Bahnhöfe und Bushaltestellen auf dem Land sind oft verwaist. Jahrzehntelange Zersiedlung hat die Entfernungen zu stark anwachsen lassen.

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Manchmal scheint es, als würde die Zukunft der Mobilität am Land vorüberziehen. In Wien werden neue U-Bahn-Linien gebaut, Pop-up-Radwege und Begegnungszonen eröffnet. Carsharing-Anbieter, Scooter- und Fahrradverleiher kommen und verschwinden wieder.

Und auf dem Land? Dort hat der Autoverkehr weiter zugenommen.

In den vergangenen Jahren ist der Motorisierungsgrad, also die Anzahl von Pkws pro Einwohner, stetig gestiegen. Die Schere zwischen Stadt und Land geht immer weiter auseinander: Während in Wien immer weniger Autos auf 1000 Einwohner kommen und der Motorisierungsgrad in anderen großen Städten fast konstant bleibt, gibt es in allen anderen Gebieten immer mehr Autos pro Kopf. Je peripherer der Bezirk, desto mehr Zuwächse gab es in den vergangenen Jahren.

Auch in der Forschung konzentrieren sich viele lieber auf die Mobilität in der Stadt, wie Fabian Sandholzer vom Forschungsbereich für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik bestätigt. Die Ausgangssituation sei auf dem Land anders – und viel komplizierter. Weil die Wege weiter sind, ist Förderung von aktiver Mobilität, also Gehen und Radfahren, herausfordernder.

Der Raumordnungspolitik bittere Früchte

Was den öffentlichen Verkehr angeht, so "erntet man die Früchte jahrzehntelanger Verkehrs- und Raumordnungspolitik", so Sandholzer – und diese sind bitter. Ortskerne sind vielfach ausgestorben. Im Burgenland waren 1997 etwa nur drei Gemeinden ohne Nahversorger, 2018 waren es schon 70. Parallel dazu wurde in vielen ländlichen Gebieten der öffentliche Verkehr ausgedünnt.

Im Westen Österreichs sei die Lage noch besser, da sich die Einwohner in den Tälern konzentrieren, wo man sie einfacher mit einer einzelnen Bahnstrecke abholen kann. Der flache Osten hingegen ist zersiedelter, was die Verkehrsplanung zu einem komplexen Unterfangen macht. Das 1-2-3-Ticket, das schon 2021 kommen soll, würde vielen Regionen wohl nicht viel bringen. Denn selbst drei Euro pro Tag sind zu viel für einen Zug, der zuletzt vor zehn Jahren gefahren ist.

Sind mehr Zug- und Buslinien die Lösung für das Mobilitätsdilemma auf dem Land? Nur bedingt, sagen viele Experten. Die Hauptachsen müssen zwar gut ausgebaut sein, dort, wo sich Linienbusse nicht rentieren, soll die öffentliche Mikromobilität einsetzen. Anstatt fast leere Busse verkehren zu lassen, fahren Kleinfahrzeuge Menschen nach Bedarf und bringen sie zu Knotenpunkten.

Einmal zum Mitnehmen, bitte

Mobility as a Service geht noch einen Schritt weiter. Anstatt einzelne Tickets zu buchen, kauft man Mobilität als Dienstleistung. In der Regel passiert das über eine App, nach Eingabe von Start- und Zielort berechnet ein Algorithmus den schnellsten, günstigsten oder umweltschonendsten Weg mit mehreren Verkehrsmitteln – von Bus und Zug bis Leihrad und Taxi.

Das kann bis zu einer Mobilitäts-Flatrate gehen, bei der für einen fixen monatlichen Betrag die gesamte persönliche Mobilität abgedeckt wird. Der Anbieter Whim bietet für den Großraum Helsinki etwa ein Abo für knapp 500 Euro pro Monat an, bei dem nicht nur Öffi-Tickets, sondern auch alle Fahrten mit Taxi, Mietwagen und E-Scooter inkludiert sind. Billig ist das nicht. Für den ländlichen Raum gibt es solche All-inclusive-Lösungen zudem noch nicht flächendeckend.

Günstiger könnten solche Angebote in Zukunft mithilfe von autonomen Fahrzeugen werden. Diese tun sich im dichten Stadtverkehr noch schwer und könnten sich zuerst auf dem Land etablieren. Spätestens dann müsse man aufpassen, dass sich bedarfsorientierter und Linienverkehr nicht kannibalisieren. Dann würde erst recht wieder jeder alleine im Auto sitzen – nur eben auf der Rückbank.