Die Schadenssumme rund um die Commerzialbank Mattersburg soll bei etwa 700 Millionen Euro liegen.

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Einen Monat nach dem Auffliegen des Bilanzfälschungsskandals bei der Commerzialbank Mattersburg steht Ex-Bankchef Martin Pucher auch vor dem Privatkonkurs. Das berichteten am Freitag mehrere Medien. Puchers Anwalt Norbert Wess geht demnach davon aus, dass ein Strafprozess gegen den ehemaligen Bankvorstand in vier Jahren beginnen könnte.

Dass Pucher sich persönlich bereichert habe, schließt er seinem Anwalt zufolge aus. Auch größere Zuwendungen an Parteien soll es nicht gegeben haben. Laut Medienberichten soll das Jahresgehalt des Ex-Bankchefs zuletzt brutto rund 350.000 Euro betragen haben. Auch mit seinem privaten Geld habe Pucher den SV Mattersburg unterstützt.

Bilanzfälschung sei 1992

Landesrat Christian Illedits (SPÖ), der wegen der Annahme eines Goldgeschenks des SV Mattersburg im Wert von heute 5.400 Euro Anfang August zurücktrat, war laut Zeitungsberichten nicht der Einzige, der ein solches Geschenk angenommen hat. Zahlreiche Bürgermeister sollen im Lauf der Jahre Goldpräsente erhalten haben, Namen seien nicht genannt worden, hieß es in den Medien. Weitere Rücktritte seien aber nicht ausgeschlossen.

Wie schon mehrfach berichtet, sollen die Bilanzfälschungen schon 1992 begonnen haben, als die Commerzialbank noch zu Raiffeisen gehörte. Ursache sei damals der Ergebnisdruck gewesen. Bereits im Jahr 2000 soll Pucher vermutet haben, dass die Bank insolvent sei. Zwischen acht und zwölf Prozent der Schadenssumme sollen in den SV Mattersburg geflossen sein und mehr als die Hälfte in die Bank, um das System am Laufen zu halten.

Mehrfache Prüfungen

Millionen – rund 30 Prozent der geschätzten Schadenssumme von insgesamt knapp 700 Millionen Euro – sollen auch in notleidende Kredite geflossen sein. Diese habe Pucher nahezu unbegrenzt aufgestockt, damit er sie in der Bilanz nicht wertberichtigen musste. Für Gewinne, die es nie gegeben hat, hat die Bank auch jahrelang Steuern gezahlt. Diese könnten nun zumindest für die vergangenen fünf Jahre von der Republik zurückgefordert werden, so Puchers Anwalt laut Medienberichten.

Die Commerzialbank wurde in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach geprüft: Allein im Zeitraum von 1994 bis 1998 sollen es zumindest drei Prüfungen gewesen sein. Eine weitere im Jahr 2015 habe sich über mehrere Monate erstreckt. Weitere Prüfungen habe es 2017 und schließlich heuer gegeben.

Dass Pucher selbst in Problemen steckt, sei ihm schon lange vor Auffliegen des Skandals bewusst gewesen, heißt es in den Medienberichten. In den vergangenen 25 Jahren habe er keine Nacht ruhig geschlafen, so Puchers Anwalt. Von den Malversationen habe außer Pucher lediglich eine weitere Mitarbeiterin, die zuletzt Co-Vorständin war, gewusst. Pucher selbst habe mit einem Computer nicht umgehen können, berichteten Zeitungen. (APA, 14.8.2020)