Laut der Arge Daten werden Betriebe, Unternehmen und Organisationen selbst aktiv und bringen Corona-Formulare in Umlauf.

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Die Arge Daten kritisiert einen Wildwuchs an Datenblättern wegen der Corona-Situation im österreichischen Tourismus. Das führe zu "hysterischen Aktivitäten". Konkret geht es um die Erfassung von personenbezogenen Daten von Urlaubern – etwa über frühere Reisedestinationen sowie den Gesundheitszustand. Als Negativbeispiel wurde am Freitag ein Formular des steirischen Vulkanlandes "zerpflückt".

Kritik an Verordnungen der Regierung

Als Ursache der vielen unterschiedlichen Formulare erkennt die Arge Daten die "dubiosen Verordnungen" der Regierung, die keinen rechtlichen Mindeststandards entsprächen. Betriebe, Unternehmen und Organisationen würden daher selbst aktiv werden und Corona-Formulare in Umlauf bringen. "Uns erreichen immer mehr Anfragen verunsicherter Bürger, wie sie sich angesichts derartiger – auf gut Wienerisch – Käsezettel verhalten sollen", sagte Arge-Obmann Hans Zeger am Freitag. Immer mehr Bürger würden sich durch derartige Formulare in ihren Grundrechten verletzt fühlen, fürchteten die unkontrollierte Preisgabe sensibler Daten und fühlten sich genötigt oder erpresst.

Fragwürdige Datenerhebung und Einverständniserklärung

Daher habe die Arge Daten einige dieser Formulare geprüft. Die Ergebnisse seien "ernüchternd bis katastrophal". Als Negativbeispiel wurde das Formular "Qualitätsoffensive 'G'sund im Thermen- und Vulkanland'" des örtlichen Tourismusverbands genannt. Sechs "Problemzonen" seien dabei erkannt worden: Gefragt werde nach früheren Reisen und Vermutungen des Betroffenen, ob es sich um "gefährliche" Gebiete handelte. Das sei ein unzulässiger Eingriff in die Reisefreiheit. "Welche früheren Reisen gemacht wurden, geht niemanden etwas an."

Gefragt werde weiters nach Kontakten zu anderen Personen aus "bedenklichen" Ländern. Das stelle einen unzulässigen Eingriff in das Familienleben dar. Drittens werde nach Symptomen und Quarantäne gefragt. Das sei ein unzulässiger Versuch, gesundheitsbezogene Daten zu erheben und offenbar auch zu interpretieren. Das sei ausschließlich ausgebildeten Gesundheitsmitarbeitern vorbehalten.

Weiters wird in dem steirischen Formular die Erklärung verlangt, gesetzliche Bestimmungen zu Covid-19 einzuhalten. Das sei eine "völlig sinnlose Nona-Frage", kritisiert die Arge Daten. Jeder Bürger müsse sowieso alle gesetzlichen Bestimmungen einhalten. Und wolle er das nicht, werde ihn ein Corona-Zettel nicht davon abhalten. Weiters wird von den Urlaubern eine Erklärung verlangt, allen Anweisungen des Betriebs zu folgen. Das sei unsinnig, "da selbstverständlich rechtswidrigen Anweisungen nicht gefolgt werden muss". Da sollte ein Betrieb höchstens vor dem Vertragsabschluss eine Hausordnung vorlegen.

DSGVO-Verstöße

Der letzte Kritikpunkt betrifft den Vermerk auf dem Formular: "Alle DSGVO-Bestimmungen werden eingehalten." Das sei ein "offensichtlicher Hohn dem Betroffenen gegenüber. Das Formular enthalte zahllose DSGVO-Verstöße, unter anderem fehle die verbindliche Angabe, wer der Verantwortliche ist, welche Auskunfts- und Informationsrechte bestehen, was mit den Daten tatsächlich geschieht, wie lange sie aufbewahrt werden, an wen sie weitergeleitet werden und wer die Ansprechstelle für Beschwerden sei. Das Formular selbst sei DSGVO-widrig, die Datenschutzbehörde müsse in derartigen Fällen eine Strafe im Sinne der DSGVO aussprechen. Die Behörde könne bei Missachtung der Informations- und Aufklärungspflichten eine Strafe von bis zu zehn Millionen Euro oder zwei Prozent des Jahresumsatzes verhängen, hieß es.

Die Arge Daten rät dringend, solche Formulare aus dem Verkehr zu ziehen. "Hier maßt sich eine private Stelle an, behördliche Aufgaben zu übernehmen, ohne Kompetenz und Auftrag, mit dem Versuch einer offensichtlich rechtswidrigen Datenerhebung." Es bestehe die Gefahr, dass die Daten in falsche Hände gelangen. "Auch wenn bei den meisten dieser Corona-Zettel nicht böse Absicht anzunehmen ist, sondern bloß Dummheit, Hysterie und Unkenntnis, wären selbst geringe Strafen ein wesentlicher Beitrag zur grundrechtlichen Gesundheit dieses Landes", fordert Zeger.

"Wir haben aus gutem Gewissen gehandelt"

Mario Gruber, Geschäftsführer der Thermenland Süd- und Oststeiermark Marketing GmbH, erklärte auf APA-Nachfrage, dass das Formular noch vor der Wiedereröffnung der Hotellerie von einem Betrieb aufgesetzt worden sei. Man habe dann das Logo des Tourismusverbands daraufgesetzt und den anderen auch zur Verfügung gestellt. Doch lediglich zwei Betriebe hätten es tatsächlich an Gäste verteilt. "Wir nehmen die Kritik zur Kenntnis und werden das entsprechend abändern. Es ging uns aber hauptsächlich um die Sicherheit für Mitarbeiter und andere Gäste sowie um die Nachvollziehbarkeit." Damals habe es eine große Unsicherheit gegeben, welche Probleme man mit den Behörden bekommen könnte, wenn man die Daten nicht hat, sagte Gruber.

Er merkte aber auch an, dass die Bezirke des Tourismusverbands derzeit "Corona-frei" seien und Daten in anderen Regionen und Ländern bei Betrieben abgegeben werden müssten. Außerdem betonte er, dass das Formular stets freiwillig auszufüllen gewesen sei und man auch bei einer Weigerung im Hotel oder Betrieb habe bleiben dürfen. "Man kann halt alles zerreißen, aber wir haben in gutem Gewissen gehandelt." (APA, 14.8.2020)