Wencke Hertzsch ist seit circa vier Jahren Mitarbeiterin der Stadtbaudirektion der Stadt Wien und dort in einer neu geschaffenen Stelle als Referentin für strategische Fragen der Partizipation und die Qualitätssicherung im Bereich Beteiligung zuständig. Zu ihren Aufgaben gehört es, strukturiert und strategisch den Austausch zwischen den Dienststellen aus unterschiedlichen Geschäftsfeldern zum Thema Partizipation zu unterstützen und die vielen Erfahrungen, die die verschiedenen Fachdienststellen bereits mit Beteiligung gemacht haben, zusammenzuführen.

Unter ihrer Leitung werden in einem bereichsübergreifenden Arbeitsprozess gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der Regierungsparteien sowie mit externer Expertise übergreifende Standards entwickelt sowie Ziele und Qualitätsansprüche für die gesamte Stadt im Bereich Partizipation formuliert und schrittweise implementiert.

Ziel der Stadt Wien war und ist es, die Qualitätsstandards auf allen Stufen der Partizipation – von Information zur Kooperation – weiterzuentwickeln und die Beteiligungskompetenz zu stärken. Zum ersten Mal ist Beteiligung nun an einer strategischen Stelle der Stadt Wien verankert.

Hertzsch trägt dazu bei, Rahmenbedingungen, Grundlagen und Spielregeln zu schaffen, damit das gemeinsame Stadtmachen möglich wird. Wichtig dafür war und ist ihre Expertise aus unterschiedlichen Stationen in mehr als 18 Berufsjahren, die vom "hands on" Quartiersmanagement in Berlin sowie in der Leitung des Stadtteilmanagements Seestadt Aspern bis zur Auseinandersetzung mit dem wissenschaftlichen Diskurs und der Ausbildung von jungen RaumplanerInnen zu sozialen und partizipativen Aspekten in der Planung in universitären Kontexten reicht. Ihr Blick "von außen" macht einerseits eine wesentliche Qualität ihres Wirkens "nach innen" aus, andererseits stellt die Tatsache, als Quereinsteigerin nicht im Magistrat sozialisiert worden zu sein, sie auch immer wieder vor Herausforderungen.

"Stammtisch+: Wir machen Stadt!" ist ein Vernetzungsformat für Stadtmachende aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft" – organisiert von Hertzsch, dem Urbanize-Festival und der MA 18.
Foto: MA 18/Fürthner

Vielfalt der Zugänge und Methoden – Vielfalt der Beteiligten

Oft sind Beteiligungsprozesse so gestaltet, dass sich nur diejenigen angesprochen fühlen, die artikulationsstark sind, genügend Zeit haben et cetera. Viele soziale Gruppen werden nicht explizit adressiert beziehungsweise nicht erreicht. Vor diesem Hintergrund ist es Hertzsch ein persönliches Anliegen, dass genau geschaut wird, wie – ganz im Sinne der Smart-City-Rahmenstrategie – unterschiedlichste und insbesondere auch "beteiligungsferne" Zielgruppen tatsächlich angesprochen und miteinbezogen werden können.

Dazu braucht es differenzierte Herangehensweisen und einen Mix aus verschiedenen Methoden beziehungsweise auch Formen von informeller Beteiligung. Da sind neben unterschiedlichen Sprachen, Bildern und weniger Textinformationen auch experimentelle Verfahren und Prozesse gefragt.

Der Reumannplatz – ein gelungenes Beispiel für niederschwellige Partizipation

Ein gelungenes Beispiel für niederschwellige und aufsuchende Partizipation, die auch "beteiligungsferne" Zielgruppen erreichen und miteinbeziehen konnte, stellt der Prozess zur Umgestaltung des Reumannplatzes dar. Die verschiedenen Angebote zur Beteiligung umfassten das Präsentsein im öffentlichen Raum und das aktive Zugehen auf die unterschiedlichen sozialen Gruppen vor Ort sowie den Dialog mit ihnen, aber auch den verstärkten Einsatz von Bildern und Icons zur besseren Veranschaulichung.

Eine Sozialraumanalyse im Vorfeld gab zusätzlich Aufschluss darüber, wer die eigentlichen Gruppen sind, die den Reumannplatz aufsuchen und welche Bedürfnisse sie an diesen Platz haben, sodass der Partizipationsprozess bestmöglich darauf abgestimmt werden konnte.

Wien in 15 Jahren – Kommunikation und Dialog auf allen Ebenen

Wichtig bei Partizipationsprozessen ist, immer und laufend zu kommunizieren, was mit einem Ergebnis passiert und wie es weitergeht. Probleme gibt es oft dort, wo diese Kommunikation nicht vorhanden ist oder abbricht. In 15 Jahren sollte es in Wien selbstverständlich geworden sein, dass viele unterschiedliche Akteurinnen und Akteure an einem Tisch sitzen und im Dialog gemeinsam Entscheidungen treffen. Diesen Dialog gilt es jetzt aufzubauen und zu etablieren. (Sonja Gruber, 3.9.2020)

Wencke Hertzsch ist Referentin für strategische Partizipation in der Stadtbaudirektion der Stadt Wien.

Foto: A. Chapalain