Das neue Coronavirus verursachte nur deshalb eine Pandemie, weil die Verbreitung durch Reisen ermöglicht wurde.

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In der gesamten Corona-Pandemie pendelt die Stimmung zwischen zwei Polen. Auf der einen Seite steht die Vernunft. Fakt ist: Das neue Coronavirus verursachte nur deshalb eine Pandemie, weil sehr viele Leute reisen und es so verbreitet haben. Auf der anderen Seite steht ein emotionales Wertesystem, das bestimmt, was zu den schönen Dingen im Leben zählt. Dazu gehört nun einmal der Urlaub am Meer, gehören Feiern, Partys und Treffen mit Freunden.

Daraus ergibt sich ein unauflösbarer Widerspruch, das aktuelle Dilemma für die Politik. Den Leuten den Sommerurlaub verbieten? Sie bei aus dem Boden gestampften Grenzkontrollen verhören und ihnen die Einreise erschweren? Oder sie gar bestrafen? Das ist weder moralisch noch logistisch durchführbar.

Deshalb setzt die Bundesregierung viele kleine Schritte, die Reisen beschwerlich machen. Gesundheitsminister Rudolf Anschober appelliert vor allem an junge Urlauber, sich "zusammenzureißen", Kanzler Sebastian Kurz warnt vor der zweiten Welle, und Innenminister Karl Nehammer macht Grenzübergänge mühsam. Oben drauf sollen schon bald alle ihre PCR-Tests selbst zahlen müssen. Es sind Drohgebärden, die den Leuten das Reisen vergällen sollen. Das ist wenig erfreulich, aber leider faktenbasiert, denn auch Reisewarnungen gibt es ja erst bei begründetem Verdacht. Der einzige Ausweg, damit das Land besser in den Herbst startet: sich selbst zur Vernunft verdonnern. Das fühlt sich besser an als Verordnungen. (Karin Pollack, 19.8.2020)