Foto: apa/dpa/skolimowska

Wien – Im Vorjahr hat die Polizei in Österreich 123.888 Lenker beim Handy-Telefonieren am Steuer erwischt – rund 340 pro Tag. Das sind viermal so viele wie Alko-Lenker (30.930). Die Zahl der Delikte wegen Telefonierens mit einem Handy am Steuer ohne Freisprecheinrichtung ist zum dritten Mal gestiegen, berichtete der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) unter Berufung auf Zahlen des Innenministeriums.

Im Vergleich zu 2018 gab es 8.418 Anzeigen mehr. Wer mit dem Handy am Ohr telefoniert, reagiert so schlecht wie ein Alko-Lenker mit 0,8 Promille, warnte der VCÖ. Wer während des Lenkens eine SMS oder ein E-Mail schreibt, ist bis zu zwei Sekunden im Blindflug unterwegs, das Unfallrisiko steigt bis zum 23-Fachen. Der VCÖ fordert die Aufnahme von Handy am Steuer ins Vormerksystem sowie verstärkte Kontrollen, insbesondere in Ortsgebieten.

50 Euro Strafe

Mobiltelefone dürfen von Autolenkern nur mit Freisprecheinrichtung verwendet werden, außer sie werden als Navi benützt; doch auch in diesem Fall ist nur Ablesen erlaubt. Dasselbe gilt für Rad- und Rollerfahrer. Wer ohne Freisprecheinrichtung erwischt wird, muss ein Organmandat von 50 Euro an Ort und Stelle bezahlen. Verstoßen Fahranfänger gegen das Verbot, müssen sie eine Nachschulung absolvieren, und ihre Probezeit wird um ein Jahr verlängert.

Im Vorjahr wurde laut VCÖ im Schnitt alle vier Minuten ein Lenker oder eine Lenkerin beim verbotenen Handy-Telefonieren am Steuer erwischt. Die tatsächliche Anzahl der Vergehen sei um ein Vielfaches höher. Eine Erhebung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) hat ergeben, dass Österreichs Autofahrer allein an einem Tag mehrere Hunderttausend Telefonate ohne Freisprecheinrichtung führen. Wie viele Vergehen geahndet werden, hängt vor allem von der Kontrolldichte ab.

"Handy am Steuer ist kein Kavaliersdelikt, sondern erhöht massiv das Unfallrisiko", sagte VCÖ-Sprecher Christian Gratzer. Handy-telefonierende Autofahrer reagierten etwa um eine halbe Sekunde später. Im Straßenverkehr, wo oft ein Bruchteil einer Sekunde darüber entscheidet, ob es zu einem Unfall kommt oder nicht, könne das fatale Folgen haben.

Strafmaß in anderen Ländern deutlich höher

In anderen Staaten Europas sind die Strafen für Handy am Steuer um ein Vielfaches höher. In Italien beträgt die Mindeststrafe 165 Euro, in Spanien und Dänemark jeweils 200 Euro, in Großbritannien umgerechnet 235 Euro, in den Niederlanden 240 Euro. In vielen Staaten ist Handy am Steuer auch ein Delikt im Punkteführerschein bzw. Vormerksystem.

Die meisten Handy-Vergehen wurden 2019 in Wien mit 26.613 und Niederösterreich mit 23.927 geahndet. In der Steiermark waren es 22.105, in Oberösterreich 16.247. In Tirol wurden im Vorjahr insgesamt 12.207 Lenker beim Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung erwischt, in Salzburg waren es 8.175 und in Kärnten 7.036. In Vorarlberg ahndete die Exekutive 3.924 Verstöße und im Burgenland 3.627. (APA, 21.08.2020)