Stiftungsrat Thomas Zach (ÖVP) erinnert Hoffnungsträger für die Generalswahl 2021: "Die Geschäftsführung hat noch ein Viertel ihrer Funktionsperiode vor sich. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für Gedanken, wer gerne 2022 wo säße. Jetzt ist die Zeit der Arbeit."

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Bis Dezember arbeitet ORF-General Alexander Wrabetz eine Strategie für Österreichs größten und milliardenschweren Medienkonzern bis 2025 aus. Das Konzept soll auch die Linien für die nächste ORF-Führung vorzeichnen, die der Stiftungsrat 2021 bestellt. Montag legte Wrabetz den wichtigsten Räten seinen Stand vor. Der Fraktionsführer der bürgerlichen Mehrheit im Stiftungsrat, Thomas Zach, äußert dazu im STANDARD-Gespräch einige sehr grundlegende Vorstellungen.

Auch in einem gemeinsamen Newsroom für Fernsehen, Radio, Online, wie er gerade auf dem Küniglberg gebaut wird, brauche es Vielfalt, betont Zach: "Der Binnenpluralismus muss gestärkt werden. Dieser Binnenpluralismus ist eine zentrale Legitimation von öffentlich-rechtlichen Medien, er ist zugleich ein wesentlicher Faktor für ihre Relevanz und damit auch für die Reichweite des ORF. Wenn wir es mit vielfältigen Zugängen schaffen, möglichst viele unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen, bleiben wir relevant und können auch weiteres Publikum gewinnen, insbesondere junges Publikum. Das gehört zu unserem Auftrag. Der ORF muss für möglichst viele Menschen relevant sein."

Balance zwischen Newsdesk und Sendungsmarke

Wie kann man diesen Binnenpluralismus in einer großen, vereinigten Redaktion aller ORF-Medien erhalten? Zach verweist dazu auf die "eingeführten Sendungsmarken" des ORF von der "Zeit im Bild" über die Radio-"Journale" bis zur blauen Seite von orf.at. Sollen sie alle eigene Redaktionen behalten trotz Multimedia-Newsrooms? Der Unternehmensberater, langjährige ORF-Stiftungsrat und Vorsitzende von dessen Finanzausschuss: "Der ORF muss die richtige Balance schaffen zwischen Themen und journalistischer Arbeit, die zentral für mehrere Sendungen erledigt werden können." Das betreffe einen gemeinsamen Newsdesk für Meldungen und Grundrecherchen zu größeren Themen. Zugleich müssten die einzelnen Sendungs- und Medienformate aber "Kapazitäten haben, um diese Marken zu erhalten und zu stärken".

Sieht Zach in der laufenden Strategie-Entwicklung Anlässe, den Binnenpluralismus (erneut) so zu betonen? "In einer so wichtigen Frage, wie der ORF künftig seinen Informationsauftrag erfüllt, kann man diese Grundsätze gar nicht oft genug betonen."

Dazu verweist Zach auch auf Umfragen im Auftrag des ORF-Publikumsrats: Sie verlangten eine stärkere Trennung von Information und Kommentierung, Objektivität, Vielfalt in Themen und Meinungen, so fasst er Ergebnisse dieser Umfragen zusammen.

"Fundamentale Chance"

Der ORF erarbeite seine Strategie gerade an einem "entscheidenden Punkt, er ist an einem Wendepunkt": In den nächsten zwei Jahren werden die Redaktionen in einem gemeinsamen neuen Newsroom zusammenarbeiten. "Was wir jetzt tun, ist die Grundlage von Erfolg und Akzeptanz in den nächsten zehn Jahren", sagt Zach im Gespräch mit dem STANDARD. "Den ORF heute bestmöglich aufzustellen ist eine fundamentale Chance".

"Frühstart" und "Fehlstart" zu neuer ORF-Führung

Die von Wrabetz mit dem Stiftungsrat ausgearbeitete ORF-Strategie gibt auch Linien für die Bestellung der nächsten ORF-Führung vor. Wrabetz wirkt derzeit so, als würde er gerne noch einmal antreten. Damit er in die Verlängerung geht, müsste eine erste ÖVP-Mehrheit im Stiftungsrat seit vielen, vielen Jahren aber einen Sozialdemokraten bestellen.

Fraktionssprecher Zach will darüber noch nicht sprechen: Natürlich sei die Unternehmensstrategie eine wesentliche Grundlage für eine künftige Geschäftsführung. Doch die Notwendigkeiten des Unternehmens und das Wesentliche aus der Sicht seines Publikums "hängt nicht an einer Person", sagt er. "Wenn sich Kandidatinnen oder Kandidaten mit guten, neuen Ideen bewerben, dann wird kein Aufsichtsrat der Welt sagen: Wir brauchen keine guten Ideen, die haben wir schon alle gehabt. In einer so dynamischen Situation brauchen wir hohe Flexibilität im gescheiter Werden.

Über die Bestellung des nächsten ORF-Chefs und seiner Direktorinnen und Direktoren will Zach sich noch nicht äußern, im Gegenteil: "Es gibt den Fehlstart, und es gibt den Frühstart, und das beziehe ich nicht auf eine Funktion, sondern auf alle Funktionen. Wir haben jetzt einen Strategieprozess, eine schwierige Phase der Budgeterstellung, wir haben die Pandemie noch nicht bewältigt, die auch den ORF noch vor weitere Herausforderungen stellen wird. Wer in dieser Phase einen Wahlkampf beginnt für ein Amt, das in einem Jahr zur Bestellung ansteht, der legt keinen Frühstart hin, sondern einen Fehlstart." Zach würde davon "zur Wahrnehmung von Erfolgschancen eher abraten".

Denn: "Die Geschäftsführung hat noch ein Viertel ihrer Funktionsperiode vor sich. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für Gedanken, wer gerne 2022 wo säße. Jetzt ist die Zeit der Arbeit." (fid, 1.9.2020)