagen

Nicht nur an den Schulen sorgt die Unverbindlichkeit dieser Empfehlungen für Irritationen. "In der Abteilung Europareisen haben wir im Herbst 100 Prozent Stornierungen", klagt Bernd Seidl, einer der großen Schulreiseveranstalter des Landes. Dann haben noch alle bayrischen Schulen – normalerweise Fixstarter in der westösterreichischen Wintersaison – abgesagt. Jetzt würden "nach und nach" die österreichischen Schulen folgen, klagt Herr Seidl und wundert sich: "Wenn die ganze Nation verreisen darf, warum soll das nicht auch für tausende Schülerinnen und Schüler gelten?" Noch dazu wo sie innerhalb ihrer Kohorten unter strengsten HygieneStandards unterwegs wären.

Wie Schulreisen und Corona zusammengehen können, sei aktuell etwa bei den Sommercamps zu sehen, mit denen man zumindest einen Teil der auf Jugendtourismus spezialisierten Betriebe am Laufen halte, sagt Herr Seidl.

Urlaub ja, Klassenfahrt nein? Auch das Ministerium erkennt Handlungsbedarf.
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In der Praxis kann das dann so aussehen: Schon bei der Anreise wird den Kindern Fieber gemessen, Abstandsregeln und Händewaschen seien für die meisten bereits selbstverständlich. Bei einem Ausflug in die Umgebung muss der Mundschutz rauf, berichtet Maria Kirchner, die ein Jugendgästehaus im Salzburger Eben im Pongau betreibt. Tägliche Temperaturkontrollen gehören zum Aufenthalt in ihrem Haus derzeit ebenso dazu wie Lagerfeuerabende oder Raftingtouren. Und Frau Kirchner weiß: Nicht nur ihr Haus sei ganz wesentlich vom Schultourismus abhängig – "da hängen so viele Betriebe dran, vom Skiverleih bis zum Busunternehmen!" Beide Tourismusvertreter verstehen, dass die Situation schwierig und in ständiger Bewegung ist. Sowohl Reiseveranstalter Seidl als auch Hoteliersfrau Kirchner wünschen sich aber "endlich eine klare Ansage" seitens der Politik, dass solche Schulveranstaltungen – zumindest im Inland – nach wie vor erwünscht sind. "Derzeit sterben wir leise vor uns hin", ärgert sich Seidl.

Arbeiten am Stornofonds

Offenbar weiß man aber auch im Bildungsministerium von der Problematik. Viele Schulen reservieren gerade in der Wintersaison über Jahre im Voraus. Und da mehren sich auch auf dem Wiener Minoritenplatz die Anfragen bezüglich Stornokosten. Auf Nachfrage des STANDARD heißt es, man sei "bemüht, hier eine gesetzliche Änderung herbeizuführen", was bedeutet: Der Stornofonds soll ausgeweitet werden. Nähere Details dazu – wo es hakt, wie weit die gesetzliche Grundlage dafür bereits gediehen ist – bleibt das Ministerium vorerst aber schuldig.

In spätestens drei Wochen werden sich Lehrerinnen und Lehrer mit diversen Elternfragen zum Thema herumschlagen müssen. (Karin Riss, 14.8.2020)