Eine Wissenschafterin als gottgleiche Schöpferin: Jessica Schwarz spielt in "Biohackers" die skrupellose Professorin Tanja Lorenz.

Foto: Netflix

Mia (Luna Wedler) macht sich an Lorenz' Assistenten Jasper (Adrian Julius Tillmann) ran.

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Wussten Sie, dass man eine TV-Serie in der DNA haben kann? Für die neue deutsche Netflix-Serie Biohackers, die erste Staffel mit sechs Folgen ist ab Donnerstag abrufbar, tritt der Streamingdienst den Beweis an. Wissenschafter kodierten die erste Episode und lagerten diesen binären Code in synthetische DNA ein. Diese künstlich erzeugten DNA-Stränge können dann wieder ausgelesen werden, aber freilich nur von jenen Nerds, die über die entsprechende Ausrüstung verfügen. Klingt kompliziert? Ist es auch.

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Dieser doch recht aufwendige Marketinggag zeigte schon im Vorfeld, wie wichtig diese deutsche Original-Serie für Netflix ist. Nach den Erfolgen der Mysteryproduktion Dark und der Comedy How to Sell Drugs Online (Fast) gilt es, das deutsche und auch internationale Publikum bei Laune und vor dem Schirm zu halten.

Verschoben wegen Corona

In einer der ersten Szenen von Biohackers kippen die Fahrgäste eines Zuges plötzlich um, liegen bewusstlos in den Gängen. Es sind Bilder wie diese, die Netflix veranlassten, den Start der Serie von April in den August zu verschieben. Im Frühling, zu Beginn der Corona-Pandemie, hätte diese Sequenz auf manche Zuschauer verstörend wirken können, sagen die Macher.

Dass die Serie erst jetzt zu sehen ist, ist für Netflix kein Fehler. Durch Corona, den Wettlauf um einen Impfstoff und die Suche nach wirksamen Medikamenten sind Diskussionen um den medizinischen Fortschritt und auch Fragen nach den Grenzen der Wissenschaft in einer breiteren Öffentlichkeit angekommen. Und um solche Grenzen geht es auch in Biohackers. Im Mittelpunkt stehen hier jedoch keine Viren, sondern genetische Krankheiten und synthetische Biologie.

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Wie weit dürfen Genexperimente gehen, und wer entscheidet, wann und warum solche Eingriffe am menschlichen Erbgut erlaubt sind? Diese Fragen nach Moral und Ethik in der Medizin verhandelt Showrunner, Autor und Regisseur Christian Ditter (Türkisch für Anfänger, Doctor’s Diary) anhand der beiden Protagonistinnen Tanja Lorenz (Jessica Schwarz) und Mia Akerlund (Luna Wedler).

Professorin gegen Studentin

Schwarz (Romy, Das Parfum) spielt die ehrgeizige Professorin Tanja Lorenz, sie gilt als eine echte Koryphäe auf dem Gebiet der synthetischen Biologie. "Wir machen Gott obsolet", sagt sie in ihrer Vorlesung und macht damit klar, wie sie sich sieht und von anderen gesehen werden will. Von den Studierenden fordert sie, nicht schon vorhandenes Wissen zu reproduzieren, sondern neue Wege zu gehen. Um eben etwas ganz Großes für die Menschheit zu leisten. Und natürlich auch, um ihre Karriere voranzutreiben. Weil sie an der Uni keine legalen Möglichkeiten für ihre Forschung sieht, pfuscht sie in ihrem Privatlabor an Genen herum.

Ihr gegenüber steht mit Mia Akerlund die kluge Studentin, die rasch die Aufmerksamkeit von Professorin Lorenz auf sich ziehen kann. Schon bald aber wird klar: Mia geht es nicht um einen brillanten Abschluss oder darum, in Lorenz’ Fußstapfen zu treten. Sie treibt etwas anderes an. Sie will den Tod ihres Zwillingsbruders rächen, der als Kind Opfer von Genmanipulation wurde. Dafür sind ihr viele Mittel recht, auch eine halbherzige Liebschaft mit Lorenz’ Assistenten Jasper.

Kurze Häppchen

Showrunner Ditter legt die Serie als rasanten, schrillen, zum Teil auch unterhaltsamen Krimi mit sechs rund 40-Minuten-Häppchen an, die wenig Zeit für Tiefgang lassen. Die Handlung wirkt allzu konstruiert, wenig glaubwürdig sind etwa die Nerds aus Mias Studenten-WG, dort pflanzt sich Mitbewohner Ole Magneten unter die Haut, um Follower auf Social Media zu generieren, Chen-Lu wiederum steht auf fluoreszierende Pflanzen.

Die Serie stellt aktuelle und spannende Fragen, wer Antworten erwartet, wird enttäuscht werden. (Astrid Ebenführer, 20.8.2020)