Daumen hoch, egal bei welcher Gelegenheit – so signalisiert Donald Trump, dass er stets genau weiß, was er tut. Und dass es genau das jeweils Richtige ist.

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Nun ist der alte Slogan auch der neue. Vor der Pandemie hatte Donald Trump sein Programm für die nächsten vier Jahre auf eine Zeile gebracht: "Keep America Great" war bereits überall zu lesen. Doch weil sich angesichts von fast 180.000 Corona-Toten und 5,8 Millionen bestätigten Infektionen nicht ernsthaft behaupten lässt, dass Amerika großartig bleiben müsse, ist einmal mehr die Parole von 2016 übrig geblieben: "Make America Great Again".

Im Fall seiner Wiederwahl, verspricht der Amtsinhaber, führt er das Land zu alter Größe zurück, während sein Gegner Joe Biden unter dem Druck der Linken geradewegs ins sozialistische Elend marschieren würde. Das Kapitel Covid-19 stünde dann nur für eine von China, dem Ursprungsland des Erregers, erzwungene Pause – nicht schön, aber bald abgehakt.

Doch wie steht es um Trumps Agenda? Mit welchen Programmen wirbt er für die Fortsetzung seiner Präsidentschaft? Vor wenigen Tagen listete sein Kampagnenstab in 50 Punkten auf, was er sich für die Zeit bis Jänner 2025 vorgenommen hat. Er will die Steuerlast reduzieren, ohne zu sagen, wie die Rekordausgaben der Corona-Krise finanziert werden sollen. An den Schulen will er die Außergewöhnlichkeit Amerikas lehren lassen und im Übrigen verhindern, dass illegal Eingewanderte in den Genuss von Sozialleistungen kommen.

Unrealistisch und schwammig

Zehn Millionen neue Jobs sollen entstehen, und zwar innerhalb von zehn Monaten. Unternehmen will er durch Steueranreize motivieren, die Volksrepublik zu verlassen, während Firmen, die ihre Produktion nach China auslagern, auf eine schwarze Liste kommen. Als unpatriotisch eingestuft, könnten sie nicht damit rechnen, Staatsaufträge zu erhalten.

So vage er auch bleibt, hier wird er sehr konkret: Bis 2024 sollen wieder US-Astronauten ihren Fuß auf den Mond gesetzt haben und außerdem zum Mars geflogen sein.

Realistisch betrachtet, dürfte Trump, falls er im Amt bleibt, in der Innenpolitik der Spielraum für große Würfe fehlen. Freie Hand hätte er nur, wenn seine Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus von den Demokraten zurückerobern und zugleich ihre Majorität im Senat behaupten. Nach heutigen Umfragen ist dies nicht zu erwarten.

Ein zweites Steuersenkungspaket nach dem von 2017 wäre illusorisch, denn entsprechende Gesetzentwürfe würden vom Kongress begraben. Was Trump allerdings gelingen könnte, wäre, die Kräftebalance am Obersten Gerichtshof auf Jahre hinaus zu verändern. Derzeit stehen fünf eher konservativen Richtern vier eher progressive gegenüber, jeweils auf Lebenszeit berufen. Die Galionsfigur der Progressiven, die 87-jährige Ruth Bader Ginsburg, ist an Krebs erkrankt. Wie lange sie ihren Aufgaben noch nachkommen kann, weiß niemand.

Falls sie ersetzt werden muss, könnte Trump einen sechsten konservativen Juristen nominieren und die Balance endgültig kippen. Bliebe der Senat in republikanischer Hand, wäre beim Bestätigungsverfahren grünes Licht so gut wie sicher. Gerade für evangelikale Christen ein wichtiger Grund, den Präsidenten wiederzuwählen.

Davon abgesehen, müsste sich Trump, wie schon sein Vorgänger Barack Obama in dessen zweiter Amtszeit, mit wenig begnügen. 2012 im Oval Office bestätigt, jedoch konfrontiert mit einer Opposition, die im House of Representatives den Ton angab, war die Außenpolitik das Feld, auf das sich Obama fortan konzentrierte. Dort kann ein Präsident aufgrund seiner Vollmachten auch dann Akzente setzen, wenn ihm der parlamentarische Rückhalt fehlt.

China, Nato, WHO

Was das für ein Szenario Trump 2.0 bedeuten könnte, hat der Wahlkampfkatalog nur grob skizziert. Es gelte, Peking in vollem Maße zur Verantwortung zu ziehen, weil es die Verbreitung des Coronavirus zugelassen habe, heißt es dort. Dass Trump einem im Jänner unterzeichneten vorläufigen Handelsabkommen mit China ein endgültiges folgen lassen würde, ist unwahrscheinlich, auch wenn der Mann bekannt ist für seine Volten.

Sein Parteifreund Josh Hawley steht für eine lautstarke Fraktion, die statt Kompromissen Protektionismus will. Hawley geht so weit, den Austritt der USA aus der Welthandelsorganisation zu fordern, mit dem Argument, die WTO habe nur China in die Hände gespielt.

Nato-Partner wie Deutschland, in denen Trump Trittbrettfahrer sieht, müssten wohl mit mehr Gegenwind rechnen. Man wolle die Verbündeten dazu bringen, ihren "angemessenen Anteil" zu zahlen, heißt es im schwammigen Kampagnenpapier. David Frum, vormals Redenschreiber George W. Bushs, hat in eine klare Sprache übersetzt, wie man sich Trumps Umgang mit den Alliierten künftig vorzustellen hätte. Ehrlicherweise, schreibt er in The Atlantic, müsste man es so formulieren: "Die Zeit von Nato und WTO ist abgelaufen, die Europäische Union sollte als Rivalin behandelt werden, Großbritannien und Japan als Untergebene, Kanada, Australien und Mexiko als Kolonien." (26.8.2020)