Die Doku "Die Wiese" auf Arte hat ein Anliegen.

Foto: nautilusfilm

Nur schauerliche Wälder und wilde Sümpfe hier in Germanien, wie Tacitus meinte? Von wegen. Die Trockenwiese ist ein Herzstück der Landschaften. Oder vielmehr: Sie war es, wird es bald gewesen sein, mit ihren rund einer Million Individuen – von ganz klein bis recht groß – pro Hektar. Güllewirtschaft und industrialisierter Ackerbau bringen diesen Lebensraum näher und näher an das Verschwinden. Was da eigentlich alles miteinander und symbiotisch füreinander lebt, bringt Regisseur Jan Haft meisterlich nahe: Man ist ganz nah dabei beim Schlüpfen der Mäusebussarde. Wird Teil des Wiesenbocksbartes und seiner Pusteblumen. Fliegt mit der Langhornbiene in die Blüte. Lockt mit dem Wiesensalbei Bestäuber an und schaut der Feldgrille ins Auge, in die Wohnhöhle und beim Paaren auf Augenhöhe zu. Verfolgt die Meise, wie sie für ihr Nest das Winterfell des Rehs sammelt. Dieses wiederum hat gerade seine Zwillingskitze zur Welt gebracht und beleckt sie. Alles ist in voller Pracht, bis wetzende Messer und schweres Gerät auffahren. Da möchte man gerne wegsehen.

Aber es ist nun einmal so: Wird vor Juni gemäht, ist alles hin. Wird entwässert, beackert, gedüngt und legt sich die Wolke aus Ammoniak über die Wiese, dann singt, zirpt und wächst es nicht mehr. Scheinbar lässt sich zwischen moderner Landwirtschaft und dem Wunder Wiese, eigentlich Ort der größten Artenvielfalt, kein Miteinander finden. Oder doch? Die Doku hat ein Anliegen. Kampagnisiert nicht, zeigt aber, worum es geht. Bestes Lernmaterial zum Bewusstmachen. (Karin Bauer, 20.8.2020)