Schafft er das? 4.000 Gemeindewohnungen wolle er bis 2020 "auf den Weg bringen", hatte Michael Ludwig (SPÖ) im Jahr 2016, damals noch als Wiener Wohnbaustadtrat, gesagt. Das war sehr überraschend, denn er hatte sich als Stadtrat lange gegen die Wiederaufnahme des städtischen Bauprogramms gewehrt. Im Frühjahr 2015, ein halbes Jahr vor der Wien-Wahl, fand sein Widerstand ein Ende. Der damalige Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) kündigte Großes an: 2.000 Gemeindewohnungen wolle man bis 2020 errichten. Ludwig verdoppelte später auf 4.000 – aber eben mit der nicht unwesentlichen Einschränkung des "Auf-den-Weg-Bringens".

Im Stadterweiterungsgebiet Wildgarten in Wien-Meidling werden die nächsten neuen Gemeindewohnungen fertiggestellt werden.
Foto: Putschögl

Die 2.000 Einheiten bis heuer fertigzustellen, an diesem hehren Ziel von 2015 ist die Wiener SPÖ jedenfalls gescheitert. Bis dato wurde bekanntlich erst ein einziger neuer Gemeindebau übergeben, nämlich der Barbara-Prammer-Hof in Oberlaa.

Keine Übergabe vor der Wahl

Fünf weitere sind aktuell in Bau. Höchstens einer davon wird aber noch heuer fertig, nämlich jener im Stadterweiterungsgebiet Wildgarten in Meidling mit 123 Einheiten. "Ende des Jahres" nennt ein Sprecher von Wiener Wohnen auf STANDARD-Anfrage als Fertigstellungstermin. Beobachter hatten auf eine mediengerechte Übergabe kurz vor der Wien-Wahl am 11. Oktober getippt.

Doch mit Verzögerungen müssen Wiener Wohnen und der stadteigene Bauträger Gesiba, die gemeinsam für die Errichtung der neuen Gemeindebauten das gemeinsame Unternehmen Wigeba gegründet hatten, seit Beginn des Bauprogramms leben. Schon die Fontanastraße dauerte um ein ganzes Jahr länger als geplant. Von den beiden anderen ganz zu Beginn des Bauprogramms genannten Standorten ist bisher auch nur das Projekt Handelskai 214 in Bau – sofern man davon überhaupt sprechen kann.

Am Handelskai 214 wurde eine Hochgarage abgerissen, derzeit finden dort Erdarbeiten statt, offiziell ist man hier schon "in Bau".
Foto: Putschögl

Dort wurde eine Hochgarage abgerissen, dann passierte lange nichts, derzeit finden Erdarbeiten statt. Und um das Projekt am ehemaligen IHS-Standort in der Stumpergasse 56 im sechsten Bezirk ist es ganz still geworden, es ist mittlerweile auch von der Website von Wiener Wohnen verschwunden. Laut dem Sprecher wird es aber weiterhin verfolgt, bald soll es Neues dazu geben.

Lässt man auch dieses Projekt in der Statistik, erkennt man: Mehr als 3.800 Wohneinheiten wurden tatsächlich bisher angekündigt, und es ist zu erwarten, dass schon demnächst ein bis zwei weitere Projekte angekündigt werden, mit denen der 4.000er bestiegen wird. Ludwig steht also ganz knapp davor, sein Ziel zu erreichen.

Langer zeitlicher Horizont

Das wäre die positive Auslegung. Die andere Sichtweise ist: Es wird mitunter auch mit Tricks gearbeitet, um den 4.000er zu schaffen, und der Realisierungszeitraum dehnt sich immer weiter aus. So wurden die 46 Wohneinheiten beim Gaswerk Leopoldau beispielsweise noch als ganz normaler geförderter Wohnbau von der Gesiba geplant, später wurde ein neuer Gemeindebau daraus. Und erst kürzlich wurde vermeldet, dass auf dem Nordwestbahnhofgelände nicht weniger als 1.300 neue Gemeindewohnungen entstehen sollen. Dieses Großprojekt ist aber einerseits bis 2033 (!) geplant, es zieht sich also in die Länge. Derzeit verhandelt man dort mit den ÖBB, ob die Grundstücke gekauft oder im Baurecht bebaut werden müssen.

Andererseits überraschte bei dieser Ankündigung natürlich die hohe Zahl an Wohneinheiten, denn bei allen bis dahin bekannten Projekten – darunter auch einige in großen Entwicklungsgebieten wie eben Wildgarten, Seestadt oder Berresgasse – waren es bisher nie mehr als 332 auf einmal (siehe Grafik). Doch wer 4.000 Wohneinheiten "auf den Weg bringen" will, muss eben größer denken.

Grafik: STANDARD

Stolpersteine gibt es ohnehin noch und nöcher. In der Berresgasse wollte man 2019 zu bauen beginnen, nun muss dort ein UVP-Verfahren durchgeführt werden. Anrainerproteste sind auch immer zu erwarten, etwa in Hietzing, wo am Montecuccoliplatz 60 neue Wohneinheiten geplant sind. Auch die schwarz-blaue Mehrheit in der dortigen Bezirksvertretung legte sich gegen die höhere, dichtere Bebauung quer. Im März hat der Gemeinderat aber die Flächenwidmung beschlossen. Wenn nichts mehr dazwischenkommt, wird zumindest dort bald gebaut. (Martin Putschögl, 28.8.2020)