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Die Wahllokale schließen um 20 Uhr, dann wird mit ersten Resultaten gerechnet.

Foto: Reuters / Goran Tomasevic

Podgorica – Die Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen in Montenegro ist am Sonntag trotz der anhaltenden Coronakrise vorerst hoch. Nach Angaben der staatlichen Wahlkommission lag die Wahlbeteiligung bis 10.00 Uhr bei gut 23 Prozent. Meinungsumfragen zufolge kann die regierende DPS von Milo Djukanovic, wenngleich geschwächt, heute erneut einen Wahlsieg erwarten.

Laut dem nicht-staatlichen Zentrum für Monitoring und Untersuchungen (CEMI) lag die Wahlteilnahme bis 11.00 Uhr gar bei 35,4 Prozent, vor vier Jahren war sie um dieselbe Zeit mit gut 20 Prozent wesentlich niedriger.

Kirche wirbt für Opposition

Der Urnengang findet inmitten wachsender Spannungen und tiefer Spaltung statt, die Ende des Vorjahres durch die Erlassung eines umstrittenen Kirchengesetzes ausgelöst worden waren und bisher nicht bewältigt wurden. Das Gesetz hatte für großen Unmut bei der Serbisch-Orthodoxen Kirche gesorgt, die befürchtet, dadurch ihr Vermögen in Montenegro verlieren zu können.

Zum ersten Mal schaltete sich daher die serbische Kirche, die dem Patriarchat im Nachbarland Serbien untersteht, direkt in den Wahlkampf ein. Kirchliche Würdenträger appellierten an die Gläubigen immer wieder, ihre Stimme für die Opposition abzugeben. Ihr höchster Würdenträger in Montenegro, der 82-jährige Metropolit Amfilohije (Radovic), nahm selbst zum ersten Mal in seinem Leben am Urnengang teil.

Mobilisiert wurden auch die Anhänger der regierenden Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS) von Präsident Djukanovic. Beim Urnengang sei zu entscheiden, ob Montenegro den Weg in die europäische Zukunft fortsetzen oder aber in einen theokratischen Staat verwandelt werden würde, meinte der Staatschef vor Abschluss des Wahlkampfes.

Proeuropäer als Zünglein an der Waage

Zdravko Krivokapic, Chef der führenden Oppositionsbewegung, der Allianz um die proserbische Demokratische Front (DF), forderte indes die Wähler auf, von ihrem Wahlrecht noch vor Mittag Gebrauch zu machen und somit schon am Vormittag eine hohe Wahlteilnahme zu sichern. Wie aus den Angaben der staatlichen Wahlkommission ersichtlich, folgten viele Wähler diesem Aufruf. Davon zeugte die Wahlteilnahme in einigen Gemeinden, die traditionell als pro-serbisch gelten. Im nördlichen Plevlje lag sie bis 10.00 Uhr sogar bei 31 Prozent, in der Küstenstadt Herceg Novi bei gut 29 Prozent. Vor vielen Wahllokalen waren Warteschlangen zu sehen.

Eine hohe Wahlbeteiligung dürfte zwar nicht einen DF-Wahlsieg sichern, allerdings bedeutend die kleineren Parteien der pro-europäischen und sozialdemokratischen Ausrichtung benachteiligen, die den Erwartungen zufolge die Rolle des Züngleins an der Waage zufallen soll. Mehrere von ihnen wie die Sozialdemokratische Partei (SDP) und die Sozialdemokraten gelten als potenzielle DPS-Regierungspartner. Für den Sprung ins Parlament sind drei Prozent der Stimmen notwendig.

Im Zeichen von Corona

Seit dem Ausbruch der Coronakrise wurden im Adriastaat 4.727 Krankheitsfälle und 93 Tote registriert. Laut jüngsten Amtsangaben gibt es derzeit landesweit 795 aktive Corona-Fälle.

Die Stimmabgabe läuft bis 20.00 Uhr. Stimmberechtigt sind laut Amtsangaben rund 540.000 Bürger Montenegros, was die nicht-staatliche Organisation MANS im Wahlkampf erneut veranlasste, auf Karteileichen in den Wählerverzeichnissen hinzuweisen. Der Adriastaat hat rund 622.000 Einwohner.

Die ersten Wahlresultate werden in den späten Abendstunden erwartet. (APA, 30.8.2020)