E-Lastenräder sind für die Nutzung des digitalen Radschlosses prädestiniert, weil sie oft nicht in versperrbaren Räumen abgestellt werden können. Im Bild links der Mitbegründer des Start-ups, Stefan Sinnegger.

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Ein feuerzeuggroßer GPS-Tracker und ein Handy genügen, um Dieben das Leben schwerzumachen.

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Innsbruck – Eigentlich wollte Stefan Sinnegger seine Skier wiederfinden. Der passionierte Freerider ist gern im Tiefschnee unterwegs. "Wenn man dabei einen Ski verliert, ist die Suche oft sehr mühsam", erklärt er. Als Sinnegger 2015 die Lund-Universität in Schweden besuchte, hatte er daher mit zwei Freunden die Idee zur Firmengründung. Denn die Aufgabe am Ende des Studiengangs für Entrepreneurship lautete, selbst Unternehmer zu werden.

Doch bald wurde dem Trio klar, dass ihr Produkt, GPS-Tracker für Skier, nicht ganz durchdacht war, wie der 34-jährige Sinnegger erzählt: "Ein Ski hat keine Stromquelle, außerdem hat man ständig mit Schnee, Eis und Wasser zu kämpfen." Letztlich waren es Händlerkunden, die den Jungunternehmern den Tipp gaben, besser auf E-Bikes umzusatteln. Seit 2018 konzentriert sich Pow-Unity nun erfolgreich auf Pedelecs und beschäftigt mittlerweile 20 Mitarbeiter. Das wurde vor allem auch dadurch möglich, dass das Innsbrucker Unternehmen Stasto im Herbst desselben Jahres als 50-Prozent-Investor eingestiegen ist.

Raddiebstähle oft ungeklärt

Die teuren E-Bikes, von denen im deutschsprachigen Raum bereits eine Million Stück pro Jahr verkauft werden, sind bei Dieben sehr beliebt. In Österreich wurden 2018 insgesamt 22.568 Raddiebstähle angezeigt (nicht nur E-Bikes), die Aufklärungsquote lag bei mickrigen 8,4 Prozent. Wobei die Polizei davon ausgeht, dass nur jeder 15. Raddiebstahl zur Anzeige gebracht wird und die Dunkelziffer dementsprechend höher liegt.

Vor allem für E-Lastenräder bietet sich das digitale Schloss an. Denn oftmals fehlt im urbanen Raum der verschließbare Abstellplatz für die großen, und oft klobigen Vehikel. Speziell aus Kopenhagen und Amsterdam, wo viele dieser Räder im Einsatz sind, erhalten die Tiroler daher im Moment viele Anfragen.

Wird ein Rad gestohlen, das mit einem GPS-Tracker seines Unternehmens ausgestattet ist, liege die Aufklärungsrate bei über 90 Prozent, erklärt Sinnegger. Das habe auch damit zu tun, dass die Polizei dank der Daten, die das Gerät übermittelt, ungleich schneller handeln kann. "Im Moment sind es etwa drei Diebstähle pro Woche, die uns von Kunden gemeldet werden", sagt der Jungunternehmer.

Dieb nach wenigen Stunden gefasst

Der bisher spektakulärste Fall ereignete sich im Februar dieses Jahres im Tiroler Unterland. Ein Dieb stahl 56 hochwertige Räder, darunter einige E-Bikes, die mit dem GPS-Tracker ausgestattet waren, aus einem Sportgeschäft in St. Johann. Dank der Pow-Unity-Tracker konnte der Langfinger wenige Stunden später in Amstetten gestellt und verhaftet werden, die Beute wurde sichergestellt, bevor er damit die Grenze ins Ausland passieren konnte.

Diese hausgemachten Erfolgsgeschichten wollen die Jungunternehmer um Sinnegger künftig nutzen, um ihr Produkt zu bewerben. Ähnlich macht es der niederländische Hersteller Van Moof, der Kunden ein ähnliches Service mit im Rad integrierten Tracker anbietet. Die Niederländer produzieren eigene Werbevideos, in denen sie die Jagd nach gestohlenen Rädern filmen oder zumindest nachstellen.

