Anas Moadamani hat viel erreicht. "Ich bin zufrieden. Die Menschen in Deutschland respektieren mich", sagt der 23-jährige Syrer, der 2015 nach Deutschland kam. Einen großen Wunsch aber hätte er, und den könnte ihm Kanzlerin Angela Merkel erfüllen. "Ich würde sie so gerne persönlich kennenlernen", sagt Modamani. Denn: Merkel ist für ihn "eine Heldin – die beste Frau der Welt".
Sehr nahegekommen sind sich die beiden schon einmal: Im Sommer 2015 flüchtet Modamani aus dem syrischen Darayya, wo seine Familie gegen Assad kämpft. Er will nicht zur Armee eingezogen werden. Allein, ohne Eltern und Geschwister, vertraut er sich einem Schlepper an, wird über das Mittelmeer gebracht und gelangt zunächst nach Budapest. Weiter geht es nach Österreich, aber dort möchte Modamani nicht bleiben. "Österreich hat bei Flüchtlingen keinen guten Ruf", sagt er.
Das Selfie
Er reist nur mit dem Zug durch und landet in einem Flüchtlingsheim in Berlin. Vier Tage ist er dort, da fahren Limousinen vor. Sicherheitsleute werden postiert, eine Frau steigt aus. Modamani kennt sie nicht, spürt aber: Die ist wichtig.
Er macht Fotos und deutet, dass er gerne ein Selfie mit der Besucherin hätte. Merkel nickt ihm zu, und dann entsteht jenes Bild, das um die Welt geht. Ein Fotograf von Reuters hat die Szene festgehalten.
"Das Foto hat mein Leben verändert und mir viel geholfen", sagt Modamani heute. Wenn er berichtet, wie es ihm seither ergangen ist, hat man den Eindruck: Er hätte auch ohne das Foto seinen Weg gemacht.
Deutsch, Job, Studium
Modamani spricht fließend Deutsch, arbeitet in einem Supermarkt an der Kasse, um sich das Studium der Wirtschaftskommunikation zu finanzieren, und wohnt mit seiner Freundin – einer Studentin aus der Ukraine – in einer kleinen Wohnung.
"Nach dem Foto bekam ich viele Hilfsangebote, die Menschen waren sehr freundlich", sagt er. Er lernt Deutsch, ist neugierig, fragt viel. Sein Motto: Ich will weiterkommen. Es ist auch jene Zeit, in der sich viele Deutsche gern weltoffen zeigen und für Geflüchtete engagierten.
"Ich habe es geschafft"
Doch dann kippt die Stimmung vielerorts, und das bekommt auch Modamani zu spüren. Sein Selfie taucht in den sozialen Medien auf, mit dem Hinweis, die Kanzlerin lasse jeden Terroristen ins Land. Als er das sieht, zittert er vor Angst.
Doch er geht gerichtlich gegen Facebook vor. Zwar verliert er, die Fotos müssen nicht entfernt werden. Modamani ist dennoch zufrieden: "Ich konnte meine Geschichte erzählen und etwas richtigstellen."
Manche seiner Freunde leben immer noch im Flüchtlingsheim. Modamani hingegen sagt: "Ich habe es geschafft." Er hat Duldungsstatus und will bald die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen.
In Deutschland fühlt er sich wohl und sicher. Und ein Wunsch ist natürlich noch dringlicher als ein Treffen mit Merkel: nach fünf Jahren endlich die Familie wiederzusehen. (Birgit Baumann aus Berlin, 17.9.2020)