Nava Ebrahimi (links im Bild) trägt ein Hemd von Wendy & Jim, dazu eine Bluse und eine Hose von Chanel, Boots von Hermès. Marie Gamillscheg in einem Outfit von Louis Vuitton.

Foto: Stefanie Moshammer

"Solche Stücke sind was für speziellere Launen" – Nava Ebrahimi

Nava Ebrahimi (42) lebt als Schriftstellerin in Graz. Jüngste Veröffentlichung: "Das Paradies meines Nachbarn". Sie trägt eine Kombination von Prada.
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STANDARD: Wie würden Sie Ihren eigenen Modestil beschreiben?

Ebrahimi: Für mich gilt: Weniger ist mehr. Einen klaren Stil aber vermeide ich. Meine Outfits sind eher von der Tagesform abhängig. Was mir wichtig ist: Stilbrüche, ich kombiniere etwa gern einen Collegepullover mit einem Kleid und bin auf ungewöhnliche Farbkombinationen und fließende Stoffe fixiert. Dazu trage ich am liebsten klassische Kreolen.

STANDARD: Würden Sie Ihre Shooting-Outfits auch privat tragen?

Ebrahimi:Einzeln gefallen mir zum Beispiel der Fransenrock oder der Pullunder gut. In der Kombination sind sie mir für meinen Alltag in Graz zu auffällig. Solche Stücke sind eher was für speziellere Launen. Würde ich in Mailand leben, sähe die Sache vielleicht anders aus.

STANDARD: Wenn Sie die Kleidungsstücke einer weiblichen Romanfigur anziehen würden, was wäre das für eine Frau?

Ebrahimi: Frauen könnten sich aus unterschiedlichen Gründen so kleiden wollen. Mit diesen Outfits könnte sich eine Figur mehr Aufmerksamkeit verschaffen wollen. Ich könnte sie auch einfach einer exzentrischen Protagonistin anziehen. In jedem Fall muss sie sich diese Mode aber erst einmal leisten können.

STANDARD: Wer hat Ihr Verständnis von Mode beeinflusst?

Ebrahimi: Ganz sicher meine modeaffine Mutter. Sie hat in Bonn lange eine Edel-Secondhand-Boutique geführt. Ich habe ihr als Kind zugeschaut, wenn sie sich zum Ausgehen fertig gemacht hat. Generell war Mode allen Frauen in meiner Familie wichtig. Mit meiner Mutter gehe ich noch heute gern in Secondhand-Läden und freue mich diebisch, wenn ich ein schönes Stück finde.


"In Berlin habe ich gelernt, dass Mode Spaß macht" – Marie Gamillscheg

Marie Gamillscheg (28) lebt als Schriftstellerin in Berlin und Wien. Sie arbeitet an einer Theaterfassung ihres Buchs "Alles was glänzt", Luchterhand-Verlag. Sie trägt ein Kleid von Dries van Noten, eine Strumpfhose von Falke und Schuhe von Miu Miu.
Foto: Stefanie Moshammer

STANDARD: Sie arbeiten als Journalistin und Autorin: Ziehen sich Journalistinnen anders an als Schriftstellerinnen?

Gamillscheg: Wenn ich als Schriftstellerin unterwegs bin, trage ich eher Schwarz, als Journalistin meist Jeans, Sneakers und oben etwas Schickeres. Ob man das verallgemeinern kann? Ich weiß nicht.

STANDARD: Sie sitzen anders in einer Redaktion als in einer Lesung?

Gamillscheg: Manchmal muss man sich die Rolle anziehen. Als mein erstes Buch erschienen ist, hatte ich das Bedürfnis nach einer Uniform. Meist hatte ich eine schwarze weite Hose und ein dunkles Hemd an, alles ein bisschen schick und cool gleichzeitig. Das klingt nicht originell, hat mir aber geholfen, mich als Autorin zu fühlen. Bei Buch zwei wird’s etwas einfallsreicher – hoffe ich.

STANDARD: Würden Sie die Kleidungsstücke aus dem Shooting privat tragen?

