Aus Teil 4: Auch die US-amerikanischen Hersteller wie Ford oder General Motors wissen mittlerweile um die Bedeutung von alternativen Antrieben und Innovationen.

Bei Volvo macht sich zunehmend der Einfluss des chinesischen Eigentümers Geely bemerkbar, Stichwort Polestar. Hinsichtlich der Öko-Strategie wurde im vergangenen Herbst Nachhaltigkeit zum zweiten Kernwert der Marke erhoben, laut Volvo gehen die Ambitionen damit weit über eine reine Elektrifizierungsstrategie hinaus. Bei den Fahrzeugen soll dabei bis 2025 die Hälfte des Absatzes auf vollelektrische Automobile entfallen, weiters werden sämtliche Produktionsstätten auf CO2-neutrale Produktion umgestellt sein, ein Viertel der in den Autos verbauten Materialien aus recyceltem Kunststoff stammen und die CO2-Emissionen in der Lieferkette um 25 Prozent reduziert sein. Klar definierte Perspektive: 2040 soll Volvo ein klimaneutrales Unternehmen sein.

Bei der Elektrifizierung der Fahrzeugpalette machen die Schweden rasche Fortschritte. Lag der Prozentsatz elektrifizierter Volvos heuer im Frühjahr bei 54 Prozent, so erhöht sich der Anteil bis Jahresende auf 91. Damit ist praktisch die gesamte Produktpalette elektrifiziert, und zwar teils mildhybrid (48V), teils Plug-in-Hybrid, wobei in jeder Baureihe mindestens ein Plug-in angeboten wird, in manchen sogar deren zweie. Mit dem XC40 Recharge P8 startet gegen Jahreswechsel der erste vollelektrische Volvo, in Österreich darf er im Frühjahr 2021 an die Steckdose. Bis 2025 folgen vier weitere E-Volvo.

Plug-in-Hybrid V60 T6 Twin Engine: ein Beispiel dafür, wie Volvo die Elektrifizierung vorantreibt.
Foto: Guido Gluschitsch

Bei den Plattformen setzt man auf die Lösung für stückzahlschwache Hersteller, gemeinsame Architekturen für verbrennungsmotorische und batterieelektrische Fahrzeuge also. Die kleine, gemeinsam mit Geely entwickelte Plattform für die 40er-Modelle ist dabei bereits auch für reine Elektrofahrzeuge ausgelegt, die größere, noch in Volvo-Eigenregie entwickelte (SPA1; Scalable Product Architecture) für die 60er und 90er noch nicht. Das wird 2022 mit der SPA2 anders, und die kann dann auch Strom pur.

Damit zu den deutschen Herstellern, die wir uns am besten in alphabetischer Reihenfolge ansehen. BMW sorgte 2013 mit dem i3 gleich doppelt für Furore. Erster Elektro-BMW, erste CFK-Karosserie in Großserie. Durch die neuen, reichweitenstärkeren Batterien erlebt er gerade einen zweiten Frühling, das Konzept – CFK in der hier vorliegenden Anwendungsform, eigenständige technische Basis – ist aber passé.

Da sich, wie bereits erwähnt, reine Elektroplattformen nach Muster MEB nur bei riesigen Stückzahlen rentieren, geht der bayerische Premiumhersteller einen anderen Weg und setzt auf einen hochflexiblen Zukunftsbaukasten, auf dem je nach Nachfrage verbrennungsmotorische, Plug-in-Hybride und batterieelektrische Fahrzeuge entstehen. Sogar von der Wasserstoff-Brennstoffzelle ist wieder die Rede, die Technik ist abgeleitet aus der Kooperation mit Toyota, eine erste Kleinserie ist für 2022 angekündigt: X5 i Hydrogen Next, ab 2025 sind größere Stückzahlen angedacht

Mit i Hydrogen Next zeigt BMW, dass man die Wasserstoff-Brennstoffzelle im Auge behält. – selbstverständlich performanceorientiert.
Foto: BMW

Dass selbst die Bayern inzwischen Deutsch verlernt haben, belegt der Strategieansatz "Power of Choice", in dem die vier Antriebssäulen des Konzerns zusammengefasst sind: Benziner und Diesel (inklusive Elektrifizierung, von 48-Volt-Mildhybrid bis Plug-in-Hybrid), batterieelektrische und Wasserstoff-Brennstoffzell-Antriebe. Die Weiß-Blauen setzen damit nach wie vor auf das Fächerprinzip und lassen der Kundin respektive dem Kunden die Qual der Wahl.

Als erstes Fahrzeug wird demnächst der X3 wahlweise mit Diesel, Benzin, PHEV und BEV verfügbar sein, iX3 heißt die E-Version, mit 74-kWh-Batterie und 460 km Reichweite. Nächste derart aufgestellte Baureihe wird der 5er sein.

