Um Favoriten und die dortigen Krawalle werde es gehen, hieß es vor dem Pressetermin, den das Innenministerium kurzfristig für Dienstag anberaumte, und um Ermittlungserfolge rundherum. Die Ausschreitungen im Zehnten waren heftig, das Medieninteresse entsprechend groß.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP).
Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Schnell aber war klar: So ganz um Favoriten geht es nicht, sondern um eine mutmaßliche Spionin, die im Auftrag des türkischen Geheimdienstes in Österreich als Spitzel gearbeitet haben soll. Wann die Person gestanden oder wo man sie angetroffen hatte, wollten die Anwesenden nicht sagen, argumentiert wurde mit der Brisanz des Falles. Nur so viel: Die Türkei dürfe nicht länger Einfluss in Österreich nehmen, das war die Quintessenz der Aussagen.

Dem ist zuzustimmen. Dass ein Regime, in dem Menschenrechte wenig zählen, die Meinungsfreiheit von Menschen, die in Österreich leben, angreift, darf nicht toleriert werden.

Doch: Dass dieser Fall genau jetzt vor die Medienöffentlichkeit gezerrt wird, ist mehr als das. Durch die Verknüpfung mit den Vorfällen in Favoriten ist es ein erneuter Seitenhieb auf die Integrationspolitik der Stadt Wien, die – wie ÖVP-Ministerinnen und -Minister nicht müde werden zu betonen – gescheitert sein soll.

Damit ist die Causa der mutmaßlichen Spionin vor allem eines: billige Wahlkampftaktik. Und auch das sollte nicht toleriert werden – dazu ist die Sache tatsächlich zu brisant. (Gabriele Scherndl, 1.9.2020)