Gamillscheg: Ich habe mich wohlgefühlt in den Sachen, wäre aber nie darauf gekommen, die Stücke so miteinander zu kombinieren. Privat hätte ich Angst vor weißen Cordhosen und Seidenkleidern, ich bin sehr tollpatschig.

STANDARD: Sie leben in Berlin. Hat die Stadt Ihren Modestil beeinflusst?

Gamillscheg: Ich habe von den Berlinern die Kurzarmhemden und die Bauchtaschen übernommen. Vor allem habe ich aber gelernt, dass Kleidung Spaß machen kann. Man fühlt sich frei, wenn man jeden Tag neu entscheidet, wer man ist. Das lebt einem Berlin vor.

STANDARD: Sie arbeiten an einer Theaterfassung Ihres Buches. Ist Ihnen wichtig, was Ihre Figuren auf der Bühne tragen?

Gamillscheg: Ich habe großes Vertrauen in die Kostümbildnerin. Auf der Bühne geht’s ja auch weniger um die Kleidung als um die gesamte Optik.

Marie Gamillscheg trägt ein Kleid von Dries van Noten, eine Strumpfhose von Falke und Schuhe von Miu Miu.


"Bin viel lieber hinter den Buchstaben" – Valerie Fritsch

Valerie Fritsch (31) lebt als Schriftstellerin in Graz. Ihre jüngste Veröffentlichung: "Herzklappen von Johnson & Johnson", Verlag Suhrkamp. Sie trägt eine Bluse von Wendy & Jim.
Foto: Stefanie Moshammer

STANDARD: Sie sind im Wiener Wurstelprater fotografiert worden. Was war besonders herausfordernd an dem Shooting?

Fritsch: In der Herbstkleidung bei stehender Hitze und in diesem an Zirkus erinnernden Outfit ausgestellt zu sein wie ein Zootier war fröhlich-skurril.

STANDARD: Sie sind ausgebildete Fotografin. Wie ist das, vor eine andere Kamera zu treten?

Fritsch: Eine echte Überwindung und Kontrollabgabe, ich bin viel lieber hinter der Kamera und den Buchstaben.

STANDARD: Für die Recherche zu Ihrem letzten Buch sind Sie 16.000 Kilometer mit dem Auto unterwegs gewesen. Beeinflusst das Reisen Ihren Modestil?

Fritsch: Ich habe über die Jahre Stücke aus aller Welt zusammengesammelt, kleine tragbare Schönheiten von überall, ein Schal aus Eritrea zum Beispiel und eine Kette aus Kasachstan.

STANDARD: Gibt es ein Kleidungsstück, auf das Sie nicht verzichten können?

Fritsch: Schwarze Mäntel und meine alten, wilden Lederstiefel, deren Löcher ich jedes Jahr neu reparieren lasse.

STANDARD: Welche Rolle spielt das Äußere der Figuren in Ihren Texten?

Fritsch: Es kann ein Ankerpunkt sein, und es kann konkret Nähe schaffen, wenn eine Figur diese Art Trainingsjacke oder jene Art Lederschuh trägt, die immer etwas über sie erzählt.


"Rollenbilder begleiten uns alle" – Marie Luise Lehner

Maire Luise Lehner (25) lebt als Schriftstellerin in Wien. Ihre jüngste Veröffentlichung: "Im Blick", Verlag Kremayr & Scheriau. Sie trägt einen Mantel von Bally.
Foto: Stefanie Moshammer

STANDARD: In Ihrem Buch "Im Blick" reflektieren Sie weibliche Rollenbilder, das Angeschautwerden als Frau. Warum beschäftigen Sie diese Themen?

Lehner: Ich glaube, dass es als Frau unmöglich ist, sich nicht mit dem Angeschautwerden zu beschäftigen. Rollenbilder begleiten Frauen wie Männer. Wenn wir ihnen entsprechen, werden wir von der Gesellschaft belohnt, wenn wir nicht in Schubladen zu stecken sind, werden wir bestraft. Zum Beispiel, indem wir nicht ernst genommen, als wütend oder geschmacklos wahrgenommen werden. Spiegeln sich diese zugewiesenen Rollenbilder nicht auch in dem Shooting wider? Warum werden keinen Männern Kleider angezogen?

