Bammm! Oida! – Im ersten Moment hab ich mich selber geschreckt. Ganz gemütlich bin ich von Wien mit dem elektrisch angetriebenen Mini nach Hause ins Burgenland gezuckelt. Es war viel Verkehr, meine Motivation war im Keller, und auf den ersten Kilometern in einem E-Auto habe ich sowieso immer ein Aug auf der Reichweitenanzeige, während der Fuß das Fahrpedal nur sanft berührt. Daheim angekommen ging es mir besser. Die freien Kapazitäten der Gedanken waren schon mit Freizeitaktivitäten beschäftigt. Ach ja, einen Weg hab ich noch, fiel mir ein – hätte ich fast vergessen, jetzt aber schnell –, fuhr daheim vorbei, und am Ortsende passierte es. Ich bin das erste Mal unbedacht, dem Diktat der Uhr folgend, aufs Gaspedal gelatscht. Bammm! Wie eine – sicher wohlverdiente – Tachtel bekam ich eine auf den Hinterkopf. Oida! Ja, ich bin nicht sehr wortgewaltig, nicht einmal privat und allein im Auto. Die Beschleunigung des Mini hat mich so überrascht, dass es meinen Kopf nach hinten riss und ich auf der Kopfstütze anschlug.

Schaut aus wie ein Mini, nur noch ein bisserl bunter, ist auch ein Mini, nur rein elektrisch angetrieben. Und es gibt ihn vorerst nur als Dreitürer.
Foto: Guido Gluschitsch

Die Überraschung war gelungen. Sie war dann aber nicht schockierend, so, dass ich sofort wieder vom Gas gegangen wäre. Ich blieb einfach drauf. Schockstarre kann es aber auch keine gewesen sein. Weil die Mundwinkel haben sich schon bewegt. Nicht nur nach hinten. Auch nach oben. Kurz darauf kam der Moment der Ernüchterung.

Der Elektro-Mini

Eh klar. Der Mini Cooper SE ist ja ein E-Auto. Logisch, dass er gut beschleunigt. Drehmoment ohne Ende, das dafür sofort und vom Stand weg. Und kurze Zeit kann man so einen E-Antrieb ja ordentlich überlasten, ohne dass einem die Akkus gleich um die Ohren fliegen oder die Kabel einem wie Heizdrähte den Hintern wärmen. 135 kW oder, umgerechnet in Kronen, 184 PS vermag der Antrieb zu leisten. Das Drehmoment von 270 Newtonmeter liegt quasi permanent an. So macht auch das Beschleunigen eines 1.440 Kilogramm schweren Minis Spaß.

Cooper S steht am Heck, und beim vollausgestatteten Testwagen haben wir keine schnöden Lichter, sondern ein bisserl Brit-Pop-Disco.
Foto: Guido Gluschitsch

Dabei, die schieren Beschleunigungswerte lesen sich doch gar nicht so wild. Null auf hundert in 7,3 Sekunden – da simma schon Wilderes gefahren. Bei 150 km/h ist überhaupt Schluss. Dass man in einem E-Auto sitzt, vergisst man beim Umabummeln nur allzu leicht. Vielleicht hilft dabei, dass man sich in einem bekannten Inertialsystem befindet – einem Mini Cooper. Den kennen wir ja auch schon, da braucht man keine Einschulung. Alles wie gewohnt. Mag schon sein, dass einen das so einlullt, dass man komplett drauf vergisst, dass der Wagen nicht nach und nach beschleunigt, bis eben der Turbo in Schwung ist und die ideale Drehzahl anliegt, sondern eben, bammm, alle 270 Newtonmeter Hand in Hand mit den 135 kW über die Vorderräder in die Freiheit wollen.

Was den Innenraum angeht, ist alles sehr vertraut, von der Menüführung und der Bedienung des Infotainments bis hin um Schaltruder.
Foto: Guido Gluschitsch

Punkt- vor Strichrechnung

So weit, so gut. Ein Punkt für die E-Mobilität in puncto Fahrspaß. Der macht aber die Minuspunkte in der Kurvenfahrt nicht wieder gut. Das hohe Gewicht der Akkus ist zwar meist, wie auch hier, schwerpunktgünstig im Boden und Mitteltunnel untergebracht. Damit der Fahrkomfort aber nicht leidet, sind die Federn gern ein bisserl weicher ausgelegt, was dazu führt, dass jede motiviert gefahrene Kurve wie ein gerade noch verhinderter Unfall aussieht.

Die lange Links, die zumacht

Weil jetzt Vorurteile das Leben zwar viel einfacher machen, aber in meiner bescheidenen Welt dennoch geprüft werden wollen, ich eh grad beim Beschleunigen war und vor mir eine gut bekannte, langgezogene Linkskurve wie gewohnt die Gegend verschandelt, blieb ich einfach drauf. Die Kurve hat es in sich. Nicht nur, dass sie ein wenig nach außen hängt, macht sie auch noch zu. Und was macht der Mini? Der zirkelt da durch, als wäre er ein John Cooper Works in der Sport-plus-Einstellung. Nicht die Tachtel beim Beschleunigen, aber das Kurvenverhalten hat mich dann doch vor lauter Respekt vom Gas gehen lassen. Wosissndes? Gibtsdenndes? Kannnetsein!