Der iX3 ist die Elektroversion des X3, den es damit mit multiplem Antriebskonzept gibt.
Foto: BMW

Die Ziele sind ambitioniert, bis 2030 will BMW sieben Millionen elektrifizierte Fahrzeuge auf der Straße haben. Schon 2025 prognostiziert man sich ein Drittel des Gesamtabsatzes in elektrifizierter Form, 2030 die Hälfte – davon dann wiederum ein Drittel als reine E-Mobile.

Schon im kommenden Jahr sollen dabei fünf reine Elektromodelle verfügbar sein, neben i3 und Mini Cooper SE (seit heuer) wären das der besagte iX3, gefolgt vom i4 und dem Serienmodell des iVision Next. Als Öko-Einstiegs-BMW ist dem Vernehmen nach ein elektrischer 1er in Planung, der hieße der Diktion nach dann i1.

Mit dem i4, hier noch als Studie, schlägt BMW dann 2021 ein ganz neues E-Mobil-Kapitel auf.
Foto: BMW

Die PHEV-Flächendeckung ist, wie bei vielen Herstellern, voll im Laufen und hat praktisch jede Baureihe erfasst, die Reichweiten kommen mit realen 40, 50 Kilometern langsam in den alltagstauglichen Bereich, in der nächsten Ausbaustufe sind dann 100 km das Ziel.

Der mit BMW vergleichbare mischstrategische Ansatz bei Daimler hört auf "Electric first", auf der neu entwickelten EVA-Architektur entstehen aber ebenfalls Fahrzeuge aus allen Antriebswelten. Was bei BMW "i" ist, wird bei Mercedes unter EQ geführt, wobei die Stuttgarter das Zehn-Milliarden-Euro-Investitionspaket EQ als Produkt- und Technologiemarke verstanden wissen wollen, mit elektrifizierten Verbrennungsmotoren, Plug-in-Hybrid und reinen BEVs.

Ziel sei, Überraschung, die emissionsfreie Mobilität, bis 2039 soll die komplette Neuwagenflotte CO2-neutral sein. Als Schritt dorthin wird schon 2022 das gesamte Produktportfolio elektrifiziert sein, vom Smart bis zur S-Klasse, und bis 2030 soll Plug-in und BEV bereits mehr als die Hälfte des gesamten Pkw-Absatzes umfassen.

Der erste Mercedes-Batterieelektriker, der SUV EQC, ist bereits auf dem Markt, der EQV (Reichweite knapp 350 km) auch, ebenso (nur leider in für Private nicht greifbarer Kleinserie) der GLC F-Cell, in dem erstmals Wasserstoff-Brennstoffzelle und Plug-in-Hybrid kombiniert werden. Ursprünglich wollte Mercedes schon 2004 mit einer Brennstoffzell-A-Klasse loslegen, das hat sich wohl etwas verzögert.

Die V-Klasse in Elektroausgabe heißt EQV und fährt bis knapp 350 km weit.
Foto: Daimler

Elektrisch weiter geht es gegen Jahresende mit dem EQA. Dessen Batterie wird zwischen 60 und 110 kWh skalierbar sein, drei Elektromotoren (150, 200 und 250 kW) stehen zur Auswahl, die Reichweite liegt bei etwa 400 km. Es folgen: EQB und EQS – richtig, das Flaggschiff S-Klasse gibt es künftig auch als elektrische Luxuslimo (BMW hat dasselbe auch beim 7er vor), die Studie Vision EQS gab bereits einen ersten Hinweis darauf.

Schon 2019 wies die Vision EQS darauf hin, dass die neue S-Klasse von Mercedes-Benz auch rein elektrisch erhältlich sein wird.
Foto: Daimler

Bleibt noch der größte Automobilkonzern der Welt, VW und seine Markenwelt. Mit e-Golf, e-up!, Skoda Citigo e iV und Seat Mii electric hatten/haben sie schon so frühzeitig Elektroautos im Portfolio, um nicht als Öko-Muffel beschimpft werden zu können, Dieselskandal hin oder her – mit der jüngsten Batterieausbaustufe erreichen die drei Kleinstwagen erstaunliche Reichweite von über 200 km bei zugleich für E-Autos sehr moderaten Preisen.

Klein, halbwegs günstig und mit inzwischen erstaunlich großer Reichweite: VW e-up! und seine Derivate von Skoda (Citigo e iV) und Seat (Mii electric). Im Bild der Volkswagen.
Foto: Volkswagen

VW geigt jetzt jedenfalls gar mächtig auf. Mit mehr oder minder derzeit schon oder demnächst flächendeckend 48-Volt-Mildhybrid und Plug-in über sämtliche Marken halten wir uns gar nicht länger auf, wir gehen gleich zur Elektromobilität, wobei man, dies in einem Nebensatz vorweg, auch die Wasserstoff-Brennstoffzelle im Auge behält: Audi wurde im Konzern zum Kompetenzträger auserkoren, h-tron lautet das zugehörige Kürzel, für 2022 oder 23 ist ein SUV in Kleinserie geplant, eine Großserie im Konzern hat aber bestenfalls den Zeithorizont 2030.