Firmenchef hilft persönlich mit

In Innsbruck will man sich vorerst auf die schriftliche Erzählform konzentrieren und Kunden bitten, ihre Erlebnisse nach einem Diebstahl zu berichten. Derer gibt es genug, sagt Sinnegger. Er verweist auf ein Beispiel, bei dem er selbst dabei war. Denn im äußersten Notfall können sich Pow-Unity-Kunden auch direkt an die Firma wenden, die dann für aktiv wird. So geschehen 2018 in Wien, wo einem Holländer das Rad gestohlen wurde. Weil er nur zu Besuch war und der deutschen Sprache nicht mächtig, bat er Pow-Unity um Unterstützung. Sinnegger war zufällig gerade selbst in Wien und wurde aktiv. Kurze Zeit später begleitete er die Polizei zu einer Wohnung, in der sie insgesamt vier gestohlene E-Bikes sicherstellte – darunter jenes des Holländers.

Die Technik hinter dem GPS-Tracker ist recht simpel. Der feuerzeuggroße Gerät wird im Motorblock des E-Bikes verbaut. Er bezieht Strom vom Akku des Rades, verfügt aber auch über eine autarke Energiequelle in Form eines 1000 mAh-Zusatzakkus. Damit kann der Tracker 14 Stunden lang weitersenden, auch wenn das Rad keine Stromquelle mehr hat. Im Stand-By-Modus bleibt der Tracker damit sogar bis zu drei Wochen einsatzfähig.

App mit Zusatzfunktionen

Die Daten, wo sich das Rad gerade befindet, werden mittels dazugehöriger App aufs Handy übertragen. Die Tracker können auch als Alarmanlage genutzt werden. Stellt man sein Rad ab, und es wird bewegt, erhält man sofort einen Alarm aufs Telefon. Darüber hinaus zeichnet die App den Streckenverlauf auf, den das Rad gefahren ist. Wer sein Pedelec etwa zum Pendeln oder für weite Touren nutzt, kann eine zweite Person in die App einloggen lassen, damit diese im Notfall nachsehen kann, wo sich das Rad befindet. Im Falle eines Unfalls eine wertvolle Hilfe, zum Lokalisieren.

Das System funktioniert EU-weit – plus Island, Liechtenstein, Norwegen sowie Schweiz. Langfristig plant das Unternehmen, auch Märkte außerhalb Europas ins Visier zu nehmen, sobald dort der E-Bike-Markt Fahrt aufnimmt. Neben den gängigen Pedelec-Motoren gibt es bereits eine Version des Trackers für Motorräder. Die Anschaffungskosten liegen bei 199 Euro. Die App, die es für iOS und Android gibt, ist im ersten Jahr kostenlos, ab dem zweiten werden monatlich 3,95 Euro verrechnet.

Künftig Einbau in den Rahmen

Langfristig will das Start-up mit Bike-Herstellern zusammenarbeiten, um den Tracker vorab im Rahmen zu installieren. Das ist derzeit noch nicht möglich, weil es dazu eines "unsichtbaren Fensters" bedürfe, um das GPS-Signal durch den Alu- oder Carbonrahmen zu senden. Mit dem Hersteller My Esel, der in Oberösterreich hochwertige Räder, auch E-Bikes, aus Holz baut – das STANDARD Tretlager berichtete bereits über die Firma – ist einer der ersten, der mit Pow-Unity kooperiert und die Tracker ab Werk in die Räder integriert. Der Vorteil der im Rahmen verbauten Tracker, so Sinnegger: "Um das Gerät zu entfernen, müsste der Rahmen zerstört werden, wodurch das Rad wertlos würde."

Sinnegger hofft, dass weitere Produzenten diesem Beispiel folgen. Zudem arbeitet sein Unternehmen permanent daran, die Einsatzmöglichkeiten des Trackers zu erweitern. Etwa um weitere Motorenhersteller, denn im Moment funkioniert Pow-Unity bei den großen, gängigen Motorenmarken wie Bosch, Brose, Shimano und Yamaha. Daneben gibt es bereits eine Version für Motorräder und einen Universal-Tracker für Technik Anwender, die das Gerät selbst verbauen wollen.

Doch schon jetzt ist für den Fall, dass Diebe versuchen sollten, den Tracker auszubauen, vorgesorgt. Wie genau, wird nicht verraten, um sich technisch weiterhin einen Vorsprung gegenüber den Langfingern zu bewahren. (Steffen Arora, 1.9.2020)