... wie ein Gokart

Nur zwei Ortschaften weiter gibt es ein gefinkeltes Bergstraßerl. Das ist jetzt kein Mörderumweg für mich, aber eine echte Herausforderung für den Wagen. Wenn er dort besteht, dann werde ich nie, nie, nie wieder ein böses Wort über einen Mini verlieren – ja, das eine oder andere Mal hab ich mich über das Werbeblabla lustig gemacht, das besagt, dass ein Mini wie ein Gokart zu fahren wäre. Das kann nur behaupten, wer noch nie in einem Kart saß, das ja bekanntlich über eine starre Hinterachse ohne Differential angetrieben wird. Würde ein normales Auto so bockig um eine Kurve fahren, könnte der Hersteller zusperren, so schnell laufen die Kunden weg, wenn sie nicht eh zuvor die Kosten für zerbröselte Antriebsachsen umbringen. Jedenfalls ...

So schaut der Mini Cooper SE übrigens von hinten aus, bevor ich mich auch bei den Fotos in unwichtigen Details verliere ...
Foto: Guido Gluschitsch

Ich rüber und rauf auf den Berg. Sagen wir so: Sollte Mini heimlich den Innenraum seiner Presseautos abhören, hätten die jetzt ganze Festplatten voll mit akustischen Beweisen, welch ein einfach gestrickter Doddl ich bin. Während mir in einer Mischung aus Wienerisch, Steirisch und Italienisch die schlimmsten Worte aus dem Mund entwichen, die letzten Endes nur meine Be- und Verwunderung ausdrücken sollten, ließ der Mini nicht einmal ein Quietscherl von sich hören. Keine Ahnung, wo die da den mechanischen Grip hergenommen und in den Mini gebaut haben, dass der sich mit seinen Reifen so kompromiss- und lautlos in den Boden frisst. Und dann ist mir am Ende der Sonderprüfung noch ein Oida ausgekommen. Diesmal aber ziemlich grantig.

Der Innenraum ist bekannt, wenn man einen aktuellen – und top ausgestatteten – Mini kennt.
Foto: Guido Gluschitsch

Das Gschäft, in das ich vor der Bergetappe noch schnell wollte, hat inzwischen geschlossen. Das hab ich elender Autodepp wieder komplett vergessen. Wie auch auf die Reichweite zu schauen. Puh, da ist jetzt ordentlich Magie aus den Akkus verschwunden.

Genießt man die fahrdynamischen Vorzüge des Mini, geht die Reichweite rasch runter, fährt man halbwegs gescheit, sind auch ohne Kunststücke 200 Kilometer und mehr mit einer Ladung drinnen.
Foto: Guido Gluschitsch

235 bis 270 Kilometer – je nach Ausstattung –, gibt Mini an, reicht eine Akkuladung. Keine Überraschung, im Sonderprüfungsmodus tut sie das nicht. Aber Überraschung: Selbst beim Pendeln zwischen Eisenstadt und Wien – und da ist ordentlich viel Autobahn dabei, die ja nicht der Lieblingsspielplatz der E-Autos ist – kam ich auf 200 bis 240 Kilometer – je nach Verkehr und Autobahn-Tempo. Damit kam ich also weiter, als der Normwert angibt, denn jede Wette, der vollausgestattete Test-Mini mit Glaspanoramadach, Head-up-Display und allem anderen Pipapo, ist jener mit der geringsten Reichweite im Zyklus. Dafür kostet er aber auch statt der 32.950 Euro, die Mini für das Einstiegsmodell abruft, 42.550 Euro. Meine Armut kotzt mich zwar an, aber während des Testzeitraums mag ich das ganz gut vergessen und merke:

Den ganzen Kofferraum hat schon eine Kollegin oder ein Kollege von einem anderen Medium schonungslos benutzt, sehen wir beim genauen Hinschauen.
Foto: Guido Gluschitsch

Die Reichweite würde also locker reichen, um zweimal von Eisenstadt nach Wien und wieder zurück zu pendeln. Das ist mehr als häufig genug für mich. Die hundert, hundertzwanzig Kilometer, so ich noch einen Abstecher am Weg nach Hause machen muss, sind daheim an der Haushaltssteckdose schneller drinnen, als die Nacht lang ist. Weil ich aber auch in der Redaktion in Wien laden kann, war der Mini nur nach der Bergrunde ein einziges Mal weniger als halbvoll. Größer müssten die Akkus also wirklich nicht sein – das würde nur noch mehr Geld kosten, heftiger auf die Waage drücken und nix bringen.

Sagen wir so – auch wenn das jetzt in meiner Position eine Gratwanderung ist –, der Mini Cooper SE hat mir gehörig den Kopf verdreht. Um über 40.000 Euro wird er aber dennoch nicht so schnell bei mir in der Garage stehen können.
Foto: Guido Gluschitsch

Jajaja, Langstrecke. Dafür ist der Wagen genauso wenig gebaut wie ein moderner Diesel-SUV für die Überfahrt nach Sardinien. Aber der Mini kann es wenigstens. Von leer auf 80 Prozent ist er an der Schnellladestation mit 50 kW in etwas mehr als einer halben Stunde geladen.

Furios Female

Geladen war auch die schönste Ehefrau der Welt, als ich ohne die neue Errungenschaft aus dem geschlossenen Geschäft heimgekommen bin. Aber bei weitem nicht so sehr wie am nächsten Tag in der Früh, an dem wir gemeinsam aufbrachen, um die Besorgung nachzuholen, bei der Ortsausfahrt. Bammmm! "Oida!" (Guido Gluschitsch, 24.8.2020)

Das Head-up-Display ist die beste Erfindung der Autobauer in den letzten Jahren. Das vom Mini ist beim Losfahren sogar freundlich und stellt sich vor.
Foto: Guido Gluschitsch