? Die Straches narren seit Monaten die Öffentlichkeit oder versuchen es zumindest, und sie haben damit nirgends größeren Erfolg als bei Fellner.

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Die Regierung kann aufatmen: endlich Licht am Ende des dunklen Corona-Tunnels, endlich weist ihr jemand den Weg, und "Österreich" hat dieses Licht unter dem Scheffel hervorgeholt: Die Politik-Legende Erwin Pröll will mit seinem Buch erreichen, dass wir nicht nur von einer besseren Welt nach Corona träumen, sondern dafür auch etwas tun. Und diesmal soll es dabei nicht um den Schatz im Silbersee gehen. Und es ist auch nicht so, dass Erwin Pröll ein Buch geschrieben hätte, er hat eines organisiert. Schuld ist eigentlich Goethe. In den ersten Wochen der Pandemie bin ich auf ein Goethe-Wort gestoßen: "Warum hofft der Mensch nur in der Nähe? Da muss er handeln und sich helfen. In die Ferne soll er hoffen ..." Da ist mir eingefallen, dass wir ja im unmittelbaren Handeln ganz gut sind, und bin zur Überlegung gekommen, dass wir uns von diesem Handeln nicht den Blick nach vorne verstellen lassen dürfen, sondern der Hoffnung eine Chance und dem Denken eine Zukunft geben muss (sic).

Und wie schon Goethe: Ich habe ja ein großes Netzwerk an Menschen, und weil Pröll sich von diesem Handeln nicht den Blick nach vorne verstellen lässt, schrieb er 29 Personen an, und alle waren bereit, das, was sie in dieser Zeit spüren, was sie denken und welche Visionen sie entwickeln, niederzuschreiben. Wer würde sich verweigern, wenn ein Pröll in sein Netzwerk greift?

Er wollte dieses Buch machen, denn im Vorausdenken sind wir immer groß und im Umsetzen dann meistens ziemlich klein. Ein paar Sätze zuvor hatte es noch geheißen, dass wir im unmittelbaren Handeln ganz gut sind, uns aber von diesem Handeln nicht den Blick nach vorne verstellen lassen dürfen. Irgendetwas wird er schon gemeint haben, und den Rest wird das Buch erklären. Was haben wir applaudiert, als man plötzlich keine Flugzeuge mehr am Himmel gesehen hat, die Autos auf den Straßen weniger wurden und auch die Luft besser. Kaum geht das wieder zurück, lassen wir uns wieder in den alten Trott zurückfallen. Und nicht nur das: Wir schieben der AUA auch noch Millionen hinein! Darin sehe ich eine große Gefahr.

Und offenbar auch in der Politik seiner Partei. Wir müssen unseren Materialismus korrigieren. Ich habe das mit dem Weg vom "Weiter-schneller-höher", hin zum "Herzlicher-menschlicher-sozialer" umschrieben. Das wird mit Sebastian Kurz nur schwer zu machen sein, aber vielleicht wird er ja nach der Lektüre des Pröll’schen Vermächtnisses ein anderer Mensch. Vorausgesetzt, er liest. Was zu hoffen wäre, denn, wie Pröll warnt: Wir dürfen nicht in den alten Vor-Corona-Trott zurückfallen. Was mit diesem gemeint ist, bleibt leider offen – die rot-schwarze oder die türkis-freiheitliche Koalition?

Einer, der auf jeden Fall im alten Vor-Corona-Trott mitgetrottet ist und darunter leidet, nicht mehr mittrotten zu dürfen, hat "Österreich" jetzt ernstlich verärgert. Da räumt man ihm mehr Platz als jede andere Zeitung ein, lässt ihn mit jeder noch so dümmlichen Volte seines Privatlebens zu Wort und Bild kommen – und was ist der Dank? Für wie blöd will uns Strache verkaufen?, giftelte Mittwoch eine Kolumnistin des Blattes. Dabei ist es doch umgekehrt: "Österreich" will mit Straches Blödheiten Zeitungen verkaufen (verschenken).

Heinz-Christian Strache darf also in Wien antreten. Dafür hat er bereitwillig – immer in Opferpose – berichtet, dass seine Frau Philippa und er getrennt seien. Und wer hat – immer in Journalistenpose – immer bereitwilligst berichtet, was Strache berichtete? Wer hat neulich sogar von einem Krebsalarm berichtet, der angeblich – Anfang des Jahres – gegeben wurde? Die Straches narren seit Monaten die Öffentlichkeit oder versuchen es zumindest, und sie haben damit nirgends größeren Erfolg als bei Fellner.

Aber der hat jetzt genug von ihm – bis zum nächsten Strache-Aufmacher. Straches Antreten in Wien gerät freilich so und so zur Farce. Ein Tingeln als arme kleine Familie, die von denen "da oben in der Politik" oder von den ach so bösen Medien "gejagt" würden (sic), kann er sich abschminken. Für wie blöd – nach Ibiza, Spesen, jenseitige Kandidaten und Wohnsitzfarce – hält uns Strache?

Den gespielten Schmerz, von Strache für blöd gehalten zu werden, kann sich "Österreich" in Opferpose abschminken. Zumal ein Ende der Farce abzusehen ist, berichtet das Blatt doch nebenstehend, Philippa habe bei ihrer Einvernahme laut Protokoll angegeben, dass die Ehe zwischen den beiden "hoffnungslos zerrüttet" sei. Das berechtigt doch zu den schönsten Hoffnungen. (Günter Traxler, 23.8.2020)