Angela Merkel war der erste deutsche Gast auf der Festung Brégançon seit 35 Jahren.

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Bregancon/Berlin – Deutschland und Frankreich wollen im Streit zwischen den Nato-Partnern Griechenland und Türkei gemeinsam schlichten. Das betonten Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag nach einem Treffen in Bregancon. Dazu wolle man wie auch bei anderen außenpolitischen Krisen enger zusammenarbeiten, betonten beide Politiker. Sowohl Merkel als auch Macron räumten ein, dass dies etwa bei Streit zwischen Griechenland und der Türkei um Gasexplorationen im Mittelmeer bisher nicht immer der Fall gewesen sei. So hatte es in Berlin Verärgerung darüber gegeben, dass Frankreich ohne Absprache einen Flottenverband zur Unterstützung des EU-Landes Griechenland ins östliche Mittelmeer geschickt hatte. Zuvor hatte Merkel versucht, in dem Konflikt zu vermitteln.

"Wir brauchen dort Stabilität und nicht Spannungen", sagte die Kanzlerin. "Wir haben dort eine sehr kritische Situation." Macron betonte, die EU müsse die Souveränität ihrer Mitgliedstaaten schützen. Frankreich und Deutschland arbeiteten dabei nun zusammen. Beide Länder müssten ihre Fähigkeiten "komplementär" einsetzen und hätten dasselbe Ziel. Macron stellte sich ausdrücklich hinter eine deutsche Vermittlung in dem Konflikt.

Erstes Treffen nach Finanzgipfel

Die Nato-Mitglieder Griechenland und Türkei erheben beide Ansprüche auf Seegebiete im östlichen Mittelmeer, in denen Öl- und Gasvorkommen vermutet werden. Die EU hat die Türkei aufgefordert, Bohrungen in den umstrittenen Gewässern zu stoppen. Kürzlich waren offenbar zwei Kriegsschiffe Griechenlands und der Türkei in der Region kollidiert. Das schürte die Sorge vor einer kriegerischen Auseinandersetzung. Für Irritationen in Berlin sorgte zuletzt, dass Frankreich ein Kriegsschiff in die Region entsandt hatte.

Merkel und Macron hatten sich erstmals seit dem Durchbruch auf den EU-Finanzgipfel vor der Sommerpause getroffen und wollten auf einer ganzen Reihe von Feldern die deutsch-französischen Positionen absprechen. Die Kanzlerin betonte, dass man nun den Kompromiss zu den künftigen EU-Finanzen auch umsetzen müsse. Macron betonte die nötige "Souveränität" Europas auch gegenüber Mächten wie China. Merkel appellierte an mehr Einheit der EU, weil sie nur dann stark sei. "Die EU muss als geopolitischer Akteur auftreten", forderte sie. "Hier haben wir noch sehr viel zu tun", fügte Merkel in Anspielung auf die deutsch-französischen Differenzen im Türkei-Griechenland-Konflikt hinzu.

Mangelnde Dialogbereitschaft in Belarus

Merkel warf außerdem dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko mangelnde Dialogbereitschaft vor. "Präsident Lukaschenko hat bis jetzt mit niemandem telefoniert", sagte Merkel. Die Kanzlerin wie Macron riefen Lukaschenko mit Nachdruck zu einer diplomatischen Lösung der Krise in Belarus (Weißrussland) auf. Nötig sei nun ein "inklusiver Dialog in dem Land", sagte Merkel weiter. Dieser könne etwa unter Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geführt werden, der auch Russland angehört. Macron betonte, Russlands Präsident Wladimir Putin habe sich "zustimmend" zu einer solchen Vermittlung geäußert.

In Belarus gehen seit der umstrittenen Präsidentenwahl täglich tausende Menschen auf die Straße und fordern Lukaschenkos Rücktritt. Die Sicherheitskräfte gingen brutal gegen Demonstranten vor. Zudem leitete die Justiz strafrechtliche Ermittlungen gegen die Opposition ein.

Erster deutscher Gast nach Helmut Kohl

Merkel und Macron verurteilten bei ihrem Treffen in Südfrankreich zudem den Militärputsch in Mali. Der französische Präsident kündigte einen fortgesetzten "Kampf gegen Terroristen" in der Sahelzone an. Frankreich hat in Mali mehr als 5000 Soldaten stationiert, Deutschland ist mit rund 1000 Soldaten und Bundespolizisten im Rahmen von Missionen der UNO und der EU präsent.

Merkel war der erste deutsche Gast auf der Festung Brégançon seit 35 Jahren. Zuletzt war dort 1985 Kanzler Helmut Kohl (CDU) auf Einladung von Staatschef François Mitterrand zu Gast. Merkel sagte, damals habe sie "in der DDR gelebt und mir nicht träumen lassen, dass ich eines Tages hier sein werde". (Reuters, APA, red, 20.8.2020)