Die Teilnehmer an dem Pilotprojekt sollen drei Jahre lang jeweils 1.200 Euro monatlich erhalten.

Foto: imago images / imagebroker

Berlin – Mehr als eine Million Menschen in Deutschland haben sich um die Teilnahme an einem Pilotprojekt für ein bedingungsloses Grundeinkommen beworben. Das teilte der private Verein "Mein Grundeinkommen" am Freitag in Berlin mit. Strikt gegen die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens stellte sich der SPD-Kanzlerkandidat und Finanzminister Olaf Scholz.

Die Bewerberzahl von einer Million wurde dem Verein zufolge in weniger als drei Tagen nach der Veröffentlichung des Aufrufs überschritten. "Das Ziel in drei Monaten zu erreichen, schien vorgestern fast unmöglich. Nun haben die BewerberInnen das in 70 Stunden geschafft. Wir sind überwältigt", erklärte der Initiator Michael Bohmeyer.

Drei Jahre lang 1.200 Euro monatlich

Für das Pilotprojekt waren bisher 120 Teilnehmer vorgesehen. Die große Zahl von Bewerbungen wurde angestrebt, um eine möglichst breite Auswahl nach wissenschaftlichen Kriterien vornehmen zu können. Bohmeyer zufolge soll die Teilnehmerzahl nun aber nach Möglichkeit erhöht werden. Bewerbungen blieben wie geplant bis zum 10. November möglich.

Die Teilnehmer an dem Pilotprojekt sollen drei Jahre lang jeweils 1.200 Euro monatlich erhalten, ohne dass dies an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist. Sie müssen dem Verein zufolge keine Bedürftigkeit belegen und können unbegrenzt Geld hinzuverdienen, sofern sie dies wollen. Der gezahlte Betrag orientiert sich demnach an der Armutsgefährdungsgrenze. Er liegt demnach oberhalb der Schwelle, ab der die Möglichkeiten zur Lebenshaltung und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben eingeschränkt sind.

Scholz gegen bedingungsloses Grundeinkommen

Finanziert wird die Aktion durch Spenden von mehr als 140.000 Privatpersonen. An der wissenschaftlichen Begleitung sind neben dem DIW auch das Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern sowie die Universität Köln beteiligt. Die Auszahlungen sollen im Frühjahr 2021 beginnen. Für die Ausweitung der Teilnehmerzahl rief der Verein zu Spenden auf.

Scholz sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Freitag, er habe die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens schon immer für falsch gehalten. Dadurch würden viele Errungenschaften des Sozialstaates wie die Pensions- oder die Arbeitslosenversicherung gefährdet, warnte der Finanzminister.

Mindestlohn statt Grundeinkommen

"Das wäre Neoliberalismus", sagte der SPD-Kanzlerkandidat weiter. Auch sei ein solches Vorhaben, wenn "fair und richtig" gerechnet werde, unbezahlbar. Scholz forderte stattdessen einen höheren Mindestlohn. Ohne eine entsprechende Vereinbarung würde er nach der Bundestagswahl 2021 keinen Koalitionsvertrag unterzeichnen, kündigte er an.

Konkret nannte Scholz einen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde "dringend erforderlich". Derzeit gebe es in Deutschland viele Jobs, "in denen jene, die schwere körperliche Arbeit leisten, nicht fair bezahlt werden". Die Mindestlohnkommission hatte Anfang Juli eine Anhebung von derzeit 9,35 Euro auf 10,45 Euro in vier Stufen bis zum Jahr 2022 empfohlen.

Für ein bedingungsloses Grundeinkommen plädierte auf Twitter erneut Linken-Chefin Katja Kipping. Sie verwies auf das Konzept ihrer Partei dafür, mit dem sich Armut ohne "Stigmatisierungen und Diskriminierungen" bekämpfen lasse. (APA, 21.8.2020)