Näher liegt da schon PPE: Gemeinsam mit Porsche wird derzeit die Premium Plattform Elektro entwickelt, für alles wirklich Große, Oberklassige, 2022 kommen die ersten Elektroautos auf dieser Architektur. Davor schon, nämlich jetzt im August, schlägt die Stunde für MEB, den hier bereits öfter erwähnten Modularen E-Antriebs-Baukasten, signifikantestes Zeichen für die Mobilitätswende im Konzern: Da rollte mit dem ID.3 der erste Sendbote einer gewaltigen Elektroautooffensive vor.

Mehr dazu gleich, erst einmal noch grundsätzliches. Auf MEB sind E-Autos von Golf- bis über Passatgröße darstellbar, darunter ist eine von MEB abgeleitete E-Plattform für Klein(st)wagen geplant. 33 Milliarden Euro investiert VW bis 2024 in die E-Mobilität. Für 2025 rechnet allein die Marke Volkswagen mit 1,5 Millionen produzierten E-Autos. Bis 2029 sollen 75 Konzern-E-Modelle auf der Straße sein. Von den bis dahin prognostizierten 26 Millionen Elektroautos sollen rund 20 auf MEB basieren, fast alle weiteren sechs Millionen auf PPE, und das Ziel ist jedenfalls klar definiert: Weltmarktführer in der E-Mobilität.

Acht MEB-Werke gehen bis 2022 in Betrieb, in Deutschland ist mit Zwickau bereits der Auftakt gemacht, Dresden (Gläserne Manufaktur), Hannover und Emden folgen. Weiters Jungbunzlau in Tschechien, Chattanooga in den USA sowie Anting und Foshang in China.

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Im Werk Zwickau in Sachsen beginnt gerade die MEB-Elektroära bei Volkswagen.
Foto: AP

Zu den Autos: Der ID.3 steht bei Branchenkennern schon jetzt im dringenden Verdacht, zu dem zu werden, was der Golf seit Jahrzehnten in der Kompaktklasse ist – Maß der Dinge in der Klasse. Außen tatsächlich im Golf-Format, innen deutlich geräumiger, kommt der skalierbare Ansatz bei Batterien (45, 58, 77 kWh) und Motoren wahlweise dem Spar- (ab ca. 30.000 €, ohne Abzug der staatlichen Förderung) oder dem Reichweitengedanken (bis zu 550 WLTP-km) entgegen.

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Der Erstling aus Zwickau ist der ID.3, an das Auto knüpfen sich hohe Erwartungen.
Foto: Reuters

Dem ID.3 folgen heuer noch oder dann 2021 ID.4 (Tiguan-Format, maximale Reichweite 500 km), Seat el-Born, Audi Q4 e-tron, Skoda Enyaq, Cupra el-Born; alle auf MEB. 2022 gesellt sich der Neo-Bulli hinzu, der ID. Buzz, 4,94 Meter lang und mit massig Platz.

In zwei Jahren erlebt der legendäre Bulli seine Wiederauferstehung: als ID.Buzz und natürlich elektrisch.
Foto: Volkswagen

Detail am Rande: Seat wurde zum Kompetenzzentrum für Mikromobilität im Konzern bestimmt. Ein E-Scooter startet dabei demnächst, für den Minimó, ein Stadtspuckerl à la Renault Twizy, mit Wechselbatterien (zielt auf Zielgruppe Carsharing) im Fahrzeugboden und über 100 km WLTP-Reichweite, ist noch nicht offiziell bestätigt.

Seat Minimó, ein Mikromobil mit Wechselbatteriekonzept.
Foto: Seat

Bei Audi ist bekanntlich schon der SUV e-Tron und dessen Ableger mit Coupé-Silhouette, der e-tron Sportback, auf dem Markt, beide basieren noch auf keiner der E-Plattformen. Das trifft auch auf den 2021 folgenden e-tron GT zu – das bildschöne, knapp fünf Meter lange viersitzige Elektro-Coupé kommt dem Vernehmen nach mit 434 kW, Allrad und rund 400 km Reichweite auf den Markt, technische Basis: Porsche Taycan – der ebenfalls 2021 mit dem Taycan Cross Turismo einen zweiten Ableger bekommt.

Der aufregend schöne e-tron GT von Audi teilt sich die Technik mit dem Porsche Taycan.
Foto: Audi

So sehen sie aus, die Öko-Strategien der großen Autokonzerne. Es kommt ganz schön was auf uns zu. Um sein Ziel zu erreichen, geht jeder seiner eigenen Wege – mögen sie sich auch diese oder jene Wegstrecke überschneiden. Klingt wie im richtigen Leben. (Andreas Stockinger, 8.9.2020)