Grün, Gelb, Orange, Rot: Die vier Farben der Coronavirus-Ampel des Gesundheitsministeriums sollen österreichweit auf das Risiko einer Ansteckung mit Covid-19 hinweisen. In einem Leitfaden des Bildungsministeriums für alle Hochschulen – also Universitäten, Fachhochschulen sowie Pädagogische Hochschulen – wird ebendieses Warnsystem als ausschlaggebend für die Gestaltung des Hochschulbetriebs angeführt. Das Papier solle "Orientierung bieten und beinhaltet Empfehlungen und Checklisten", erklärte Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) dazu. Doch was bedeuten diese Farben für den Hochschulbetrieb?

  • Grün: Präsenzbetrieb
    Der Lehr-, Forschungs- und allgemeine Betrieb findet an der Hochschule statt – unabhängig davon, ob er mit digitalen Elementen und Services angereichert ist. Und unabhängig davon, ob Covid-19-bedingt erste Vorgaben (wie Abstandsregeln, Hygieneregeln) gelten – solange sie den Betrieb vor Ort nicht entscheidend beeinflussen.
  • Gelb: Dualbetrieb
    Im dualen Modell laufen Präsenzbetrieb und Distance-Betrieb parallel: Der Lehr- und Forschungs- sowie allgemeine Betrieb finden grundsätzlich an der Hochschule statt. Bestimmten Personengruppen (zum Beispiel Risikogruppen oder internationalen Studierenden), die aufgrund von Covid-19-Präventionsmaßnahmen nicht regelmäßig an der Hochschule anwesend sein können, wird Distance-Learning ermöglicht.
  • Orange: Hybridbetrieb
    Teile des Betriebs erfolgen vor Ort, und Teile werden digital durchgeführt. Das geht insofern über den Präsenz- und Dualbetrieb hinaus, als dass das Hybridmodell nicht nur mit digitalen Elementen angereichert ist, sondern die digitalen Lehre den wesentlichen Bestandteil ausmacht. Auch Sicherheits- und Schutzaspekte werden dann deutlich verstärkt.
  • Rot: Distance-Betrieb
    Der Lehr-, Forschungs- und allgemeine Hochschulbetrieb ist – so weit wie möglich – digitalisiert. Bibliotheken werden geschlossen. Nur die kritische Infrastruktur sowie jene Tätigkeiten und Services werden aufrechterhalten, deren Einstellung zu Risiken oder großen finanziellen Schäden für die Hochschule führen würde.

Faßmann geht für das kommende Semester von einem "hybriden Betrieb" aus. Sprich: "Einige Lehrveranstaltungen werden vor Ort stattfinden, andere Lehrveranstaltungen werden digital stattfinden." Es sei gut, sich darauf einzustellen, sagte der Minister. Und: "Ich gestehe jedem Hochschultyp zu, hochschulspezifische Maßnahmen zu treffen. Das heißt, es gibt gemeinsame Ansätze, aber individuelle Umsetzung."

Und diese kann von Uni zu Uni unterschiedlich sein – denn diese sind autonom. Während etwa die Uni Klagenfurt plant, die Kurse im Wintersemester "so weit wie möglich" als Präsenzlehre durchzuführen, hat die größte Hochschule des Landes, die Uni Wien, unterschiedliche Konzepte für die Lehre ausgearbeitet. Die Lehrenden können – je nach Situation, Lehrveranstaltungstyp, Lehrpräferenz – Veranstaltungen sowohl digital als auch vor Ort im Hörsaal oder aber hybrid planen. Dafür gibt es verschiedene Modelle, die den Lehrenden zur Verfügung stehen. Ein Beispiel für "hybride" Lektürekurse: Die Studierenden werden in zwei Gruppen geteilt, die Lehrveranstaltungseinheiten vor Ort finden alternierend statt: In der einen Woche ist Gruppe A präsent, in der anderen Gruppe B.

Auch für Vorlesungen gibt es diverse "hybride Basismodelle", etwa die Möglichkeit der Anwesenheit für eine zahlenmäßig begrenzte Gruppe an Studierenden plus Livestream für alle anderen. Die FH Campus Wien wiederum setzt auf eine Kombination aus Präsenzlehre, Distance-Learning sowie Hygiene- und Verhaltensregeln.

Wann bleiben die Hochschulen im Herbst leer? In einem Leitfaden des Wissenschaftsministeriums wird empfohlen, die Lehre an die Corona-Ampel anzupassen.
Foto: APA/EXPA/ JOHANN GRODER

STUDIENANFÄNGER: "Weniger sozialer Austausch könnte die Studienmotivation senken"

"Im Oktober beginne ich meinen Bachelor an der Angewandten in Wien. Viel mehr weiß ich noch nicht: Vor ein, zwei Wochen habe ich eine Mail bekommen, dass es am ersten Tag eine Infoveranstaltung für Studienanfänger gibt und dass nächste Woche die Inskription startet. Ob ich mich digital oder an der Uni einschreiben muss, ist auch unklar. Trotz mehrerer Versuche habe ich die Studienabteilung nicht erreicht.

