Das Umfragenhoch für Kanzler Sebastian Kurz ist vorläufig zu Ende.

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Linz – "Wenn Sie an die nächsten Monate denken, was erwarten Sie sich? Sehen Sie der nahen Zukunft mit Optimismus und Zuversicht oder eher mit Skepsis bzw. Pessimismus entgegen?"

Darauf antworten derzeit nur 35 Prozent der Befragten, dass sie optimistisch sind. Das ist der niedrigste Wert, den das Linzer Market-Institut in einer eineinhalb Jahrzehnte zurückreichenden Umfrageserie für den STANDARD gemessen hat – in den Jahren 2006 bis 2010 wurden Werte zwischen 69 bis 77 Prozent gemessen, die Optimismuskurve sank dann im Herbst des von der Flüchtlingskrise geprägten Jahres 2015 auf 50 Prozent und pendelte sich in den Jahren danach rund um diesen Wert ein.

Im Mai 2019 (da gab es die Regierungskrise wegen des Ibiza-Videos) erfolgte einmal ein Einbruch auf 39 Prozent, aber bis zum heurigen Februar hatte sich der Wert wieder auf 50 Prozent erholt. Mit dem Corona-Lockdown kam dann ein markanter Rückgang, erst auf 40 Prozent im April, dann auf 38 im Juni und jetzt auf die erwähnten 35 Prozent.

Ebenso viele neutral wie optimistisch

"Das heißt nicht, dass alle übrigen Befragten Pessimisten wären. Ausdrücklich pessimistisch äußern sich nur 28 Prozent, der Rest kann sich nicht entscheiden", erklärt Market-Institutsleiter David Pfarrhofer. Allerdings seien auch die 28 Prozent ein relativ hoher Wert, der bisher nur einmal, im heurigen April, erreicht worden ist. Typischerweise sind zwischen 17 und 22 Prozent der Befragten erklärte Pessimisten, der Anteil ist nun deutlich gestiegen.

Diese Tendenz zeigte sich auch in einer Studie der Donau-Universität, die im Frühjahr 2020 die psychischen Folgen der Corona-Krise analysiert hat und eine Vervierfachung der Symptome für Depressionen feststellen konnte: Im Mai zeigten 20 Prozent der Bevölkerung entsprechende Krankheitssymptome.

In der Market-Umfrage geht es dagegen um den Zusammenhang von Politik und grundsätzlicher Lebenseinstellung. Und da zeigt ein Blick in die Tabellen, dass nur die ÖVP-Wähler mit eindeutigem Optimismus in den Herbst gehen.

Auch die großstädtische Bevölkerung ist relativ optimistisch; die Bewohner mittelgroßer Gemeinden sind dagegen besonders pessimistisch. Und die Wähler der Freiheitlichen, die sich während der FPÖ-Regierungsbeteiligung ins Lager der weder optimistischen noch pessimistischen Befragten bewegt hatten, sind nun wieder mit großer Mehrheit Pessimisten.

Kritik an der Regierung

Was die August-Umfrage ebenfalls zeigt: Die während der härtesten Zeit der Corona-Bekämpfung extrem hohen Umfragewerte für die Regierung sind einer gewissen Normalität gewichen, Kritik an Sebastian Kurz und seinem Team inklusive.

Das Schwinden des Optimismus geht mit schlechteren Noten für die Regierung aus ÖVP und Grünen einher. Noch zu Ostern, während des Lockdowns, benoteten 26 Prozent der Befragten die türkis-grüne Regierung mit "Sehr gut", nur zwei Prozent gaben einen Fünfer.

Jetzt aber überwiegen die "Nicht genügend" mit zehn Prozent die acht Prozent, die ein "Sehr gut" geben. 38 Prozent geben der Regierung aktuell einen Zweier, 27 Prozent einen Dreier und 14 Prozent einen Vierer. Die Durchschnittsnote ist damit von 2,17 im April auf 2,8 im August gefallen. Auffallend ist, dass ÖVP-Wähler der Regierung mehr als dreimal so oft einen Einser geben wie Grün-Wähler.

Die Frage, ob eine Koalition aus ÖVP und Grünen positiv oder negativ für Österreich sei, beantworten 54 Prozent mit "positiv", 30 Prozent mit "negativ". Das entspricht etwa den Werten, die im letzten Herbst während der Regierungsverhandlungen gemessen wurden. Im April aber hatten 72 Prozent die türkis-grüne Regierung positiv bewertet und nur zwölf Prozent eine negative Einschätzung abgegeben.

Normalität in der Sonntagsfrage

Auch in der Sonntags- und der Kanzlerfrage ist Normalität eingekehrt:

· Die ÖVP führt weiterhin deutlich, hat aber über den Sommer drei Prozentpunkte verloren und liegt jetzt bei 41 Prozent. Parteichef und Bundeskanzler Sebastian Kurz, der bei einer Direktwahl rund um Ostern noch 52 Prozent der Stimmen erreicht hätte, käme derzeit auf 37 Prozent, was dem Wert im Februar (vor der Corona-Krise) entspricht.

· Die SPÖ liegt (wie bei der Wahl 2019) bei 21 Prozent, Pamela Rendi-Wagner, die Vorsitzende, würden 14 Prozent direkt wählen wollen.

· Die Grünen sind mit 16 Prozent etwas über dem Wert der letzten Wahl (13,9), Vizekanzler Werner Kogler würden zehn Prozent zum Kanzler wählen.

· Für die FPÖ weist die Hochrechnung 14 Prozent aus, für Parteichef Norbert Hofer direkt sind es neun.

· Die Neos kommen auf sieben Prozent, Parteichefin Beate Meinl-Reisinger auf fünf.

(Conrad Seidl, 24.8.2020)