Leere Spielerplätze vor leerem Parkett: Die Stars des US-Basketballs führen der Nation ihre Empörung klar vor Augen.

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Das Maß ist voll. Nach den Schüssen auf Jacob Blake in Kenosha, Wisconsin, genügte den Stars der National Basketball Association (NBA) symbolischer Protest gegen Rassismus und Polizeigewalt nicht mehr. Die Milwaukee Bucks, Mitfavoriten auf den Titel und nur rund 50 Kilometer nördlich des Tatorts beheimatet, boykottierten ein Playoff-Spiel in der Disney World, Florida.

Innerhalb weniger Stunden kam darauf am Mittwoch der US-Sport fast ganz zum Erliegen. Dem Vorbild der Bucks folgten fünf weitere Klubs, womit der ganze Spieltag in der NBA-Blase gestorben war. Die Fernsehübertragungen fielen flach, Millionen Fans schauten einerseits in die Röhre, bekamen das Anliegen der Sportler aber damit deutlicher vor Augen geführt, als es Proteste während der US-Hymne oder Slogans auf T-Shirts und Werbebanden vermocht haben.

Auch die für Donnerstag angesetzten drei Partien sollen verschoben werden. Zuvor hatten die Profis über das weitere Vorgehen beraten. US-Medien gehen davon aus, dass die Play-offs ab diesem Wochenende wieder aufgenommen werden.

Tennis solidarisch

Ein starkes Statement kam aus New York. Naomi Osaka, die ehemalige Nummer eins der Tennisweltrangliste, verzichtete auf ihr Halbfinale bei den Western & Southern Open, der Generalprobe für die US Open. "Ich bin eine Tennisspielerin, aber zuallererst bin ich eine schwarze Frau", sagte die Japanerin, deren Vaters aus Haiti stammt.

Sie habe es "satt, die immer gleiche Debatte zu führen. Wann ist es endlich genug?" Die New Yorker Veranstalter sagten daraufhin alle Donnerstagsspiele, auch jene der Herren, ab. Der US-Tennisverband und die Profivereinigungen ATP und WTA begrüßten das Innehalten, geplant war aber die Wiederaufnahme des Spielbetriebs am Freitag.

In der NBA könnte es anders aussehen, viele Spieler waren schon angesichts der Unruhen nach der Ermordung von George Floyd durch einen Polizisten vor drei Monaten in Minneapolis nur widerwillig in die Blase nach Florida gezogen. Die Spieler des Titelverteidigers Toronto Raptors hatten am Dienstag über einen Streik beraten. "Wir reden über Veränderungen", sagte Point Guard Fred VanVleet, "aber irgendwann müssen wir unsere Chips auf den Tisch legen und riskieren, dass wir etwas verlieren."

Tatsächlich steht für viele Stars die Glaubwürdigkeit als weltweite Vorbilder auf dem Spiel. Es gibt Meldungen, wonach die Los Angeles Lakers um ihren Superstar LeBron James und deren Lokalrivale Los Angeles Clippers in dieser Saison gar nicht mehr spielen wollen. Ihre Macht liegt in der Bedeutung der NBA-Teams als Wirtschaftsfaktor. Streiken die Spieler, verlieren die Klubeigentümer, die oft über erheblichen politischen Einfluss verfügen, sehr viel Geld.

Football setzt Zeichen

Dass die Detroit Lions aus der National Football League (NFL) ihr Training aus Protest gegen die Schüsse auf Blake einstellten, ist ein weiteres Fanal. In der NFL, die als Inbegriff des weißen US-Profisports gilt, obwohl 80 Prozent ihrer Spieler schwarz sind, hatte fast auf den Tag genau vor vier Jahren der Quarterback Colin Kaepernick erstmals mit einem Kniefall beim Abspielen von The Star-Spangled Banner gegen Polizeigewalt und Rassismus protestiert.

Nicht zuletzt Präsident Donald Trump forderte die Klubbesitzer auf, ihre Spieler zu disziplinieren. Nicht wenige Stars der Szene stellten sich gegen Protestierende. Mittlerweile wird in der NFL über bestimmte Formen des Protests hinweggesehen. Der Trainingsstreik der Lions ist eine neue Qualität, aber noch nicht mit den Aktionen der Teams in der NBA vergleichbar.

Die erhielten Unterstützung von prominenter Seite. "Dieser Moment erfordert moralische Führung", ließ Trumps demokratischer Herausforderer Joe Biden wissen. "Und diese Spieler antworteten, indem sie aufstehen, ihre Stimme erheben und ihre Plattform für das Gute nutzen." Seinem Konkurrenten Donald Trump warf er vor dessen Rede zum Parteitag der Republikaner vor, dieser würde Öl ins Feuer gießen. Wenig darauf nannte dieser die NBA eine "politische Organisation". Auch sein Schwiegersohn Jared Kushner kritisierte die Basketballliga: Die Spieler hätten das Glück, reich genug zu sein, um sich für die Proteste einen Abend freinehmen zu können. Inwieweit das dagegen spricht, eine politische Meinung zum Ausdruck zu bringen, sagten beide Multimillionäre nicht.

Ex-Präsident Barack Obama lobte die Spieler der Milwaukee Bucks, "dass sie für das aufstehen, woran sie glauben". Obama unterstützte auch ausdrücklich Aktionen der Women’s National Basketball Association (WNBA). Am Mittwoch hatten Spielerinnen von sechs Teams weiße T-Shirts mit sieben aufgedruckten Einschusslöchern am Rücken angezogen und still auf dem Spielfeld protestiert.

Eishockey schert aus

Auch die Major League Baseball (MLB) und die Major League Soccer (MLS) zogen mit und sagten alle anstehenden Spiele ab. Lediglich die in Toronto und Edmonton konzentrierte National Hockey League (NHL) wollte nicht mitziehen. Vor den drei Partien am Mittwoch gab es lediglich eine Schweigeminute. "We Skate for Black Lives" und "End Racism" wurde auf Videowürfeln eingeblendet. Zu einem offiziellen Statement konnte sich die beste Eishockey-Liga der Welt aber nicht durchringen. (Sigi Lützow, 27.8.2020)