Unter den wetterfesten Jacken stecken Frauen: "Maiden" begleitet ein weibliches Segelteam von 1989.

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Der Erwartungsdruck ist ihr ins Gesicht geschrieben. Dabei soll sie nur sagen: "Ich bin Tracey Edwards, Skipperin von Maiden, der ersten rein weiblichen Crew, die am Whitbread Round the World Race teilnimmt."

Doch sie muss immer wieder abbrechen. "Lächle!", ruft ihr der Interviewer zu, bis "Das ist mein Lächeln!" aus ihr herausschießt. 1989 nimmt Edwards mit ihrer Crew an der fünften Segelregatta um die Welt teil und scheitert – trotz gegenteiliger Prophezeiungen – nicht. Zu riskant ist ihr Vorhaben für potenzielle Sponsoren, Edwards steckt ihr gesamtes Privatvermögen in den Kauf eines Secondhand-Bootes. Ihr Schiff Maiden wird zum Sinnbild feministischer Befreiung, auch oder vor allem wegen des Wissens der Frauen um ihre Inszenierung. Das kommt auch Regisseur Alex Holmes dreißig Jahre nach dem Wettbewerb zugute.

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Denn Maiden ist ein dokumentarisches, bis zur letzten Minute spannendes Abenteuerdrama, das zur Gänze aus Archivmaterial und aktuellen Interviewsequenzen mit Zeitzeugen besteht. Vor einem TiefseeWeltall-blauen Hintergrund platziert, wirken die Befragten wie aus Raum und Zeit gefallen – die Thematik ist zeitlos aktuell.

Auf eine TV-übliche Erzählerstimme oder erklärende Inserts verzichtet Holmes. Er schneidet gemeinsam mit seiner Cutterin Katie Bryer die Archivbilder so, dass diese wie Erinnerungsbilder aus den Kopfkinos der Befragten erscheinen.

Die weibliche Mannschaft meldete sich 1989 freiwillig, eine Kamera mit an Bord zu nehmen, um den Trip zu dokumentieren. Im Gegensatz zu ihren männliche Kontrahenten steckten sie in dieses Vorhaben viel Vorbereitungszeit und schickten etwa ihre Köchin und Kamerafrau Jo Gooding in einen Filmkurs.

Kameras an Bord

Außerdem war Maiden das einzige Schiff mit zwei Kameras – ebenfalls eine Idee der Frauen: Für den Fall, dass alle Hände an Bord gebraucht werden, wurde die Kameras an Deck befestigt und mittels Notfallknopf aktiviert. So entstanden jene spektakulären Bilder, die Holmes’ Film den richtigen Abenteuercharakter verleihen. Auch wusste die Crew um das wachsende mediale Interesse und verstand es, sich beim Einlaufen nach jeder Etappe gekonnt – zum Beispiel in Badeanzügen – in Szene zu setzen.

Dazu gesellt Holmes alte Interview-Beiträge, die das Umschwenken der öffentlichen Meinung von anfänglichem Belächeln hin zu feministischer Begeisterung zeigen und Maiden, wenn schon nicht als tatsächlichen, umso mehr als ideellen Gewinner des Rennens feiern. (Katharina Stöger, 20.8.2020)