Ich würde da gern ein bisschen mehr an der Hand genommen werden, um im Vorfeld nicht zittern zu müssen, ob das auch wirklich alles klappt. Und mein Wunsch ist, möglichst alles vor Ort studieren zu können. Wie das aussehen wird, wurde von der Uni noch nicht kommuniziert.

Dass vor allem Erstsemestrige laut dem Wissenschaftsministerium Präsenzlehre haben sollen, ist ein Hoffnungsschimmer. Denn ein Studium zu beginnen und sich selbst zu organisieren, ist schon herausfordernd. Dass man auch gleich online studieren soll, fände ich doppelt herausfordernd. Man muss ja auch erst einmal die Abläufe und Umgebung kennenlernen.

Auch meine Studienkollegen möchte ich näher kennenlernen. Gerade in kreativen Fächern ist der soziale Austausch wichtig. Ich gehe aber davon aus, dass der – zumindest teilweise – nicht so stattfinden wird. Ich denke, das könnte sich in weniger Motivation und Studienfreude niederschlagen." (set)

ADRIAN B. (19) beginnt im Oktober den Bachelor Cross-Disciplinary Strategies an der Universität für angewandte Kunst in Wien.


MASTERSTUDENTIN: "Diskussionen von Theorien funktionieren online nicht so gut"

"Ich hatte im Juli eine Präsenzprüfung, bei der Studienkolleginnen dabei waren. Das war wohl eines der letzten Male, wo wir geschlossen an der Uni waren – ich komme ins vierte Mastersemester und schreibe meine Abschlussarbeit. Das war schon ein komisches Gefühl. Immerhin hat man, je weiter man im Studium ist, seine Kollegen, mit denen man sich auf Whatsapp austauscht.

In der jetzigen Situation finde ich es vernünftig und verständlich, dass die Unis nicht komplett aufsperren. In Innsbruck soll es ein Hybridmodell geben, in meinem Master wird es wohl so wie im Sommer weitergehen. Ich habe bei allen bis auf einen Kurs schon Onlinetermine. Uns wurde in Aussicht gestellt, dass es einen Termin gibt, wo wir uns auf der Uni treffen – aber das hängt davon ab, wie sich die Pandemie entwickelt.

Wünschen würde ich es mir natürlich anders. Ich studiere, weil ich den Austausch an der Uni mag, und in der Soziologie geht es viel um Diskussionen von Theorien, um diese einordnen zu können, Referate und Gruppenarbeiten. Das funktioniert online nicht so gut, hat das Sommersemester gezeigt. Es gab auch technische Probleme, viele sind während der Onlinekurse rausgeflogen, manche Professoren waren nicht vorbereitet. Vorlesungen haben gut funktioniert, viele Professoren haben die auch aufgezeichnet, und man konnte sie sich später ansehen. Das sollte beibehalten werden – gerade für berufstätige Studierende.

Für diese kommt auch die Schwierigkeit dazu, dass es in meinem Fach in den meisten Fällen nur ein Seminar zu einem Thema gibt – und nicht wie sonst zwei. Das ist schwierig mit der Vereinbarkeit. Es gibt ein bisschen die Attitüde unter den Profs: ‚Ihr seid eh alle zu Hause, das ist ja dann kein Problem, wann der Kurs stattfindet.‘" (set)

ALINA W. (25) studiert den Master Soziale und Politische Theorie an der Uni Innsbruck.


DOKTORAND: "Ich war auch vor Corona nicht viel vor Ort"

"Für mich hat sich durch die Universitätsschließung im März ehrlich gesagt kaum etwas geändert. Ich schreibe seit bald zwei Jahren an meiner Dissertation am Institut für Geschichte an der Uni Wien. Bis März hatte ich dort eine Praedoc-Stelle.

Ich musste aber schon vor Corona nicht viel vor Ort sein, konnte von daheim aus arbeiten und an meiner Dissertation schreiben. Die meisten Unterlagen, die ich für meine Abschlussarbeit brauche, habe ich schon vorab digitalisiert oder Bibliotheken darum gebeten. Für mich ist es gut gelaufen, weil ich auch nicht auf die Bibliotheken angewiesen war. Deren Öffnungszeiten sind auch ohne Corona eine Katastrophe – gerade wenn man arbeitet und ein Kind hat.

Die Arbeit am Institut hat problemlos per E-Mail und auf Distanz funktioniert. Ich bin in der privilegierten Situation, dass ich nicht auf die Ressourcen im Büro und an der Uni angewiesen bin. Ich bin nur ein bisschen wehmütig, dass ich meinen letzten Arbeitsmonat gar nicht mehr mit den Kolleginnen und Kollegen hatte. Das Büro war zu." (ook)

TIM R. (33) schreibt die Dissertation am Institut für Geschichte an der Uni Wien.

(Oona Kroisleitner, Selina Thaler, 2.9.2020)