Linda Manz ist tot. Als Cebe wurde sie in Dennis Hoppers Film "Out Of The Blue" zur Kultfigur.

Foto: Mark Champion

Den Filmtitel lieh Dennis Hopper sich bei einem Neil Young-Song aus. Was Hopper noch nicht ahnte: das Lied weissagte gewissermaßen die Karriere seiner Hauptdarstellerin Linda Manz. "Out of the Blue" hieß Hoppers 1980 erschienener Film, in dem Manz eindrucksvoll den rebellischen Teenager Cebe spielte. Verletzlich und aggressiv stemmte sie sich gegen ihr Schicksal, dem sie sich am Ende mit einem lauten Knall ergab. Einen ihrer wütenden Monologe sampelte die britische Band Primal Scream für ihren Song "Kill All Hippies".

Nach nur wenigen Rollen verschwand Manz "into the black", ganz so, wie Young sein Lied weiter singt. Am Freitag ist Linda Manz nun gestorben, dem Lungenkrebs und einer Lungenentzündung soll sie erlegen sein. Linda Manz wurde 58 Jahre alt.

"Days Of Heaven"

Für Filmfreaks war Manz eine fast mythische Figur, der Schauspielerin Chloë Sevigny ein Vorbild: "Ich drehe lieber wie sie zwei, drei tolle Filme und lebe dann im Trailer Park, als 30 bescheuerte Filme zu drehen", sagte Sevigny einmal.

Manz wurde 1961 als Tochter einer Putzfrau in New York geboren. 1978 gab sie ihre Debüt im großen Saal. Neben Brooke Adams, Richard Gere und Sam Shephard spielte sie Linda in Terrence Malicks bildgewaltigen Südstaaten-Drama "Days Of Heaven".

Foto: Mark Champion

Zwei Jahre später erkor Hopper sie für "Out Of The Blue" als Hauptdarstellerin. "Out of the Blue" ist eine triste Ballade aus dem US-amerikanischen Hinterland zur Zeitenwende: Elvis ist tot, Punk brüllt gerade mit vollen Windeln gegen die Welt an – in diesem Setting wird Cebe zum Teenager. Sie ist ein Außenseiter und liebt niemanden außer den King und findet im Punk kurz ein Ventil.

Ein großer Knall

Ihre Mutter (Sharon Farrell) kellnert in einem Diner, ihr Vater (Dennis Hopper) sitzt im Gefängnis: er hat mit seinem Truck einen voll besetzten Schulbus gerammt. Als er endlich heimkommt, wird alles noch schlechter statt besser. Hopper ist eine persona non grata und arbeitet fortan am Mistplatz. Zu Neil Youngs "Trasher" zieht er von zausenden Möwen verfolgt seine Runden mit einer Art Caterpillar.

Alte Freunde tauchen auf, Drogen liegen am Wohnzimmertisch, ungesunde Beziehungen und Missbrauch in der Luft. Daddy und seine Freunde erweisen sich als Arschlöcher. Statt Geborgenheit bricht noch mehr Mist über Cebe herein, am Ende fliegt alles in die Luft, auch sie selbst.

Der Trailer von "Out Of The Blue".
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Hoppers Arbeit gilt als Kultfilm, im Vorjahr gab es eine von Sevigny initiierte Sammlung, um ihn zu restaurieren. Die Generation Punk verliebte sich in Manz als trotzig-renitente Identifikationsfigur – doch die, kaum 20, wandte sich vom Filmbusiness ab. Erst der Underground-Filmer Harmony Korine entriss sie für sein 1997 erschienenes Drama "Gummo" dem Vergessen.

Leonard Yakir

Aufgedunsen und wenig vorteilhaft gekleidet, spielt sie die Mutter der Hauptfigur Solomon. Ebenfalls 1997 war sie in einer kleinen Rolle von David Finchers Blockbuster "The Game" mit Michael Douglas und Sean Penn zu sehen – dann verschwand sie wieder.

Doku geplant

Manz soll damals schon im Trailer Park gewohnt haben. Am Abstellgleis so vieler vom American Dream Vergessener. Dort war sie dreifache Mutter, hatte geheiratet und hieß Linda Guthrie. Vor zwei Jahren verlor sie einen Sohn bei einem Motorradunfall.

Auf Youtube gibt es einige Schnipsel von ihr und ihrer Familie: Ihre Wirklichkeit schien nicht weit von Hoppers Fiktion zu liegen. Gerüchten zufolge soll eine Doku über ihr Leben in Planung gewesen sein. Sollte das stimmen, wird Linda Manz' letzter Kinoauftritt posthum stattfinden. Davon abgesehen ist ihr schmales Erbe immer noch eine Entdeckung. (Karl Fluch, 15.8.2020)