STANDARD: Wollen Sie Ihre Leserschaft für die Allgegenwärtigkeit weiblicher Stereotype sensibilisieren?

Lehner: Mein Roman beschreibt das Erwachsenwerden zweier junger Menschen, er handelt von den vielen kleinen Erfahrungen, die die beiden von ihrer Kindheit an immer mehr zu den Frauen formen, die sie als Erwachsene sind. Da sind die Anforderungen, die an sie gestellt werden, die Schönheitsideale, denen sie versuchen zu entsprechen, sowie die sexuellen Übergriffe.

STANDARD: Was ging Ihnen durch den Kopf, als die Anfrage zu dem Modeshooting kam?

Lehner: Ich war unsicher, ob ich es machen möchte. Ich hatte Sorge, sexualisiert oder so dargestellt zu werden, dass ich mich nicht wohlfühle. Ich war mir unsicher, ob sich der Spagat, Autorinnen als Modelle für Kleider zu verwenden, ausgeht, und muss zugeben, dass ich nach wie vor unsicher bin. Wir werden hier ein bisschen von Subjekten zu Objekten gemacht. Von denen, die schauen zu denen, die angeschaut werden.


"Ich schreibe ähnlich wie ich mich anziehe" – Mercedes Spannagel

Mercedes Spannagel (24) lebt als Schriftstellerin in Wien. Am 10. 9. erscheint ihr erster Roman "Das Palais muss brennen", Kiepenheuer & Witsch. Sie trägt einen Pullover von Arthur Arbesser.
Foto: Stefanie Moshammer

STANDARD: Wie war das, sich in einem fremden Outfit fotografieren zu lassen?

Spannagel: Mir hat’s Spaß gemacht. Die Outfits waren gar nicht so weit weg von dem, was ich privat gerne mag – nur die froschgrünen Schuhe waren gewöhnungsbedürftig. Mich würde freuen, wenn man häufiger farbenfrohe Kombinationen wie das violette Kleid mit der orangefarbenen Strumpfhose und den grünen Schuhen auf der Straße sehen würde. Mit Farbe lässt sich in der Mode so viel experimentieren.

STANDARD: Wie würden Sie Ihren Kleidungsstil beschreiben?

Spannagel: Ganz und gar nicht bunt. Ich mag es clean, trage bevorzugt dunkelblaue und weiße Kleidungsstücke. Und etwas weiter geschnittene Hemden – in ihnen ist man immer angezogen, wirkt aber gleichzeitig locker.

Marie Luise Lehner (li.) in Mantel und Boots von Salvatore Ferragamo sowie einer Hose von Modus Vivendi. Der Ohrring ist von Arthur Arbesser. Mercedes Spannagel trägt ein Hemdkleid von Jana Wieland, eine Strumpfhose von Falke und Schuhe von Arthur Arbesser.
Foto: Stefanie Moshammer

STANDARD: Hat Ihre Kleidung etwas mit Ihrem Schreibstil gemein?

Spannagel: Ich schreibe sehr reduziert, ähnlich ziehe ich mich auch an.

STANDARD: Sie bringen Ihr erstes Buch heraus. Spielt das Äußere der Figuren in Ihrem Roman eine Rolle?

Spannagel: Das Äußere spielt kaum eine Rolle, Mode aber ist recht präsent. Ich habe einfach Spaß daran, über Dinge, die ich schön oder interessant finde, zu schreiben. In einer Szene hat eine weibliche Figur eine Kombination aus Sport-BH und Sporthose an, darüber trägt sie ein durchsichtiges Kleid aus Organza.

STANDARD: Gibt es so etwas wie eine typische Schriftstellerinnen-Uniform?

Spannagel: Ich kann mir vorstellen, dass im Literaturbetrieb gerne Schwarz und dunklere Farben getragen werden. Das wirkt intellektuell, man geht aber auch kein Wagnis ein.

(Fotos: Stefanie Moshammer, Styling: Johanna Bouvier, Interviews: Anne Feldkamp, RONDO, 4.9.2020)