Die Einsamkeit im Stadion sollte ab 1. September Geschichte sein.

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Christian Ebenbauer wäre lieber Visionär als Krisenmanager. Was der 44-jährige Wiener ganz sicher ist: Vorstand der österreichischen Fußball-Bundesliga. 2014 ist er angetreten, heuer sollte das "Universum Fußball", die "Vision 2020" erreicht werden. Ein Schnitt von 10.000 pro Partie war eines der kühnen Ziele. "Das hat sich verschoben, fast erübrigt", sagt Ebenbauer. Jeden Tag beobachtet er die Corona-Zahlen. "Die Gefahr wird im Herbst größer, wir sind keine Insel der Seligen." Fußball werde aber immer gespielt werden. "Die Frage ist, auf welche Art und Weise. Durch unsere Erfahrungen aus dem Frühjahr sind wir zumindest sportlich gewappnet. Mit der Einschränkung, dass Fußball ohne Zuschauer relativ wenig Spaß macht. Fans sind überlebenswichtig."

Liga-Boss Ebenbauer managt die Krise.
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Noch sind ab 1. September bei Freiluftveranstaltungen maximal 10.000 Zuschauer erlaubt, die Bundesliga startet am 11. Ob die Regierung diese Lockerung zurücknimmt, weiß maximal die Regierung, spätestens am Mittwoch sollte Klarheit herrschen. Ebenbauer: "Wir setzen auf die Corona-Ampel. Unser Hygienekonzept wird ständig adaptiert, die Vereine haben Konzepte erarbeitet, wie sie Sicherheit im jeweiligen Stadion gewährleisten. Natürlich kann es zu Einschränkungen kommen. Aber im Normalfall wird der Spielbetrieb aufrechtzuhalten sein." Der Vorstand, den Videokonferenzen schön langsam "narrisch" machen, "weil ich soziale Kontakte brauche", legt sich fest: "Noch eine Saison mit Geisterspielen werden viele Klubs nicht überstehen. Auch prominente."

Reduktion

Die Vereine erstellen ihre "Corona-Budgets", einige werden, sofern es zu weiteren Einschränkungen kommt, reduzieren müssen. "Jene, die die Kostenseite runterbringen, haben die größere Überlebenschance."

Dem Land gehen schön langsam die Klubs aus, das hat nicht nur mit Corona zu tun. "Das Virus ist lediglich ein Brandbeschleuniger." In der Zweiten Liga gibt es immer mehr Zweier- oder Kooperationsteams, Rapid II ist der einzige Anwärter auf den freien Platz gewesen. Red Bull Salzburg mit Liefering, die Austria mit den Amateuren, der LASK mit den OÖ Juniors waren ja bereits vertreten. Sturm Graz hat eine Partnerschaft mit Kapfenberg. Ebenbauer: "Es gibt immer mehr Fusionen und Spielbetriebseinstellungen. Speziell im Unterhaus. Das Thema Ehrenamt ist, mit den Haftungen dahinter, kompliziert, es wird schwieriger, Leute zu finden. Wir müssen mit allen Beteiligten die Fußballpyramide am besten aufstellen."

Auch aus diesem Grund wurde vor zwei Jahren die professionelle Zweite Liga mit zehn Klubs wegreformiert. "Um dauerhaft professionell zu arbeiten, benötigte man ein Budget von 2,5 Millionen Euro. In der halbprofessionellen Sechzehnerliga kommt man mit 800.000 aus. Es muss Auf- und Absteiger geben. Zumindest zwei bis drei Klubs sollten Interesse haben, rauf zu kommen. Das funktioniert noch."

"Lottosechser"

Ebenbauer hat die wachsende Zahl von positiv getesteten Kickern erwartet. "Viele kamen aus dem Urlaub. Als wir beim Lockdown gespielt haben, war alles zu. So traurig es ist, es war ein Lottosechser. Wir konnten das Programm durchziehen." Die Profis müssten sich ihrer Verantwortung bewusst sein. "Sie sollen ihre sozialen Kontakte einschränken, ohne ihr Leben aufzugeben."

Ebenbauer hat die jüngste Vergangenheit aufgearbeitet. Die Pleite der Commerzialbank, die viele Kunden und den SV Mattersburg ruiniert hat. "Wo kriminelle Energie fließt, ist immer nur die Frage, wer es sieht. Die Wirtschaftsprüfberichte waren tadellos, Mattersburg zählte zu den Topkandidaten." Und dann war noch das unrühmliche Ende der Zweiten Liga, Ried sicherte sich durch ein 9:0 gegen den FAC den Aufstieg. "Die Optik war verheerend. Es ging bei 14 Klubs leider nur mehr darum, fit zu bleiben."

Normalisierung

Ebenbauer wird auch am Dienstag das Dashboard des Gesundheitsministeriums anklicken. Eine Pandemieversicherung sei kein Thema. Er hofft, dass die Corona-Ampel generell und in der Nähe der Stadien grün leuchtet. "Ich will wieder Visionen haben. Aber ich fürchte, die Normalisierung wird dauern." (Christian Hackl, 1.9.2020)